Lügen haben rote Haare
schwarze ›Käthe-Frisur‹ findet. Simone flüstert mir zu, dass sie denkt, Machungwa könne mit einem Biss eine Kokosnuss knacken, was meine Lachmuskeln bedenklich zucken lässt. Machungwa fordert uns auf, ebenfalls einige Dehnübungen zu machen, da Arm-, Bein- und Rückenmuskulatur beim Bowlen stark beansprucht würden. Heiner zeigt seine muskulösen Arme und grinst den Medizinmann an.
»Hier muss nix mehr trainiert werden. Wenn du, wie ich, den ganzen Tag einen Pinsel schwingen würdest, könntest du jetzt entspannt einen Kaffee trinken.«
Das war so eindeutig zweideutig, dass wir uns alle köstlich amüsieren.
Willi kreist im Hochgeschwindigkeitstempo mit den Armen, Bruni lediglich mit dem Kopf.
»Also, Leute, ich bin durchtrainiert vom Scheitel bis zur Sohle, ich steck das locker weg.«
Heiner umfasst sie zärtlich von hinten. »Stimmt. Ich kann durchaus bestätigen, dass Bruni sehr durchtrainiert ist.«
Simone kichert. »Die kann bestimmt auch gut Kasamutra.« Dann streckt sie konzentriert die Zunge heraus und legt, genau wie Machungwa, ein Bein auf die Sitzgruppe; dabei beugt sie sich weit nach vorne, sodass sie vor Schmerzen stöhnt.
Bruni rollt mit den Augen; sie keift ihre Cousine barsch an. »Boah, Simone, das heißt Kamasutra , und hör bitte mit den Turnübungen auf. Oder hast du schon mal einen Leuchtturm mit Muskeln gesehen?«
Simone keift mutig zurück. »Ne, hab’ ich nicht. Bevor du mich wieder schikanierst, geh mal lieber deine schlechte Laune auskacken.«
Nach diesem Spruch brauche ich garantiert kein Warm-Up mehr, denn ich krümme mich so vor Lachen, dass all meine Körpermuskeln ad hoc gedehnt sind.
Heiner übernimmt die erste Getränkerunde; ich bleibe bei Wasser. Wenn ich schon mal sportlich aktiv bin, dann möchte ich auch am nächsten Tag einen Erfolg auf der Waage verbuchen können.
Bruni lost aus, wer beginnt, und bestimmt, dass Simone den Anfang macht. Umständlich legt sie ihre Finger in die Bohrungen der massiven Kugel. Bevor sie Anlauf nimmt, hält sie inne.
»Und was ist, wenn ich die Finger nicht rechtzeitig aus den Löchern herausbekomme?«
Willi lacht, Bruni antwortet.
»Dann schlidderst du mit über die geölte Bahn … immer schön der Kugel hinterher … und erzielst einen perfekten Strike. Mach dir also keine Sorgen, du kannst nur gewinnen, Cousinchen.«
Schon beim ersten Versuch übertritt Simone die Foul-Linie. Willi schlägt sich vor die Stirn und stöhnt laut auf. Neun Pins fallen, der Wurf wird jedoch nicht gewertet. Simone behauptet, dass sie die schwarze Linie im Leben nicht übertreten habe und zweifelt die korrekte Reaktion der Lichtschranke lautstark an. Beim zweiten Versuch übertritt sie erneut die Linie; Willi streichelt tröstend ihren Arm.
Jetzt bin ich an der Reihe und wähle eine leuchtend gelbe Bowlingkugel, die ich, ihre Rundheit prüfend, betatsche. Nach zwei Würfen gebe ich Simone recht. Mit der Lichtschranke an der Foul-Linie scheint tatsächlich etwas faul zu sein. Machungwa nimmt mich freundschaftlich in seine Arme und wiegt mich sanft hin und her. Ich gestehe mir ein, mich selten so geborgen gefühlt zu haben wie in diesem Augenblick. Brunis entsetzte Blicke ignorierend, kuschele ich mich noch dichter an den muskulösen Körper. Brunis Augen sind jetzt so groß, dass sie fast aus den Augenhöhlen treten. Irgendetwas scheint ihr förmlich die Sprache verschlagen zu haben. Als ich mich aus der Umarmung löse und langsam umdrehe, erkenne ich, was. Dicht, sehr dicht steht Geigenpaul wie er leibt und lebt vor mir. Sein Mund lächelt mich an, doch der Zorn in seinen Augen ist nicht zu übersehen. Das scheint auch Machungwa nicht zu entgehen, der nicht die geringste Vermutung hat, wer dieser Mann ist. Schützend legt er seinen Arm um meine Schultern. Hinter ihm stehen Bert, drei Duplikate von Lang Lang, dem chinesischen Pianisten, und der Herr Dröpjes. Bert und die Chinesen nicken uns kurz zu, dann verschwinden sie in den hinteren Teil der riesigen Bowling-Anlage. Dröpjes bleibt neugierig stehen. Er wippt auf seinen Zehenspitzen auf und ab, sein Blick wandert abschätzend zwischen Machungwa und mir hin und her.
Das wird morgen für Zündstoff in der Firma sorgen.
Simone, die Paul von Fotos aus der Villa kennt, schnappt ihre Handtasche und verschwindet mit den Worten »Muss mal«. Bruni betrachtet so intensiv die Decke der Bowlinghalle, als hätte sie dort eine kleine Spinne entdeckt. Heiner und Willi wissen ebenfalls von Fotos, dass
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