Lügennetz: Thriller (German Edition)
, rief ein sehr dunkler Schwarzer unter der Faltmarkise eines anderen Wohnwagens hervor.
Wir gingen zu ihm. Er saß auf einer ausgeblichenen Grapefruit-Holzkiste und fummelte mit seinen dunklen, flinken Fingern an einem Stück Papier herum.
» Wir suchen Fabiana Desmarais « , sagte ich.
» Sind Sie von der Polizei? « , fragte er, ohne aufzublicken.
» Nein, Anwälte « , antwortete ich.
» Ich würd’s Ihnen auch erzählen, wenn Sie Polizisten wären « , erwiderte der Alte und zeigte seine gelben Zähne beim Grinsen. » Fabiana und ihre hochnäsige Mutter sind vor etwa zwei Jahren mitten in der Nacht abgehauen. Keine Nachsendeadresse. «
Charlie drehte sich zu dem verrosteten Wohnwagen um. » Haben Sie zufällig ihre Sozialversicherungsnummer? «
» Da sie mir sechs Monate Miete schulden, habe ich diesen ganzen Kram schon selbst versucht. Die Nummern, die sie mir beide gegeben haben, waren falsch. Vielleicht sind sie wieder nach Haiti zurückgegangen, wie die alte Kratzbürste ständig gedroht hat. Meinte, Amerika sei eine unkultivierte Jauchegrube. Amerika! Ich habe sie gefragt, wie viele illegale amerikanische Immigranten denn von ihren Behörden aufgegriffen wurden, während sie, von Haien bedroht, auf Flößen aus alten Reifen nach Haiti gepaddelt sind. «
» Na ja. Also trotzdem danke « , sagte Charlie.
» Wissen Sie, woran mich Fabianas Mutter erinnert? Daran. « Der Alte hielt das Stück Papier hoch, an dem er gearbeitet hatte. Es war eine Origami-Kobra. Mit zischendem Laut ließ er sie durch die Luft zucken.
» Hübsch « , sagte Charlie. » Nochmals danke. «
» Na, zumindest wurden wir nicht gebissen « , stöhnte Charlie, als wir wieder im heißen Wagen saßen. » Bist du jetzt fertig, oder brauchst du noch ein weiteres persönliches Gespräch mit dem Origami-Mann? «
Ich kratzte mich an der Stirn. » Wir müssen noch mal mit Justin sprechen. «
» In Raiford? « , wunderte sich Charlie. » Du warst doch erst da oben. «
» Wenn er uns nichts gibt, gehe ich ihm an den Kragen « , drohte ich.
8 1
Es ging auf drei Uhr zu, als wir am Dienstag mit unserer gecharterten zweimotorigen Cessna in Raiford landeten. Die Flüge kosteten ein Vermögen, doch das Leben eines Unschuldigen stand auf dem Spiel. Und ich ließ alles von meiner Global-100-Firma bezahlen. Während wir an der wachsenden Menge von Demonstranten vor dem Gefängnisgelände vorbeifuhren, rief Charlie im Todestrakt an und ließ Justin für unseren Besuch vorbereiten.
Erstaunt kam uns Justin im Anwaltszimmer entgegen. » Schon so schnell wieder da? « , fragte er mich.
Ich warf ihm eine Tüte Salzbrezeln zu. » Tut mir leid, dass ich Sie beim Lesen unterbreche. «
» Hey, danke. Die mag ich am liebsten. « Er klang sogar erfreut. Er riss die Tüte mit seinen gefesselten Händen auf, ließ die Brezeln auf den Tisch fallen und aß eine.
» Okay « , begann ich. » Ich habe Ihnen was gegeben, Justin, jetzt geben Sie uns was. Wir müssen mit Fabiana sprechen, aber sie wohnt nicht mehr in Princeton. Sie ist weg und hat keine Nachsendeadresse hinterlassen. Haben Sie eine Ahnung, wo sie hingegangen sein könnte? «
» Machen Sie Witze? « , fragte er mit vollem Mund. » Ich habe mit ihr nicht mehr gesprochen, seit sie mir den Verlobungsring ins Gesicht geschleudert hat. Das war vor fünfzehn Jahren. Diese Schlampe will, dass ich sterbe, und sie wird ihr Ziel erreichen. Da können Sie gleich Wasser ins Meer tragen. «
» Wissen Sie, was mir total auf den Keks geht, Justin? « Ich knallte mit der Faust auf eine der Brezeln. » Sie und Ihr Gehabe. Sie wollen nicht, dass ich versuche, Ihr Leben zu retten? Das ist kein Machogehabe, das ist dumm. Oder trauen Sie sich doch einfach, es zu sagen. Haben Sie endlich den Mut zu sagen: ›Ich habe es getan! Ich habe Tara Foster umgebracht!‹ «
Er starrte mich mit offenem Mund an. » Aber ich habe es nicht getan « , sagte er, Krümel spuckend.
Ich hielt meine Hand ans Ohr. » Heiliger Bimbam! Habe ich gerade jemanden gehört, der sich tatsächlich verteidigt? «
» Wer leitet diese Show hier, Charlie? « , fragte Harris.
» Ist das nicht klar? « , fragte Charlie glupschäugig in meine Richtung.
» Gut. Dann versuchen Sie’s mal bei ihrer Cousine Maddie « , sagte Harris. » Über sie haben wir uns kennengelernt. «
» Maddie wie? « Ich hatte bereits mein Smartphone parat.
» Maddie Pelletier. Sie ist heute Lehrerin in der Highschool von Key West. Sie war ziemlich locker mir
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