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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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Graubrot dick mit Gorgonzola, wickelte es in eine der Papierservietten ein und schob es zu mir rüber.
    »Was soll das?« fragte ich einigermaßen perplex.
    »Pausenbrot. Was sonst?«
    »O mein Gott!« brachte ich nur hervor, packte das Brot dennoch in meine Tasche. Man wußte ja nie.
    Zwanzig Minuten später saß ich in der Tram Richtung Alexanderplatz, wo ich auf die U2 überwechselte. Ich fühlte mich ziemlich mies. Adriano hatte sich zurückgemeldet – leider –, und was tat man den lieben langen Tag in einer fremden Stadt, wenn einen Liebeskummer quälte?
    Aber ich war ja tapfer. Stieg Stadtmitte aus, bummelte die Französische Straße runter zum »Lafayette«, wo ich in der Lebensmittelabteilungim Untergeschoß das zweite Croissant an diesem Morgen verschlang. Daß ich ein von Karl eigenhändig geschmiertes Brot in meiner Tasche hatte, vergaß ich mal eben kurz. In der zweiten Etage schaute ich nach Schuhen, wurde sogleich fündig und ließ 120 Mark für ein Nichts von schwarzen Sandaletten über den Tresen wandern. Danach ging es weiter zum Gendarmenmarkt, ich erklomm den Französischen Dom, ruhelos, spazierte dann weiter über die Museumsinsel Richtung Hackesche Höfe, wo ich mich gleich im ersten Hof, im »Oxymoron«, zu einem Kaffee einlud.
    Karl war jetzt gerade dabei, Pornos zu konsumieren, während ich mich in einem abgeschabten und mit Kaugummiresten versehenen Samtsessel niederließ, bei der dämonisch zurechtgemachten Kellnerin Milchkaffee, Wasser und ein drittes Croissant bestellte und das auf zwanziger Jahre getrimmte Café begutachtete. Neben ein paar Touristen saßen etliche Studenten hier, ein Menschenschlag, mit dem ich ja nun nichts mehr gemein hatte. In einem Anfall von Nervosität schnappte ich mir alle verfügbaren Tageszeitungen vom Tagesspiegel über die Berliner Zeitung bis hin zur taz und vertiefte mich in einen Artikel über die Luftverschmutzung Berlins.
    Kaum hatte ich einen Absatz gelesen, betrat eine lärmende Reisegruppe – lauter Damen aus dem Schwabenländle – das Café und belegte zu meinem Entsetzen gleich drei Tische in unmittelbarer Nähe. Jetzt war sie dahin, meine Ruhe.
    Die Kellnerin nahm gelassen die Bestellung auf – Käsekuchen und Kaffee, nein, Eis und Kaffee, nein, lieber den Kirschstreusel und dazu ein Bierchen –, ärgerlich schielte ich zu den Frauen rüber, las wieder einen halben Satz, allerdings nur mit den Augen. Plötzlich sagte eine Stimme zu meiner Linken: »Da hilft nur ein Underberg«, ein greller Blitz zuckte durch den Saal, gleich noch einer, und als meine Pupillen den Schock endlich verkraftet hatten, sah ich einen Mann vor mir stehen, eine Art verlebter Ewan McGregor in Jeans und T-Shirt und mit einer Profi-Nikon um den Hals. Erst verstand ich gar nichts. Ich schaute den Typ an, dessen Grinsen für einen Momentgefror, dann begriff ich, daß er mich soeben fotografiert hatte. Ich fackelte nicht lang, stand auf und nahm ihm die Kamera ab. Klappe auf, Film raus. Es ging alles so rasend schnell, daß ich selbst kaum mitbekam, wie der Film in meinem Milchkaffee landete.
    »Damit wären wir wohl quitt«, sagte ich und setzte mich wieder, indem ich ein smartes Lächeln auflegte. »Wie heißen Sie?«
    »Skip … Skip Tomsen.«
    »Setzen Sie sich doch, Skip.«
    Obwohl ich keinen Hunger hatte, zerpflückte ich mein Croissant und steckte mir ein kleines Häppchen in den Mund, rührte dann genüßlich in meinem Milchkaffee mit Einlage. Skip Tomsen ließ sich tatsächlich in den freien Samtsessel fallen.
    »War wirklich nicht böse gemeint«, meinte er verhalten. »Du sahst nur so … irgendwie sympathisch aus.«
    »Kein Grund, mich einfach zu fotografieren.«
    »Als ob ich die Fotos veröffentlichen würde …«
    »In Ihrem Privatfotoalbum möchte ich mich auch nicht unbedingt wiederfinden.«
    »Frieden?« Skip hielt mir seine Hand hin. »Also, noch mal zum Mitschreiben: Skip Tomsen, Klatschreporter bei der Morgenpost. Eigentlich bin ich zwar Politikredakteur, aber na ja …« Er lachte. Ein bißchen heiser.
    »Soll ich Sie jetzt bemitleiden?« fragte ich und linste zu den Touristinnen rüber, die sich nun, da der Kuchen angerückt war, langsam beruhigten.
    »Du«, sagte Skip.
    »Dich«, korrigierte ich ihn. Wenn schon, denn schon.
    Skip Tomsen lachte wieder und fragte mich nach meinem Namen.
    »Sylvie.« Das mußte reichen. Mein Nachname ging ihn einen Dreck an.
    Eigentlich hatte ich sowieso keine Lust, mich groß zu unterhalten, und vielleicht waren es

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