Luegenherz
Dann dreht sie ihr Haar zusammen, steckt es wieder am Kopf fest und kommt zurück zum Tisch.
»Okay, Mila, dann haben wir jetzt einen Plan. Ich werde mich an ihn ranmachen und mich mit ihm verabreden, aber du musst mir versprechen, dass du immer in meiner Nähe bist.«
»Ich verspreche es. Allerdings wird es schwierig, weil es ziemlich leichtsinnig wäre, wenn er uns zusammen erwischt, sonst könnte er auf dumme Gedanken kommen, oder was meinst du?«
Sie überlegt eine Weile, nestelt noch mal an ihren Haaren herum, steht auf und geht durch die Garage. Oh Gott, was, wenn ihr plötzlich klar geworden ist, was das für sie bedeutet, und sie einen Rückzieher macht?
Sie kommt auf mich zu. »Mila, wir stehen das gemeinsam durch. Aber wir müssen vorsichtig sein und uns gegenseitig beschützen. Niemand darf etwas merken und du hast vollkommen recht, er darf uns nicht zusammen sehen.«
Ich stehe auf und umarme sie ganz fest. Jetzt kann es endlich losgehen.
Bye-bye, Landgraf!
7. Ally
Es war nicht so leicht, den Landgraf am Telefon zu einem Treffen zu überreden, wie Mila sich das gedacht hatte. Ich musste mit Engelszungen auf ihn einreden, aber zu meinem Glück hat Mila mitgehört und mir geholfen. Erst als sie mir pantomimisch gezeigt hat, dass ich so tun soll, als ob ich weinen würde, hat er sich erweichen lassen. Aber er wollte nicht zu mir nach Hause kommen, sondern schlug vor, dass wir uns am späten Nachmittag in einem Café in der Innenstadt treffen.
Mila war zwar enttäuscht, aber ich war ganz froh, weil mir doch ein bisschen mulmig ist, mit ihm allein zu sein, nach allem, was er Mila angetan hat. Aber in einem Café mitten in der Fußgängerzone habe ich keine Angst.
Den Rest des Tages hat Mila damit verbracht, mich zu überzeugen, mein Styling zu verändern.
»Dann wird er doch gleich merken, was ich von ihm will, das wäre doch dämlich!« Aber Mila hat nur den Kopf geschüttelt, mich für total naiv erklärt und so lange nicht lockergelassen, bis ich in ihren Augen perfekt angezogen war. Jetzt trage ich also ein kniekurzes schwarzes Kleid mit tiefem Ausschnitt und sogar hohe Schuhe dazu.
Mila hat recht, das ist wirklich sexy. Aber es fühlt sich auch merkwürdig an, man eiert beim Gehen und gleichzeitig bekommt man so etwas Schwebendes. Ich weiß noch nicht, ob mir das wirklich gefällt. Der laue Sommerwind, der über meine nackte Haut streicht und meine offenen Haare durcheinanderbringt, verursacht mir ständig Gänsehaut, dabei ist es ziemlich heiß.
Das Café ist mitten in der Stadt. Eins dieser Münchner Glotzcafés, wo man gesehen werden will. Landgraf sitzt nah am Brunnen, an einem schönen Eckplatz, den ich auch ausgesucht hätte, und tippt irgendwas in sein iPhone. Ganz entspannt sitzt er da in seinem türkisen Poloshirt, seine Füße wippen im Rhythmus seiner tippenden Finger, dann schaut er kurz auf und wirft einem kleinen Kind, das an seinem Tisch vorbeiläuft, ein freundliches Lächeln zu. Ich kann nicht anders, ich muss einen Moment stehen bleiben und ihn beobachten.
»Da ist er über mich hergefallen«, höre ich Milas Stimme in meinem Kopf. »Ich hatte keine Chance, der Mistkerl ist verdammt stark.« Meine Augen kleben an Landgraf. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er Mila so etwas Schreckliches angetan hat …
Ich schüttle mich. Hör auf damit, Ally!, ermahne ich mich selbst. Niemand weiß, wie es hinter der Stirn dieser Leute aussieht. Nur weil der Landgraf so harmlos wirkt, heißt das noch lange nicht, dass er unschuldig ist. Schließlich bin ich hier, um Mila zu rächen. Und nicht, um zu hinterfragen, wie sie zum Opfer wurde. So erniedrigst du Mila zum zweiten Mal und genau so funktionieren solche Verbrechen. Die Opfer schämen sich und sagen nichts, weil sie wissen, dass der Täter so unangreifbar ist. Und die Täter machen fröhlich weiter.
Landgraf lehnt sich lässig in seinem Stuhl zurück. Er hat keine Ahnung, was gleich auf ihn zukommen wird. Er fühlt sich sicher – weil Mila nie etwas gegen ihn unternommen hat. Und er denkt wahrscheinlich, dass er immer so weitermachen kann. Aber da hat er sich getäuscht.
Er wird uns nicht entkommen.
Landgraf schaut auf, stutzt kurz, als er mich sieht, dann winkt er mir freundlich zu. Ich schüttle die letzten Zweifel ab, denke an Milas Narben und setze mich in Bewegung.
Premiere.
Mein Herz klopft schneller, während ich auf ihn zugehe. Ich hoffe, dass ich nicht stolpere oder umknicke, und noch viel mehr hoffe ich, dass
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