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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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wird?«
    »Großartig. Obwohl es auch ein komischer Gedanke ist, daß du …«
    »Was ist ein komischer Gedanke?« unterbrach ihn Konstantin. Er stellte drei Gläser Wasser gleichzeitig auf dem Tisch ab. Eins schwappte dabei über und sorgte für eine kleine Pfütze, die sogleich in der Tischdecke versickerte.
    »Jeder Moment deines Lebens besteht aus komischen Gedanken«, antwortete Henrik diplomatisch.
    »Das einzig Komische ist doch …«, sprach Konstantin in sein Sektglas, »… daß jemand so lange mit einer Frau zusammen ist wie du mit Toni.« Er lachte auf seine alte, verletzende Art. »Da muß das Faß doch eines Tages überlaufen.«
    »Schwachkopf!« Henrik hatte das in einer Schärfe gesagt, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte. Dann nahm er sein Glas, trank es in einem Zug aus und sah mich hilfesuchend an.
    »Du hast eben keine Ahnung, was Liebe ist«, belehrte ich Konstantin, obwohl ich ausnahmsweise mal hundertprozentig seiner Meinung war.
    Später, als Henrik mich wieder auf die Tanzfläche gezogen hatte, gestand er mir, daß ihn Konstantins Verhalten doch reichlich irritiert habe. Erst so nett und freundlich und dann plötzlich diese unqualifizierte Bemerkung. Im Stakkato meiner Tanzbewegungen schrie ich Henrik die Geschichte meiner besonderen Beziehung zu Konstantin in fast allen Details ins Ohr und ließ auch nicht den heutigen Abend aus, den ich bis vor ein paar Minuten noch als Wende in unserem eingefahrenen Verhältnis gedeutet hatte. Aber Konstantin hatte sich nicht geändert. Er war und blieb mißgünstig, privat frustriert, beruflich auch – oder hatte erjemals seine angebliche Heilpraktikerpraxis aufgemacht? –, und seine ganze Verbitterung ließ er an seiner Umgebung und besonders an mir aus, der Frau, die ihn verschmäht hatte.
    »Laß uns kurz rausgehen.« Henrik nahm mich bei der Hand und zog mich ins Treppenhaus. »Gibt’s hier einen Raum, wo man ungestört reden kann?«
    »Hm«, überlegte ich. »Probebühne eins …?«
    Unten beim Nachtpförtner erschlich ich mir mit Hilfe einer Lüge (Trikot vergessen) den Schlüssel. Während wir im Fahrstuhl nach oben fuhren, ließ Henrik sich ein zweites Mal die Konstantin-Geschichte erzählen – vorhin beim Tanzen habe er sie nur partiell mitbekommen.
    »Hättest du mir das bloß früher gesagt …«, meinte Henrik schließlich betroffen.
    »Vergiß den Typen einfach. Okay?«
    Auf der Probebühne stand eine unglaublich verkitschte Gondel, in die ich sogleich mit Elan kletterte. Henrik setzte sich auf den Bootsrand und schaute ins Leere.
    »Weißt du, daß so etwas immer mein Mädchentraum war? Einmal unerlaubterweise zu später Stunde in die Oper eindringen und in irgendwelchen märchenhaften Bühnenbildern herumturnen. Kennst du den Film ›Die verbotene Tür‹?«
    Henrik schüttelte den Kopf.
    »Spielt an der Pariser Oper. Die Elevinnen steigen eines Nachts einfach auf das Dach … Ach, ist ja auch egal.«
    »Gar nicht egal. Es gibt wenig Leute, die so voller Begeisterung erzählen können.«
    Ich mußte lachen. »Trotzdem! Die Geschichte einer Handvoll elfjähriger Ballettschülerinnen wird dich kaum interessieren.«
    Ich hatte erwartet, Henrik würde zumindest anstandshalber lächeln, aber er blieb so verflucht ernst, daß ich mir langsam Sorgen machte.
    »Was wolltest du eigentlich mit mir besprechen?«
    »Ach, nichts.«
    »Komm schon, Henrik. Ich hab nicht umsonst den Pförtner angelogen.«
    »Nein … Es ist nur …« Henrik besah sich seine Hände, die um einiges schöner als Konstantins waren. »So was sollte man nicht mit der besten Freundin seiner Lebensgefährtin besprechen.«
    Ich atmete schwer aus. »Heißt das, du würdest mich damit in eine unangenehme Situation bringen?«
    »Genau.«
    Henrik stand auf und drehte sich unbeholfen im Kreis. Schade. Eigentlich fand ich es in der Gondel ganz gemütlich. Ich hatte genug getrunken, um mich beschwingt und federleicht zu fühlen, und war doch weit entfernt vom Besoffensein. Aber weil mir etwas daran lag, daß Toni meine beste Freundin blieb, quälte ich mich umständlich aus der Gondel.
    Wir waren schon halb aus der Tür, als Henrik mich plötzlich am Arm packte und mich zurück auf die Probebühne zog.
    *
    Eigentlich hatte ich es mir immer schon gedacht. Toni, die nervige Ehefrau. Keine Zärtlichkeit mehr, keine Liebe, nur der fanatische Wunsch, endlich schwanger zu werden. Henrik hatte keine andere Wahl gehabt. Entweder plazierte er seinen Samen zu gegebener Zeit dorthin, wo Toni

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