Lügen in Kriegszeiten
Krankenschwestern in Nonnentracht dar, wie sie Verwundete aus dem Schlachtfelde erstechen.
Ein Bild, keine Photographie, das große Verbreitung hatte, hieß Chemin de la Gloire (Der Pfad des Ruhmes) in der Serie von Choses Vues (Gesehene Dinge).
Im Hintergrunde steht eine Kathedrale in Flammen, ein langer Weg ist mit Flaschen bestreut, und im Vordergrunde liegt der Leichnam eines kleinen Knaben, der mit Bajonetten aus die Erde gespießt ist.
Aber wenn man Bilder und Karikaturen beschreiben wollte, so wäre dem kein Ende. Ohne Zweifel übten die Karikaturisten in allen Ländern einen großen Einfluß aus, besonders Raemakers und Punch . Die armen neutralen Länder wurden von beiden Seiten damit bombardiert.
Eine bemerkenswerte Serie von Photographien wurde von Mr. F. I. Mortimer, Mitglied der Royal Geographic Society, angenommen und im Jahre 1912 veröffentlicht. Sie erschienen in vielen illustrierten Zeitschriften. Unter ihnen war eine Photographie vom Untergang der Arden Craig bei den Scilly-Inseln im Januar 1911. Am 31. März 1917 widmete eine volkstümliche illustrierte Wochenschrift den „Kamerazeugnissen von preußischer Piraterie“ eine ganze Seite, und diese besondere Photographie befand sich in einer Reihenfolge von Bildern, die zeigen sollte, wie „eine Barke (Windjammer) an der englischen Küste von U-Bootpiraten, die verbrecherischerweise keinen Unterschied machen, torpediert wurde“.
Mr. Mortimers Photographien von britischen Schiffen wurden auch in Deutschland unter der Überschrift „Szenen von der deutschen Marine“ nachgebildet.
Am 28. September 1916 brachte die Daily Sketch eine Photographie von einer Menge von deutschen Gefangenen, und darunter stand geschrieben: „Es kommen immer noch welche! In den letzten achtundvierzig Stunden sind zwischen drei- und viertausend Gefangene gemacht worden“. (Amtlich.)
Am 10. Oktober 1918 erschien im Daily Mirror genau dieselbe Photographie, unter der zu lesen war: „Nur ein ganz kleiner Teil der einzigartigen Sammlung der Alliierten von hunnischen Kriegsgefangenen der Saison 1918.“
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Die Fälschung amtlicher Schriftstücke
Presselügen und Privatlügen mögen in gewissen Fällen von großem Gewichte sein. Immerhin gibt es Teile des Volkes, die weniger leichtgläubig und daher mißtrauischer sind. Wenn aber gedruckte Dokumente mit einer amtlichen Imprimatur – in diesem Lande dem königlichen Wappen und der Überschrift „Aus Befehl Seiner Majestät dem Parlamente überreicht“, oder „Auf Verordnung des Unterhauses gedruckt“ – erscheinen, dann glaubt jedermann, daß in diesen Schriftstücken jedenfalls die volle Wahrheit, und nichts als die Wahrheit enthalten ist. Sie werden vielleicht nur von einer Minderheit studiert, aber diese Minderheit schreibt und liefert der Presse unbestreitbar authentische Nachrichten aus den „Befehlsschriftstücken“. Die Blaubücher, Gelbbücher, Weißbücher, Orangebücher usw. werden die Grundlagen aller Propaganda.
Es ist daher für jene, die patriotischerweise den Geschichten ihrer Regierung Glauben schenken, ein Schlag, wenn sie erfahren, daß es Fälle von suppressio veri in der Form von sorgsam und geflissentlich unterdrückten Stellen in veröffentlichten amtlichen Dokumenten in Hülle und Fülle gibt.
Diese Übung ist selbstverständlich nicht erst im Weltkriege in Brauch gekommen. Sie ist eine alte diplomatische Überlieferung, die in Fällen, wo die Verheimlichung der unbesonnenen Sprache seitens eines ausländischen Staatsmannes das Entflammen der öffentlichen Meinung zu verhindern vermag, begreiflicherweise gerechtfertigt werden kann, sich jedoch nicht mehr rechtfertigen läßt, wenn damit eine Verheimlichung oder Entstellung des Tatbestandes des Falles bezweckt werden soll.
Sir Edward Greys Rede am 3. August war eine sehr dürftige und unvollständige Aufzählung von Ereignissen, die er einem Hause gab, das jahrelang geflissentlich im Dunkeln gehalten worden war. Aber sie war zur Erzielung der gewünschten Wirkung gut abgefaßt. Unter den Auslassungen war der Vorschlag des deutschen Botschafters vom 1. August, in dem er zu verstehen gab, daß Deutschland bereit sei, nicht nur die belgische Neutralität, sondern auch die Integrität Frankreichs und seiner Kolonien zu gewährleisten, und ferner unterließ der Außenminister zu erwähnen, daß er bei dieser Unterredung sich ganz entschieden geweigert hatte, irgendwelche Bedingungen zu nennen, aus Grund derer die Neutralität
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