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Luegen haben huebsche Beine

Luegen haben huebsche Beine

Titel: Luegen haben huebsche Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nell Dixon
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übergossen. Ich schoss hinter Charlie die Treppe hinunter, und wir schlichen durch die verrauchte Diele und die Haustür nach draußen. Wir konnten hören, wie hinten im Garten zeitgleich in Englisch und Spanisch geflucht wurde.
    Nachdem wir aus der Straße heraus waren, konnten wir langsamer laufen. Ich ließ aus einem der Vorgärten ein paar Dahlien mitgehen und stopfte sie in meine Einkaufstasche, sodass sie herausragten. Sie waren Teil meiner Maskerade, wenn wir erst mal am Friedhof ankamen. Zwei Straßen vor der Kirche trennte Charlie sich von mir, und ich lief allein weiter.
    Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich langsamen Schrittes von der Hauptstraße in die Kirchstraße einbog. Ich konzentrierte mich darauf, leicht zu humpeln und die Schultern nach vorn zu beugen, und selbstverständlich sprach ich beim Laufen auch mit mir selbst. Ich zog die gestohlenen Dahlien aus meiner Tasche. Wenn ich Glück hatte, sah ich für jeden, der mir zufällig entgegenkam, wie eine verrückte Alte aus, die auf dem Weg war, am späten Abend Blumen auf irgendein Grab zu legen.
    Ich hatte in meiner altjüngferlichen Einkaufstasche aber auch mein Handy, eine Flasche Haarspray und eine Elektroschockpistole. Charlie hatte die Elektroschockpistole etwa vor einem Jahr in einem Pub von einem Typen gekauft, weil sie geglaubt hatte, wir könnten in zwielichtige Geschäfte verwickelt werden. Ich war mir nicht sicher, ob ich in der Lage war, das Ding zu benutzen, doch fühlte ich mich sicherer, weil ich wusste, dass es da war. Das Haarspray war noch mal für zusätzliche Sicherheit.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich jemals in meinem Leben etwas noch Zwielichtigeres tun würde, als mich in der Nacht auf einem Kirchhof mit einem Mörder zu treffen. Ich bebte förmlich in meinen Oma-Schuhen und bahnte mir murmelnd und brummelnd in der bedrückenden Dunkelheit an den Gräbern vorbei meinen Weg zur Kirche.

19
    A us dem leicht verregneten Tag war ein dunstiger Septemberabend geworden. Genau die Art von Wetter, nach der man lechzte, wenn man die Absicht hatte, auf einem Kirchhof ein paar Stunden mit einem Mörder zu verbringen. Die Kirche selbst wurde vorn von gelben Bodenstrahlern angeleuchtet, wodurch sich Fassade und Kirchturmspitze klar vom wolkigen Nachthimmel abzeichneten. Die blau-weiß bemalte Figur von Unserer Lieben Frau blickte mich vorwurfsvoll von ihrem Standort unweit des Westflügels der Kirche an.
    Langsam lief ich den Gehweg entlang, umklammerte schleppenden Schrittes meine Dahlien und hielt verbissen Ausschau danach, ob sich irgendwo zwischen den Schatten etwas regte. Ich wusste nicht, wo genau auf dem Kirchhof Charlie sich mit Freddie treffen sollte. Bei unserem Glück sicher in der dunkelsten aller Ecken, wo das abgemähte Gras und die vertrockneten Blumen auf dem Komposthaufen lagen.
    Charlie und ich hatten die Telefone getauscht, damit Freddie sie anrufen und ihr seine Anweisungen geben konnte. Danach würde sie mir hoffentlich eine SMS schicken, damit ich erfuhr, wo genau sie war. Ich fragte mich, wie Kip mit den Konsequenzen seiner Rauch- und Funkenbombe fertiggeworden war. Die Leibwächter und die Polizei waren sicher in leichte Aufregung geraten, als sie feststellten, dass Charlie und ich nicht mehr da waren.
    Ich entschied mich für irgendein Grab am oberen Teil der Böschung, das aussah, als mangele es ihm an liebender Fürsorge, und begann, es in Ordnung zu bringen. Es lag so, dass es einerseits einen guten Ausblick über die meisten anderen Gräber bot, andererseits aber selbst hinter einem brüchigen, aufrecht stehenden Grabstein verborgen war. Wie sich herausstellte, gehörte das Grab einem gewissen James Donohue, der 1927 zur Welt gekommen und 1982 gestorben war und seither in den Armen des Herrn ruhte.
    Der arme Mister Donohue. Im Unterschied zu seinen Nachbarn sah es nicht so aus, als habe er Familie gehabt; auf dem Stein war weder von einer liebenden Ehegattin die Rede, noch waren die Namen von Kindern eingraviert. Ich füllte die kleine Grabvase mit frischem Wasser aus dem Brunnen am Ende des Gehwegs und hockte mich hin, um die gestohlenen Dahlien hineinzustecken. Die Kirche selbst stand nur wenige Grabreihen von mir entfernt auf einem kleinen Hügel. Der Rest des Friedhofs erstreckte sich abwärts Richtung Straße und Parkplatz.
    Mir fiel auf, dass sich in der tiefschwarzen Dunkelheit am äußersten Ende der Grabreihe etwas regte. Vorsichtig schlurfte ich vor, damit mich nicht sah, wer immer

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