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Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Ponsonby
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Wort „Französling“, schrieb Mr. Hobson, „bezeichnet nicht einen kleinen, französischen Knaben, sondern wird ausschließlich zur Bezeichnung franzosenfreundlicher, deutscher Untertanen gebraucht. Im Elsaß und in Lothringen bestehen Vereine dieser Französlinge, die die französischen Farben tragen. Es sind dies keine Knaben, sondern erwachsene Männer.“
    „Ein ständiger Leser“ schrieb hierauf in den Times vom 6. Oktober:
     
    Sie veröffentlichen auf Seite 6 ihrer heutigen Morgenausgabe einen Brief eines Herrn J. A. Hobson, in dem angedeutet wird, daß das junge Opfer von deutschen, schießenden Soldaten in den Vogesen, dessen Schicksal in einem letzte Woche abgedruckten Brief eines deutschen Soldaten geschildert wurde, ein „erwachsener Mann“ und nicht ein „Knabe“ gewesen sein dürfte. Wenigstens sagt Herr Hobson, daß „den Vereinen dieser Französlinge, die die französischen Farben tragen, keine Knaben, sondern nur erwachsene Männer angehören“. Aber er hat augenscheinlich das Original des Briefes, in dem das Opfer ein armer, junger Kerl und ein junger Verräter genannt wird, nicht gesehen. Außerdem ist es klar, daß, wenn es ein erwachsener Mann vom militärischen Alter gewesen wäre, er seinen Militärdienst ausgeübt und sich nicht auf den Straßen umhergetrieben hätte.
     
    Dieser Brief muß vom Pressebüro gestammt haben, da im ursprünglichen Bericht der Times nichts davon erwähnt war, daß er dem Briefe eines deutschen Soldaten entnommen und auch der deutsche Wortlaut nicht angeführt war. „Der ständige Leser“ hatte ihn offen-sichtlich anderswo gelesen.
    Mr. J. A. Hobson schrieb am 8. Oktober 1914 in den Times :
     
    In Erwiderung auf die Ausführungen des „ständigen Lesers“ möchte ich darauf hinweisen, daß ich mit meinem Schreiben an die Times über den Vorfall des „Französlings“ darlegen wollte, daß mit dem Worte „ein franzosenfreundlicher Deutscher“ und nicht, wie das Pressebüro es überseht hat, „ein kleiner französischer Junge“ gemeint ist. Daß es „ein junger Kerl“ war, wird nicht bestritten, aber das berechtigt nicht dazu, ihn einen „Pfadfinder“ zu nennen.
     
    Es scheint nicht darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, daß es im deutschen Elsaß keinen Verein von Pfadfindern gegeben haben kann, die éclaireurs genannt wurden und trikolore Bänder trugen.
     
    Das Pressebüro teilt uns mit, daß bei den deutschen Truppen ein amtliches Schreiben die Runde machte, in dem über die Erschießung eines französischen Knaben, der sich weigerte, dem Feinde den Standort der französischen Streitkräfte zu verraten, frohlockt wurde.
    „Daily Expreß”, Oktober 1914.
     
    Die Pressebürogeschichte mit der Aufschrift „Ein kleiner französischer Held“ erschien in derselben Ausgabe. Der ganze Zweck des Pressebüros war, die öffentliche Meinung gegen die Deutschen wegen der Erschießung eines Knaben aufzustacheln. Das Erschießen von Spionen wurde nicht verdammt, denn die Times berichteten selbst ebenfalls aus den Vogesen, daß
     
    deutsche Spione, die auf frischer Tat ertappt worden waren, standrechtlich erschossen wurden. Unter anderen waren ein Major und der Postmeister von Thann unter den Erschossenen.
     
    Jene, die den Fall im Inhaltsverzeichnis der Times nachblättern. werden vor einem neuen Rätsel stehen, wenn sie ihn unter der Überschrift „Die Erschießung des Franz Ösling“ finden.

 
    15
    Die Markensammlung des kleinen Alfred
     
    Als ein Geistlicher im Jahre 1918 einmal in einem Restaurant speiste, erzählte ihm ein Fremder, daß der Sohn eines Freundes von ihm in einem Lager in Deutschland interniert sei. Vor kurzem habe er einen Brief geschickt, in dem geschrieben stand: „Die Marke aus diesem Briefe ist eine seltene; nehmt sie für die Markensammlung des kleinen Alfred herunter.“ Obgleich niemand in der Familie Alfred hieß und auch niemand Marken sammelte, so tat man doch wie geheißen. Unter der Marke fand man die Worte: „Man hat mir die Zunge ausgerissen; ich konnte dies im Briefe nicht erwähnen.“ Der Geistliche sagte zu dem Manne, daß die Geschichte albern sei und daß er sich schämen solle, sie nachzuerzählen, da doch jedermann wisse, daß auf den Briefen der Gefangenen keine Marken sind. Und wenn sein Freund bewerkstelligt hätte, auf seinen Brief eine Marke zu kleben, so hätte er gerade dadurch aus das, was er zu verheimlichen suchte, aufmerksam gemacht. Aber der Fremde wollte sich, wahrscheinlich aus

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