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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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ihn haben wollte, oder sie machte eben Theater. Stundenlang. Sie schreckte nicht mal davor zurück, den armen Kerl mit tagelangem Schweigen zu bestrafen. Und auch jetzt, wo die Befruchtungsaktion gelungen war, hatte sich nicht viel verändert. Als hätte Henrik sein Soll erfüllt, wurde er vom Weibchen Toni links liegengelassen, weil dieses sich fortan lieber mit dem Nestbau beschäftigte. Henrik durfte es kaum noch anfassen, nicht mehr mit ihm schlafen, weil es fürchtete, die Stöße könnten seinem Zellklumpen schaden.
    Soweit meine beste Freundin Toni …
    Nur warum erzählte Henrik das ausgerechnet mir? Wenn er schon keinen engen Freund hatte, warum hatte er sich nicht einen seiner Fluglotsenkumpel geschnappt, um sich bei ihm auszuweinen, mich brachte er damit tatsächlich nur in die Bredouille.
    Er bekam eine brüchige Stimme, während er redete, wir setzten uns nebeneinander auf den Bootsrand und hielten die Köpfe gesenkt, als würde uns nichts brennender interessieren als die Maserung der Dielen.
    Henrik äußerte die Befürchtung, eines Tages noch ersticken zu müssen, aber ich redete ihm gut zu und schlug ihm vor, sich ein wenig in Geduld zu fassen, schließlich sei Toni schwanger, und wenn das Kind erst einmal da sei …
    »Ach … Wahrscheinlich wird dann alles nur noch schlimmer.« Henriks Tonfall nach zu urteilen, war es ihm wirklich ernst.
    »Du meinst, weil Toni sich dann voll und ganz aufs Kind stürzen wird?« fragte ich vorsichtig an.
    Henrik drehte seinen Kopf für einen Moment zu mir, um ihn dann langsam auf sein Brustbein sinken zu lassen. Eine Pause entstand. Zu gern hätte ich jetzt etwas zu trinken gehabt, aber vielleicht war es geschmacklos, wenn ich Henrik bat, mit mir zurück auf die Feier zu gehen. Schritte waren auf der Treppe zu hören, ich hatte schon Angst, gleich würde der Nachtpförtner auf der Probebühne stehen, doch dann war alles wieder ruhig. »Und was soll ich dabei machen?« brach ich nach einer Weile das Schweigen.
    »Nichts. Gar nichts.« Henrik fuhr sich durch seine schon lichten Haare. »Es tut mir auch leid, daß ich dich damit behellige, aber …«
    Da er nicht weitersprach, sagte ich: »Du wolltest es einfach mal loswerden, hm?«
    Henrik nickte, lehnte sich dann vertrauensvoll gegen mich. Ich ließ es mir gern gefallen, weil er so vertraut und lecker roch. Vielleicht benutzten Toni und er auch nur den gleichen Duft.
    Und dann ging alles ganz schnell. So rasendschnell, daß ich erst begriff, was passierte, als es schon zu spät war. Ähnlich wie wenn man stürzt und im Fall noch denkt, das ist jetzt gar nicht wahr, und erst beim Einsetzen des Schmerzes begreift, was geschehen ist …
    Henrik küßte mich. Großer Gott, er küßte mich, und ich küßte ihn auch, und wir taten es in einer Weise, als wollten wir unsgegenseitig verschlingen. Eigentlich hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht so wild geküßt, und obwohl ich in den letzten Monaten, während ich eigentlich noch um Adriano trauerte, drei Männer verschlissen hatte, kam es mir vor, als müßte ich etwas nachholen, was ich noch nie zuvor erlebt hatte. Und das bei dem Mann meiner besten Freundin. Ich hatte kein Unrechtsbewußtsein, während wir unserer Gier nachgingen, mir kam es nur merkwürdig vor, daß ich so etwas ausgerechnet bei Henrik empfand, dem Mann, den ich jahrelang kaum wahrgenommen hatte.
    Und es ging weiter. Als gäbe es keine frisch geschwängerte Toni auf dieser Welt, zerrte Henrik mir mein ausgebleichtes T-Shirt-Kleid vom Körper, wir fielen irgendwie in die Gondel, und während ich noch dachte, wie gut, daß du La-Perla-Unterwäsche trägst, wühlte ich mich unter Henriks Hemd und spürte seine weiche Haut. Kaum ein Mann hatte sich je so wunderbar angefühlt, kaum einen Mann zuvor hatte ich so heftig genötigt, in mich einzudringen, und kaum einer hatte es so schnell gemacht – höchstens Adriano, aber auch da war ich mir nicht mehr sicher.
    Ich registrierte durchaus, was wir taten, selbst daß wir ohne Kondom miteinander schliefen, war mir bewußt, aber als hätte man die Zündschnur einer Bombe angezündet, ließ sich unsere Aktion nicht mehr stoppen. Wir wollten beide, daß sie jetzt und in diesem Moment zu einem fulminanten Ende gebracht wurde, und als die Bombe schließlich detonierte, schlug die Tür zum Probenraum zu, gleichzeitig schrillte Henriks Handy. »Ach, du Scheiße«, sagte er nur.
    Wieso war die Tür zugeklappt? Hatte uns etwa jemand gesehen? Möglicherweise absichtlich

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