Luegenbeichte
glühend rot wurde. Wie konnte er nur in ihrer Gegenwart von Sex reden – das Schöne, was sie mit Max gehabt hatte, auf dieses ausgeleierte Wort reduzieren! Und dachte dieser Mensch etwa, Max spurtet mal eben nach draußen, bringt kurz eine Frau um, entführt Lou und kommt dann zurück ins Bett und kuschelt sich wieder an sie?
»Max war die ganze Zeit bei mir«, sagte Josi so ruhig wie möglich.
Herr Werner nickte. »Das will ich von Max selber hören.«
8:57
Das Suchteam kam von oben und berichtete, dass sie nichts gefunden hatten.
»Hier ist alles sehr übersichtlich«, sagte ein Polizist.
»Wissen Sie noch, als wir das kleine Mädchen in der Wäschetruhe gefunden haben, weil sie beim Versteckspiel dort eingeschlafen war?«, fragte Herr Werner einen der Beamten.
Marina fuhr hoch. »Haben Sie etwa nicht in der Wäschetruhe nachgesehen?«
»Da haben wir gestern schon nachgeschaut«, sagte Josi, aber Marina hörte gar nicht auf sie. Sie stand auf, tapste barfuß auf die Männer zu und schnauzte sie an,dass sie, wenn sie hier schon alles durchwühlten, wenigstens gründlich gucken sollten.
»Beruhigen Sie sich«, sagte Herr Werner und stand auch auf. »Ich weiß, dass es sehr schwer für Sie ist, aber wir tun alles, was wir tun können, okay?!«
Marina schlug die Hände vors Gesicht und fing an zu weinen. Sie lief die Treppe hoch und verschwand im Schlafzimmer. Herr Werner und Thomas schauten ihr nach. Noch nie hatte Josi Marina so hilflos gesehen, sie wirkte selbst wie ein kleines Kind.
Ich habe Durst! Mach die Tür auf! Ich habe Durst!
9:27
Es war ein Kommen und Gehen. Andauernd wollten irgendwelche Leute von der Polizei was von Herrn Werner, persönlich oder per Telefon.
Herr Werner war auf dem Weg in den Garten. An der Terrassentür schaute er sich noch mal um. Von dort hatte er einen guten Blick in die Küche, direkt auf den Herd und die Anrichte daneben. Es fuhr Josi wie ein Schlag durch den Körper, denn sie wusste, was er gerade entdeckt hatte: die vier Muffins.
Sie wollte ihm sagen, dass sie geschwindelt hatte, weil sie wütend war, schließlich hatte er Max verdächtigt, mit dem Verschwinden von Lou etwas zu tun zu haben, ihren Max, der so zärtlich zu ihr war. Und nun kam er und machte alles kaputt, ja zog sogar in Betracht, dass Max diese Frau umgebracht haben könnte. Das war doch völlig absurd!
Herr Werner sah sie finster an. »Glaub mir. Es ist nicht gerade hilfreich, wenn du jetzt auch noch lügst.«
»Das ist mir so rausgerutscht, mit dem Muffin«, sagte Josi. »Sie haben sich so an Max verbissen, da …«
»Hör mal, Mädchen, ich verbeiße mich nicht, sondern führe hier Ermittlungen und habe gesehen, dass da nicht drei von diesen Muffins stehen, sondern vier, also hast du eindeutig gelogen.«
»Nun hören Sie doch mal mit diesem bescheuerten Muffin auf!«, herrschte Thomas ihn an.
Sie gingen über den Rasen. Die weiß eingetüteten Leute von der Spusi untersuchten gerade die Gartenpforte und den Trampelpfad auf Spuren, stellten Schilder auf, maßen Entfernungen aus und steckten irgendwas mit Pinzetten in kleine Plastiktüten.
»Das wird schwierig«, sagte Herr Werner und schaute auf die Bodenplatten, die vom Schuppen bis zur Pforte reichten. Zwischen Rasen und Platten waren Pfützen. »Der Platzregen von gestern dürfte kaum Spuren übrig gelassen haben.« Er brummelte noch was vor sich hin, dass es ja auch zu schön gewesen wäre, wenn man gleich verwendbare Fußabdrücke gefunden hätte, und blieb beim Komposthaufen stehen. Dort betrachtete er ausgiebig die Kapuzinerkresse, die sich bis an den Zaun rankte.
»Schön, so ein Gewächs«, sagte er. »Unglaublich friedlich. Finden Sie nicht?« Er schaute Thomas an. »Friedlich und unschuldig und so schöne Blüten.«
»Ja. Mit der Kresse hatten wir noch nie Probleme«, sagte Thomas.
Herr Werner lachte. Josi sah seine bräunlichen Zähne – total verraucht. »Außerdem sehr gesund: blutreinigend, pilztötend und schleimlösend. Beruhigend, dass es so was gibt, oder? – Na ja, ich meine, es gibt eben doch Nützliches auf der Welt. Das finde ich immer wieder beruhigend.«
Josi hatte, genau wie Thomas, keine Lust, mit diesem Kommissar über unschuldige Kapuzinerkresse zu philosophieren. Sie gingen an den Johannisbeer- und Stachelbeersträuchern vorbei. Herr Werner schaute auf den Baumbestand.
»Keine Obstbäume?«, stellte er fest.
»Nein, keine Obstbäume«, brummte Thomas.
»Wie schade.«
Vor dem Baumhaus blieben sie
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