Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Ponsonby
Vom Netzwerk:
den Vorfall nun als erledigt betrachtet und daß wahrscheinlich keine weiteren Erhebungen statthaben werden.
    General Charteris reiste dann im Laufe desselben Tages nach Schottland, und bei seiner Ankunft in Glasgow gab er folgende Erklärung ab.
    „Ich war bei meiner Ankunft in Schottland überrascht, daß, trotz meines durch die Agentur Reuter in Neuyork erlassenen Widerrufes für den ganz falschen Bericht meiner Äußerungen bei einem privaten Essen in Neuyork noch öffentliches Interesse besteht. Ich fühle mich daher genötigt, die mir zugeschriebenen Ausführungen kategorisch in Abrede zu stellen. Gewisse Vermutungen und Spekulationen bezüglich des Ursprunges der Kadaver geschichte, die schon in These Eventful Years (British Encyclopaedia Preß) und anderswo veröffentlicht wurden und die ich wiederholte, sind, zweifellos unabsichtlich, aber trotzdem unglücklicherweise, als bestimmte Tatsachenerklärungen hingestellt und mir zugeschrieben worden.
    „Um allen Zweifeln ein Ende zu machen, erkläre ich hiermit, daß ich weder die Kadaver geschichte erfunden, noch Teile von irgendwelchen Photographien verstellt, noch irgendwelches gefälschte Material zu Propagandazwecken benutzt habe. Die Behauptungen, daß ich das tat, sind nicht nur falsch, sondern auch albern, da das G.H.Q. in Frankreich, wo ich an der Spitze der Nachrichtenabteilung stand, mit der Propaganda nichts zu tun hatte. Es würde mich ebensosehr wie die Allgemeinheit interessieren, den wahren Ursprung der Kadaver geschichte zu erfahren. Das G.H.Q. in Frankreich kam nur in Frage, als ihm ein gefälschtes Tagebuch, das die Kadaver geschichte bekräftigte, vorgelegt wurde. Sobald entdeckt wurde, daß das Tagebuch gefälscht war, wurde es zurückgewiesen.
    „Ich habe heute morgen den Minister gesehen und ihm alle Umstände auseinandergesetzt, und er hat mich ermächtigt zu sagen, daß er völlig zufriedengestellt ist.“
    ,,Times“, 4. November 1925.
     
    Oberstleutnant Kenworthy fragte den Kriegsminister, ob er, in Anbetracht der Erregung, die das Wiederauftauchen der Gerüchte über die sogenannte Leichenverwertungsstelle hinter den deutschen Linien im letzten Kriege in Deutschland hervorgerufen hat, über die Quelle des ursprünglichen Gerüchtes Auskunft geben und sagen könne, in welchem Maße ihm von dem damaligen Kriegsministerium Glauben geschenkt wurden
    Sir L. Worthington-Evans: Ich glaube nicht, daß nach Ablauf so vieler Jahre die Quelle des Gerüchtes mit Sicherheit festgestellt werden kann. Die Meldung, daß die Deutschen eine Fabrik zur Verwertung von Leichnamen errichtet hätten, erschien zum ersten Male am 10. April 1917 in dem in Berlin herausgegebenen Lokalanzeiger und in l’Indépendance Belge und in La Belgique , zwei belgischen Zeitungen, die in Frankreich und Holland erscheinen. Die Ausführungen wurden in der hiesigen Presse nachgedruckt, mit der Bemerkung, daß dies das erste deutsche Geständnis hinsichtlich der Art, wie die Deutschen ihre Leichen verwerten, sei.
    Am 30. April 1917 wurden im Unterhause Fragen gestellt, und der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt erwiderte namens der Regierung, daß er keine Mitteilung habe, außer jener, die in dem Auszuge aus der deutschen Presse enthalten war. Kurz nachher jedoch wurde ein deutscher Armeebefehl, der betreffs Ablieferung von Leichen an die im Lokalanzeiger beschriebenen Stellen Anweisungen erteilte, in Frankreich aufgefangen und dem Kriegsministerium übermittelt, das nach sorgfältiger Prüfung dessen Veröffentlichung gestattete.
    Der Wortlaut dieses Befehles war derart, daß er, im Zusammenhange mit den im Lokalanzeiger und in den zwei belgischen Zeitungen enthaltenen Artikeln, dem Kriegsministerium einen bestärkenden Beweis für die Wahrheit der Geschichte zu bieten schien. Beweise dafür, daß das Wort Kadaver auch für menschliche Leichname und nicht nur für Tierleichen gebraucht wird, lieferten deutsche Wörterbücher sowie anatomische und andere Werke, und die deutsche Versicherung, daß die Geschichte mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Wortes erledigt sei, ließ man nicht gelten. Es scheint, daß das Kriegsministerium, angesichts der damals vorliegenden Mitteilung, keinen Grund ersah, die Wahrheit der Geschichte zu bezweifeln.
    Oberstleutnant Kenworthy: Ich bin dem sehr ehrenwerten Herrn für seine ausführliche Antwort sehr verbunden. Hält er es jetzt nicht für wünschenswert, daß das Kriegsministerium die Geschichte endgültig widerruft und

Weitere Kostenlose Bücher