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Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Ponsonby
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wurde, bekundete er das zynische Vorhaben der deutschen Regierung, die vorgeschlagenen österreichischen Zwangsmaßnahmen gegen Serbien zur Entfachung eines Weltkrieges auszunützen. Der Vorfall führte zu einem Prozeß. Zwölf ausländische Sachverständige prüften das Schriftstück, und alle kamen zu der Schlußfolgerung, daß eine Fälschung vorliege. Der französische Professor an der Sorbonne, M. Edouard Dujardin, erklärte: „Es ist meine Ansicht, daß der Text, so wie ihn die Bayerische Staatszeitung veröffentlicht hat, eine der offenkundigsten und ruchlosesten Fälschungen der Geschichte ist.“ Der vollständige Text bekundete, daß die deutsche Regierung nicht einen Weltkrieg, sondern einen lokalisierten Krieg zwischen Österreich und Serbien ins Auge faßte.
    Aber was auch immer von den Unterschlagungen seitens anderer Regierungen gesagt werden mag, so können sie sich mit den Fälschungen und Entstellungen des russischen Orangebuches nicht messen. Die Auslassung nicht nur einzelner Stellen, sondern einer ganzen Serie wichtiger Telegramme und Schreiben, die zwischen dem russischen Außenminister Sasonow und dem russischen Botschafter in Paris Iswolsky ausgetauscht wurden, bezeugen die Entschlossenheit, die wirkliche Haltung Rußlands und Frankreichs während der kritischen Tage zu verhehlen, und die Einfügung dieser unterschlagenen Dokumente, die in der Folge möglich war, gibt von den Ursprüngen des Kriegsausbruches ein ganz anderes Bild, als man sich seinerzeit davon machte 11 .
    Unter den weggelassenen Schriftstücken waren: ein Telegramm, das besagte, „daß Deutschland die Lokalisierung des Konfliktes sehnlichst wünsche“ (24. Juli, – „Ratschläge zur Mäßigung … Wir müssen diese alle von Anfang an zurückweisen“, Telegramme, die den Wunsch des deutschen Botschafters nach Frieden bekunden, Telegramme, die den kriegerischen Geist Frankreichs verraten und Weisungen für die Russen, so schnell als möglich ihre Vorbereitungen zu betreiben, enthalten (30–31. Juli). „Die französische Regierung ist zum Kriege fest entschlossen und bat mich, die Hoffnung des französischen Generalstabes, daß wir mit unserer ganzen Streitkraft gegen Deutschland vorgehen und Österreich als quantité négligeable behandeln werden, zu bestätigen.“ In einigen Fällen waren Sätze ausgelassen, und in vielen war das ganze Telegramm unterschlagen.
    Staatsmänner in allen Ländern, die als unehrliche Männer zu beschreiben töricht wäre, würden vor der Fälschung ihrer Privat- oder Geschäftskorrespondenz mit Abscheu zurückschrecken. Fälschten sie diese, so würden sie von ihren eigenen Gerichtshöfen als Verbrecher überführt und von der öffentlichen Meinung verdammt werden. Wenn sie aber im Namen ihres Landes handeln und Entscheidungen von ungeheurer Bedeutung aus dem Spiele stehen, dann tragen sie keine Bedenken, sich zu dem geflissentlichen Versuch, ihr Volk und die ganze Welt irrezuführen, herzugeben und sich zu bemühen, mit Zuhilfenahme der niederträchtigsten Kunstkniffe ihre Haltung zu rechtfertigen.

 
    26
    Heuchlerische Entrüstung
     
    Der Gaskrieg und der U-Bootkrieg riefen seitens der Presse einen Sturm der Entrüstung hervor, der, wie die Ereignisse zeigten, eine plumpe Heuchelei war.
     
    Wir müssen von den Deutschen erwarten, daß sie wie Wilde, die sich Kenntnisse in der Chemie angeeignet haben, kämpfen.
    „Daily Erpreß“, 27. April 1915.
     
    Diese gräßliche Art von Kriegführung … diese teuflische Erfindung … Der vorsätzliche und planmäßige Versuch, unsere Soldaten zu ersticken und zu vergiften, kann auf die britischen Völker und auf alle nichtdeutschen Völker der ganzen Erde nur eine Wirkung haben. Er wird unsere Entrüstung und unsere Entschlossenheit verstärken und alle Rassen mit Abscheu vor dem deutschen Namen erfüllen.
    „Times“, 29. April 1915.
     
    Aber es stellte sich heraus, daß die Deutschen nicht die ersten waren, die Giftgas angewandt hatten. M. Turpins Entdeckungen in giftigen Explosivstoffen waren vor diesem Zeitpunkt in der französischen Presse angekündigt worden, und das französische Kriegs-Ministerium hatte im Herbst 1914 amtliche Anweisungen für den Gebrauch von Handgranaten erlassen.
    Im Mai 1915 schrieb Oberst Maude in Land and Water :
     
    Alle Bomben, alle Feuer, alle Minenladungen strömen erstickende Gase aus, und die Dämpfe aus einigen Bomben sind giftig. Die Anwendung derselben ist seit Jahren erörtert worden, weil der

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