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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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ich die richtigen Worte finden werde.
    Mila hat keine Ahnung, wie lächerlich wenig Erfahrung ich darin habe, Männer anzumachen. Wenn ich ehrlich bin, dann kenne ich das alles nur aus Filmen. Lächeln ist sicher schon mal gut. Ich lächle also, während ich zu Landgrafs Tisch hinübergehe, hoffentlich sieht es nicht so verkrampft aus, wie es sich anfühlt.
    Er steht tatsächlich auf, als ich am Tisch angelangt bin, wie in den alten Filmen. Vielleicht läuft ja doch alles gut.
    »Scarlett«, beginnt er und setzt sich erst, als ich Anstalten mache, Platz zu nehmen.
    Beim Hinsetzen weiß ich nicht so richtig, was ich mit meinen langen Beinen machen soll – demonstrativ übereinanderschlagen? Ja, da gab es doch auch diese berühmte Filmszene … Sharon Stone hatte allerdings kein Höschen an.
    »Ich gehe gleich wieder, wenn Sie mich nicht endlich Ally nennen!«
    »Okay.« Sein Blick gleitet wohlwollend über mein tief ausgeschnittenes, ärmelloses Kleid, auch eine Premiere. Mila fand, meine Beine kämen darin besser zur Geltung als in Hosen, trotzdem fühlt es sich reichlich merkwürdig an, so nackt. »Entschuldige, also Ally, was haben Sie auf dem Herzen?«
    »Ich …«, stottere ich los.
    Er lächelt mich mit diesem Kurt-Russell-Grinsen auffordernd an und sieht so harmlos aus, als könnte er nicht mal eine Fliege töten. Ich rufe mir Milas Narben vor Augen und reiße mich zusammen.
    »Ich weiß einfach nicht weiter«, stottere ich, »das war sehr verletzend, was Sie zu mir gesagt haben, von wegen Epigonen und so was.«
    Sein Lächeln erlischt, als hätte jemand es einfach abgeschaltet. Er wirkt geradezu bestürzt, als er sich zu mir beugt, dann legt er seine Hand auf meinen nackten Arm.
    Als ich überrascht von dem angenehmen Gefühl, das die Berührung auslöst, unwillkürlich auf seine Hand starre, zieht er sie sofort zurück, so als hätte er sich verbrannt. War das jetzt gut oder nicht? Schade, dass Mila nicht über ein Mikro mit mir verbunden ist, sie könnte mir bestimmt dabei helfen, ihn anzuheizen und dabei keine Fehler zu machen.
    »Ally, das tut mir sehr leid. Ich wollte Sie auf keinen Fall verletzen. Ich bin einfach nur der Meinung, dass Sie sehr viel mehr können, als auf diesem Entwurf zu sehen war. Ich habe mir ihre Homepage mit den Piercings angeschaut, die sind toll, wirklich großartig. Sie haben eine ganz eigene Art, an die Dinge heranzugehen.« Er lächelt jetzt wieder, aber diesmal gilt das nicht mir, sondern der rothaarigen Bedienung, die endlich gekommen ist, um unsere Bestellung aufzunehmen. Er nimmt einen Aperol-Sprizz, was hier in München wirklich jeder trinkt, sobald man draußen sitzen kann. Aber ich sollte klar im Kopf bleiben und bestelle deshalb eine Cola. Die Bedienung nickt und verschwindet genauso gelangweilt, wie sie gekommen ist.
    Landgraf wendet sich wieder zu mir. »Also, was ist denn nun Ihr Problem?«
    »Seit Sie das zu mir gesagt haben, halte ich alle meine Ideen für Müll. Außerdem behandeln Sie mich anders als die anderen in meiner Klasse.«
    Er zieht eine seiner dicken schwarzen Augenbrauen hoch. »Aber du, oh, Entschuldigung, Sie sind ja auch anders als die anderen.«
    Jetzt, jetzt! Vorbeugen, mit den Augen klimpern und ihn anlächeln, nichts sagen. Ich tu’s.
    Er kratzt sich irritiert am Kopf und schaut dann zum Brunnen, atmet tief ein und aus und wendet sich dann erst wieder zu mir. »Ally, ich weiß nicht, was das hier werden soll. Ich behandle Sie anders, ja, das stimmt. Und das ist sicher ziemlich fragwürdig.«
    Wow, der geht ran, weiterlächeln.
    »Aber ich halte Sie eben für etwas Besonderes.«
    Jaja genau, weiter so, das läuft super!
    »Das sollte ich als Lehrer natürlich nicht tun, doch wir sind nicht mehr in der Grundschule. Sie haben sicher auch längst begriffen, dass es mehr und weniger Begabte gibt. Und Sie haben eben Talent.«
    Die Bedienung kommt an unseren Tisch und stellt die Getränke mit einem lauten Knall vor uns hin, meine Cola schwappt sogar aus dem Glas. Das ist gut, dann kann ich mit dem Taschentuch über den Tisch und dann unauffällig über den Glasrand wischen. Die spülen die Gläser in Kneipen nämlich nie richtig.
    »Sie halten mich also für begabt«, wiederhole ich, nachdem wir beide etwas getrunken haben. Wie komme ich aus der Nummer wieder raus? Er soll mich doch als weibliches Wesen toll finden und nicht als Goldschmiedin.
    Er nickt, doch dann schüttelt er den Kopf. »Ally, haben Sie noch eine Verabredung? Sie sehen so anders aus

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