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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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Nachmittag mit, ähm …, Paul verabredet. Wenn euch die Zeit nicht reicht, kannst du sie gleich wieder mitnehmen.«
    Mit schmeichelnder Stimme lässt sie sich darauf ein, wirft mir einen Handkuss zu und stöckelt mit wackelnden Hüften die Treppe hinunter.
    Nanni kaut meinen Honigtoast und Hanni wirft zusammengeknülltes Zeitungspapier vom Balkon.
    »Lass das, Hanni!«, sage ich streng. »Sonst kommt die Polizei!«
    Die Polizei ist in der Tat ein Freund und Helfer, denn Hanni gehorcht.
    »Was spielen wir dann?« Hanni sieht mich erwartungsvoll an.
    »Wenn ihr wollt, könnt ihr den Fernseher einschalten.«
    »Wir dürfen tagsüber kein Fernsehen gucken«, meint Nanni altklug.
    »Ihr müsst es Mama ja nicht sagen.«
    »Wir dürfen nicht lügen!«
    Ich räuspere mich verlegen. »Hm, wollt ihr im Hausflur fangen spielen?«, schlage ich vor.
    »Wir dürfen nur draußen fangen spielen«.
    »Okay«, sage ich. »Dann halt unten, auf dem Bürgersteig.«
    »Wir dürfen nicht an der Straße spielen.«
    Entnervt gebe ich mich geschlagen. »Nun gut, wir werden bestimmt hier in der Nähe einen Spielplatz finden. Ich schmiere uns rasch einige Honigbrote und dann geht’s los.«
    Als hätte ich es geahnt, meldet sich Nanni zu Wort.
    »Wir dürfen draußen keine Honigbrote essen. Dann kommen Wespen.«
    Boah! »Dürft ihr Wurst?«, äffe ich Nanni nach. Beide nicken gleichzeitig. Da meine Mutter der Meinung ist, dass Kinder unempfindlicher seien, als man denkt, habe ich keine Bedenken, die Wurst aus dem Mülleimer zu recyceln. Sie lag noch nicht lange drin. Dennoch spüle ich sie vorsichtshalber kurz unter fließendem Wasser ab. Ich habe früher mal einen sandigen Regenwurm gegessen und lebe schließlich auch noch. Hanni lugt um die Ecke. Ich warte kurz auf ein »Wir dürfen keine Wurst aus dem Mülleimer essen.« Einundzwanzig, zweiundzwanzig. Erleichtert stelle ich fest, dass Hanni die Klappe hält. Sie hat es wohl nicht mitbekommen. Ich belege die Brote, nehme genügend Cola-Dosen aus dem Regal und verstaue alles in einen Rucksack. Bestens ausgerüstet machen wir uns auf den Weg.
    Während wir nach einem Spielplatz Ausschau halten, fängt Conny an, mir echt leid zu tun. Die Kinder bewegen sich schwerfällig, ich habe das Gefühl, sie regelrecht hinter mir her ziehen zu müssen. Nach circa fünfzehn Minuten Fußmarsch sehe ich dankbar ein großes Stück Grünfläche mit Sandkasten, Wippe, Rutsche und einer großen Schaukel. Der kleine Parkplatz ist voll besetzt. Der Spielplatz scheint beliebt zu sein, es tummeln sich viele Kinder, die Schattenbänke sind von Aufpassern jeglicher Art besetzt. Mütter, Väter, Großeltern oder Tanten wie ich. Hanni und Nanni sind wie ausgewechselt. Sie belagern prompt, gar nicht mehr träge, die Spielgeräte. Ich breite mich auf der letzten freien Bank so aus, dass sich niemand zu mir setzen kann. Ich räume den Rucksack aus und verteile Cola-Dosen, Brote und Papiertaschentücher als Platzhalter. Verärgert stelle ich fest, dass ich die falsche Geldbörse eingesteckt habe. Die, in der gähnende Leere herrscht, außer einer Kopie von Rogers Ausweis, Arztausweis und den Zulassungspapieren von dem ›zelklatzen‹ Audi. Egal, eigentlich haben wir ja alles Überlebenswichtige dabei. Zurückgelehnt verschränke ich die Arme vor der Brust und schließe entspannt die Augen. Eigentlich müsste ich Conny dankbar sein, bis jetzt musste ich nicht einmal an den gestrigen Tag denken. Und Mitleid habe ich mit meiner Schwester nun überhaupt nicht mehr. Das soll ein anstrengender Tag mit Kindern sein? Dass ich nicht lache! Ab und an blinzele ich, um die Zwillinge wenigstens ein klein wenig im Auge zu behalten.
    »Guck mal, Karooo, was ich gefunden haaabe! Damit kann man kratzen …«, höre ich entweder Hanni oder Nanni aus der Ferne rufen.
    »Hm … schön!«, rufe ich zurück, ohne die Augen zu öffnen.
    »Dürfen wir kratzen?«
    »Ihr dürft alles, außer weglaufen und Sand essen.«
    Ich halte die Augen auch geschlossen, als sich nach einer Weile zischend Cola-Dosen wie von Geisterhand neben mir öffnen, und höre belustigt dem Dialog der Zwillinge zu.
    »Eigentlich dürfen wir ja keine Cola«, sagt Nanni und Hanni flüstert verschwörerisch: »Wir müssen es Mama ja nicht sagen.« Kurz darauf werden Rotznasen hochgezogen, Papier raschelt und schon ist wieder Ruhe. Die Welt um mich herum versinkt. So schnell sie auch versunken ist, taucht sie plötzlich wieder auf. Irgendein Riesentumult mit Kindergeheule

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