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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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verklagen, aber die Klage wurde abgewiesen, weil ein Gutachten bescheinigte, dass das Mädchen auch vorher schon sehr labil war.« Jury schaut mir in die Augen. »Ich meine, wenn Höhlenklettern doch angeblich gut für die Psyche sein soll, dann finde ich dieses Ergebnis einen ziemlichen Hammer.«
    In meinem Bauch zieht sich alles zusammen. Mila hat sich nur geritzt, aber dieses andere Mädchen hat sich umgebracht.
    Ob Mila davon weiß? Ob Landgraf dem Mädchen dasselbe angetan hat wie ihr? Wie oft hat der Dreckskerl das wohl schon gemacht? Wie gut, dass wir dem ein Ende setzen werden …
    »Was ist los?«, reißt Jury mich aus meinen düsteren Grübeleien. Er ist aufgestanden und steht direkt vor mir. »Du bist ja auf einmal leichenblass.«
    Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wenn es stimmt, was er gelesen hat, dann wird es höchste Zeit, dass wir etwas dagegen tun. Aber mein Bruder darf auf keinen Fall erfahren, dass wir schon wissen, was für ein Schwein Landgraf ist, sonst würde er mich garantiert daran hindern, ihn zu treffen. Jury ist imstande, mich ans Bett zu fesseln, wenn er glaubt, dass es besser für mich ist. Also muss ich ihn erst einmal beschwichtigen.
    »Jury, das ist doch lächerlich! Ich weiß ja nicht mal, ob du dich richtig erinnerst. Vielleicht heißt der Typ in dem Bericht gar nicht Landgraf, sondern nur so ähnlich.« Aber nachdem ich jetzt weiß, dass es in dem Artikel um einen ungewöhnlichen Gerichtsfall ging, ist mir sonnenklar, dass Jury sich nicht getäuscht haben kann. Merkwürdige Kriminalfälle sind sein Steckenpferd.
    Jury tippt sich an die Stirn. »Spinnst du? Du weißt, dass ich ein absolutes Gedächtnis habe, und bei dem Gedanken, dass du mit dem allein irgendwo in einer Höhle rumkriechst, wird mir ehrlich gesagt übel.«
    »Ich bin gar nicht allein, da ist doch eine ganze Gruppe«, behaupte ich und hoffe auf das Gegenteil.
    »Na gut, dann werde ich mich eben auch anmelden.«
    »Die Gruppe ist schon voll«, lüge ich und hoffe, dass er mir glaubt.
    »Wie viele sind es denn?«, fragt er.
    Was könnte eine realistische Zahl sein? In meinem Hirn rattert es. »Es sind fünf Leute und das ist das Maximum.«
    »Fünf, das klingt gut. Aber trotzdem – ich frage mich, wieso die Eltern den Selbstmord ihrer Tochter in Zusammenhang mit diesem Landgraf gebracht haben. Da muss doch was dran sein.«
    »Vielleicht waren sie so verzweifelt, dass sie einfach nach jemandem gesucht haben, dem sie die Schuld geben können«, behaupte ich und bitte das Mädchen und Mila in Gedanken um Verzeihung. Aber ich muss alles versuchen, um zu verhindern, dass Jury unseren Plan durchkreuzt. Er würde mir als Erstes einen Vortrag darüber halten, wie ungesetzlich es ist, Beweismaterial zu fälschen. Einmal haben wir in Omas Kino stundenlang genau darüber gestritten. Ich fand es total okay, dass der Cop im Film die Beweise getürkt hatte, um den Monsterkiller endlich zu überführen, aber Jury war da ganz anderer Ansicht.
    »Ich weiß nicht, das gefällt mir trotzdem nicht.«
    »Was soll denn schon passieren?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Du solltest es canceln.«
    »Kommt nicht infrage.«
    »Dann werde ich Mama davon erzählen.«
    »Elender Erpresser!«
    Jury grinst, aber nur ganz kurz, dann wird er wieder ernst.
    »Ally, versprich’s mir.« Wenn er seine blöden Babyaugen auf einen richtet, kann er schon ziemlich nett aussehen.
    »Okay, ich wollte sowieso viel lieber mit Mila zum Shoppen gehen.«
    »Du und shoppen?« Er stutzt.
    Ich lache, als hätte ich einen Witz gemacht. »Blödsinn, es soll dreißig Grad warm werden und Mila wollte gern, dass ich mit ihr an den Chiemsee fahre.«
    »Gute Idee und ich komme mit.«
    »Das geht nicht«, platze ich heraus und überlege verzweifelt, wie ich Jurys Plan vereiteln kann. »Mila kann dich nicht leiden. Tut mir leid, Jury, aber ich muss jetzt los.« Ich schlüpfe in meine Schuhe und suche die Unterlagen für die Schule zusammen.
    »Dann kann mit Mila etwas nicht stimmen – alle Mädels wollen meine Freundin sein.« Jury zwinkert mir zu, wahrscheinlich, um seine unerträgliche Arroganz lustiger wirken zu lassen.
    »Und warum hast du dann keine?« Ich verschließe die Tür und gehe mit ihm über den Hof.
    »Weil keine gut genug für mich ist!«, ruft Jury, setzt sich den Helm auf und gibt Gas. »Ich habe dein Wort, ja?«, ruft er mir noch zu und ich brülle laut und deutlich »Ja!« zurück, habe aber dabei alle Finger verkreuzt.
    Während ich zur Schule laufe,

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