Lügenbeichte
Schmunzeln von Frau Bruchhusennicht, auch nicht, dass Herr Werner guckte, als würde er Thomas am liebsten eins mit der Krücke überziehen.
Marina brachte Frau Bruchhusen zur Tür und wollte noch wissen, wie sie Lou jetzt behandeln sollte, wonach sie ihn fragen und ob sie ihn beobachten und die Beobachtungen aufschreiben sollte.
»Verhalten Sie sich einfach ganz normal«, sagte Frau Bruchhusen. »Je normaler sein Umfeld, umso schneller wird er etwas erzählen. Er braucht noch ein Weilchen. Er ist auch sehr erschöpft. Bestimmt noch Nachwirkungen des Sedativums. Lassen Sie ihn einfach schlafen und in Ruhe. Und bleiben Sie in seiner Nähe. Ich schätze ihn als cleveres kleines Bürschchen ein, dem zum Glück kein Leid widerfahren ist. Das meinte seine Kinderärztin übrigens auch. Aber ich komme morgen noch mal wieder.«
»Ganz normal bleiben«, brummte Marina, als sie zurück ins Wohnzimmer stöckelte. »Die hat gut reden. Hier ist ja nichts mehr normal!« Sie sah Thomas an, dann Herrn Werner. Wenn Blicke töten könnten … dachte Josi, dann gäbe es hier gleich noch eine männliche Leiche. Oder zwei.
So kommt auch die Ehrlichkeit nur zu denen, die mit ihr leben wollen.
16:11
Herr Werner war geblieben und nahm sich jetzt Thomas vor. Sie waren beide auf der Terrasse, Herr Werner saß in einem der Rattan-Gartenstühle und Thomas stand vor dem Tisch und rauchte. Marina hatte Frau Bruchhusen zur Tür gebracht und ließ sich aufs Sofa fallen. Sie sah erschöpft aus. Josi legte einen Finger auf den Mund. Herr Werner hatte sie gerade ausdrücklich gebeten, in ihr Zimmer zu gehen, da die folgende Unterredung sicher nichts für ihre Ohren sei. Sie hatte einen Einwand von Papa erwartet, aber der guckte nur trotzig und schwieg. Sie dachte gar nicht daran, sich von dem schwitzenden Strickjackenbeamten aufs Zimmer schicken zu lassen!
Sie huschte in die Küche, öffnete das Fenster. Von hier aus konnte sie die Männer auf der Terrasse hören und Marina sehen. Sie hatte ebenfalls die Ohren gespitzt. – Herr Werner hatte sie zwar nicht auf ihr Zimmer geschickt, aber es war trotzdem klar, dass er mit Thomas unter vier Augen reden wollte.
Josi hörte, wie Herr Werner Thomas gerade unter die Nase rieb, was er im Computer von Lilli Sander gefunden hatte, nämlich ihr Tagebuch, und er stellte Fragen, die Josi sonderbar vorkamen: wie oft Thomas und Lilli Sex gehabt hätten, wo und wann. Warum wollte Herr Werner diese Details wissen? Etwa, um sich daran aufzugeilen? So, wie er aussah, erlebte er selbst bestimmt nichts in dieser Richtung.Josi bekam plötzlich Hunger. Sie hatte heute auch noch nichts Richtiges zu sich genommen. Sie hatte Lust auf was Deftiges wie ein englisches Frühstück. Schon allein der Gedanke daran ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Sie fand Speck im Kühlschrank, haute sich zwei Eier in die Pfanne, öffnete eine Dose Baked Beans . Der Speck brutzelte und verströmte einen würzigen Geruch. Durch das Brutzeln hindurch hörte sie Thomas von draußen.
»Willst du auch was essen?« Josi machte Marina entsprechende Zeichen.
Marina schüttelte den Kopf und legte den Finger an den Mund. Lächelte kurz. Josi lud sich den Teller voll, nahm einen Toast und schob sich einen Küchenhocker heran, setzte sich darauf und lehnte sich an den Kühlschrank. Herr Werner laberte und laberte. Er hatte seine Stimme gesenkt, sie konnte nicht verstehen, was er gesagt hatte. Marina anscheinend schon.
Jetzt wurde Thomas laut: »Also, ich muss schon sagen, Herr Werner, ich finde Sie sehr aufdringlich, ja geradezu belästigend! Ich habe dieser Frau nichts getan und Sie benutzen die Ermittlungen bezüglich des Verschwinden meines Sohnes, um mich in diesen Mordfall zu ziehen. Das ist nicht legitim, Herr Werner! Lassen Sie sich endlich krankschreiben und mich in Ruhe!«
»Reichen Sie mir bitte mal die Mappe rüber«, sagte Herr Werner. Es entstand eine Pause. Wahrscheinlich reichte Thomas sie ihm nicht. Sie sah Herrn Werner förmlich vor sich, wie er sich nun selber abmühen musste. Sie hörte, wie seine Krücken umfielen. Marina fing an zu kichern und schüttelte den Kopf.
»Meine Güte …«, sagte sie so laut, dass Herr Werner es draußen hören musste, »… die deutsche Polizei, wie sie leibt und lebt. In CSI : Miami stellen sie sich ein bisschen geschickter an.«
Herr Werner bellte sofort zurück: » CSI : Miami ist ja auch eine amerikanische Krimisendung, Frau Herzberg. Wir sind hier allerdings weder in Amerika noch
Weitere Kostenlose Bücher