Lügen haben rote Haare
Basteldingsbums zufrieden ist.
Conny kümmert sich nicht um das Gezeter, sie konzentriert sich auf die Blutwurst, die leise in der Pfanne brutzelt.
Als Conny ihr Lieblingsthema Paul erneut anschneidet, sich schon wieder erkundigt, wann er endlich daheim wäre, komme ich ins Grübeln. Wieso reitet sie ständig darauf herum? Die Antwort liegt eigentlich klar auf der Hand, sie glaubt mir nicht. Bin ich so durchschaubar? Es stimmt ja, dass ich keinen Freund habe. Aber warum zweifelte Roger daran, warum zweifelt Conny?
Ich muss grinsend an Rogers Gesicht denken, es wäre für mich eine enorme Genugtuung, wenn Conny ebenfalls so dämlich aus der Wäsche gucken würde. In meinem Kopf spinnt eine Spinne böse klebrige Fäden. Sollte sie jetzt sticheln, liefere ich das volle Programm. Und … sie stichelt.
»Also, Karo, es ist schon bedenklich, dass dein Paul so lange an irgendwelchen Konferenzen teilnimmt. Ganz ehrlich, Karo, an deiner Stelle wäre ich etwas misstrauischer. Er wird doch wissen, wie lange eine Konferenz dauert. Die werden nicht einfach nach Lust und Laune verlängert. Es hört sich fast so an, als würde er dich an der Nase herumführen und dich von einen auf den anderen Tag vertrösten. Ich meine, so knackig und jung bist du auch nicht mehr.«
Der letzte Satz trifft mich hart, ich lasse mir nicht anmerken, wie sehr sie mich gekränkt hat.
»Ähm, gut, dass du Paul erwähnst, Conny. Er kommt morgen Nachmittag zurück.« Die Spinne in meinem Kopf hangelt sich von links nach rechts, dann von oben nach unten. Sie spinnt und spinnt fleißig ein Netz, in dem Conny kleben bleiben wird wie eine armselige Fliege. Eine schwangere, armselige Fliege.
Genauso wie der armselige Dr. Ich-operiere-Scheiße .
»Ihr fahrt doch morgen Nachmittag in die Heide, nicht wahr? Wie wäre es, wenn ihr vorher einen kurzen Stopp an der Störtebekerwiese 1 machen würdet. Da lebt Paul nämlich. Ein kleiner Imbiss, ein erstes kurzes Kennenlernen, das wäre doch die Gelegenheit!«
In Connys Hirn arbeitet es kurz, sie ist verunsichert. Hastig schiebt sie eine Scheibe Blutwurst in den Mund.
»Ja, das ist eine gute Idee«, findet sie schmatzend.
Fröhlich schlage ich vor, dass sie den Rest der van Goch Familie informieren soll, Paul und ich würden uns wahnsinnig auf morgen Nachmittag freuen.
»Sagen wir … gegen 17 Uhr?«
Conny kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gespannt ich bin, deinen Paul kennenzulernen.«
Ha, die wird Augen machen.
Auf dem Nachhauseweg bereue ich erst meine Spontaneität, dann sondiere ich. Also, Geigenpaul liegt vollkommen verschnoddert in England in einem Hotelzimmerbett. Er fiebert hoch, von dieser Stelle droht also überhaupt keine Gefahr. Die Piefke hütet ebenfalls das Bett. Das Haus ist mit einigen meiner Klamotten präpariert. Meine Spuren könnte ich morgen verwischen, nachdem meine Familie Richtung Lüneburger Heide juckeln würde. Es weiß niemand, dass ich in der Villa war, wer sollte also meine Pläne durchkreuzen? Selbst Bruni hat keinen Schimmer von meinen Taten. Die Teufelchen springen lustig auf meinen Schultern hin und her. Sie flüstern gebetsmühlenartig in meine Ohren: Niemand erfährt davon!
In Brunis Wohnung qualmt es wieder wie vor dem Wigwam des Apachen-Häuptlings Cochise. Allerdings haben Simone, Willi und ich darauf bestanden, dass die Fenster in Kippstellung geöffnet bleiben. Simone spricht langsam mit, während sie schreibt.
»Ich sage: Hallo Frau Assmann, mein Name tut nichts zur Sache , ich habe schöne Neuigkeiten für Sie .«
Ich stöhne auf. »Nicht schöne Neuigkeiten. Einfach: Neuigkeiten .«
»Okay, ich habe einfach Neuigkeiten .«
Wütend reiße ich ihr den Block aus der Hand. »Gib her, ich schreib dir den Text vor.«
Ich spreche ebenfalls laut mit, während der Kugelschreiber über das linierte DIN-A5-Blatt saust.
Hallo Frau Assmann, mein Name tut nichts zur Sache, ich habe Neuigkeiten für Sie. Es geht um den Beweis, dass Paul Geiger homosexuell ist. Diesen Beweis möchte ich Ihnen im Auftrag eines Firmenmitgliedes von Jummy-Gum überreichen. Der- oder diejenige, der/die das Foto gefunden hat, möchte namentlich nicht genannt werden. Ich komme sozusagen als Kontaktperson zu Ihnen, bringe Ihnen die Ware, Sie händigen mir das Geld aus. Einzige Bedingung: Nachdem Sie sich von der Richtigkeit überzeugt haben, wird das Material vor unser beider Augen vernichtet. Da Sie eines der angesehensten
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