Lügennetz: Thriller (German Edition)
Peter ordentlich zugesetzt. Sein linkes Ohr hing herab und baumelte an einem restlichen Stück Haut gegen sein Kinn. Auch von der Schläfe bis zu seinem Kinn war Haut abgetrennt worden und ließ das rosa Gewebe wie einen blutigen Kaugummi aussehen.
Peter fasste das herabhängende Ohr zwischen Daumen und Zeigefinger. Er stöhnte und riss es mit einem kräftigen Ruck ab. Das Geräusch hörte sich an wie das eines Pflasters, das abgezogen wird. Mit gerunzelter Stirn blickte er auf das Ohr, schüttelte den Kopf und legte es sorgfältig auf das Regel neben sich.
» Dafür wird jemand bezahlen müssen « , sagte er mit einem Nicken mehr zu sich selbst. Dann lächelte er. Seine Augen leuchteten wie Neon, wie voll aufgedrehte Gaslaternen. » Schlampen, Schlampen, Schlampen! « , schimpfte er in seinem Südstaatendialekt. » Egal wie. Mit euch kann ich nicht leben, schaffe es aber auch nicht, euch umzubringen. «
Die scharfe Küchenschere lag vor ihm auf dem Boden. Er bückte sich und hob sie auf. » Nein, Moment. Hab doch zu voreilig gesprochen « , sagte er und schnippte mit der Schere wie ein Friseur, der sich an die Arbeit macht. » Ich kann es doch. «
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Emma und ich standen einfach da wie Statuen, erstarrt wie Kinder, die » Einfrieren « spielen.
» Daddy mag keine bösen kleinen Mädchen. « Er packte Emma mit seiner freien Hand am Handgelenk und schwang sie wie eine Puppe herum, während er sich auf dem Absatz drehte. Mit einem Scheppern knallte sie vorwärts in unser gläsernes Bücherregal. Es wackelte und kippte. Bücher regneten auf sie herab und begruben sie unter sich.
In dem Moment sah ich sie, Peters Waffe. Sie lag noch dort, wo er sie hatte liegen lassen, auf dem Sofa neben dem Klebeband. Dies war meine einzige Chance. Ich wirbelte herum. Bücher, die auf den Boden gefallen waren, flogen durch die Luft, während ich zum Sofa hechtete.
Die Waffe schlug zweimal auf, als sie auf den Teppich rutschte. Ich schnappte sie mir, legte den Finger um den Abzug und wirbelte herum. Aber nicht rechtzeitig. Peter prallte gegen mich und schlug mir die Waffe aus der Hand, während ich mit dem Hinterkopf auf den Boden knallte.
Ich hatte das Gefühl, als hätte mir jemand den Schädel mit einem Beil gespalten. Doch der Schmerz war rasch vergessen, als Peter seine Hände um meinen Hals legte. Ich gurgelte, während er immer fester zudrückte. Ich trat mit den Beinen und wedelte mit den Armen, schleuderte wieder Bücher durch die Luft. Langsam wurde mir schummerig vor den Augen.
Peter verschränkte seine Finger an meinem Genick und drückte seine Daumen gegen meine Luftröhre, als versuchte er sie aufzureißen.
Ich hatte mich bereits verloren gegeben, als der Druck an meiner Kehle plötzlich nachließ.
» Geh noch nicht, Jeanine. Zeit für eine letzte Runde von ›Richtig oder Falsch‹ « , flüsterte Peter in mein Ohr. » Ich zuerst. Wahrheit. Erinnerst du dich an Ramón Peña? An die Nacht am Strand? Tja, also, eigentlich hast du ihn gar nicht umgebracht. « Er leckte mein Ohrläppchen und biss spielerisch hinein. » Das habe ich nämlich getan. «
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Keuchend, mit brennender Kehle, starrte ich zu Peter hinauf, der mich anlächelte.
» Das stimmt « , fuhr er mit einem Nicken fort. » Peña war ein Informant, der uns ans FBI verraten wollte. Ich hatte ihn in der Nacht am Strand verfolgt, um ihn zu töten, als ich dich wie eine Wahnsinnige vorbeirasen hörte. Als er auf den Bürgersteig fuhr, um dich anzuhalten, schoss ich drei Mal mit einer Waffe mit Schalldämpfer auf ihn. Und plötzlich stürzte er vor deinem sich drehenden Wagen auf die Straße. Du hättest ihm überhaupt nicht ausweichen können. «
Die Augen ungläubig und vor Schmerz zu Schlitzen zusammengedrückt, schüttelte ich den Kopf.
Peter nickte. » Zuerst dachte ich, ich müsste dich töten, bis ich den Alkohol in deinem Atem roch und mir ein neuer Plan einfiel. Ich habe dir überhaupt noch nicht dafür gedankt, dass du ihm eine Mitfahrgelegenheit zu mir nach Hause geboten hast. Tolle Arbeit, Jeanine. «
Als sich Peters Hände wieder um meinen Hals legten, bildete sich in mir ein nie gekannter Hass, konzentrierte sich auf meine linke Hand und krümmte diese zu einer Klaue.
Ich schnellte mit der Hand nach oben und grub meine scharfen Fingernägel in die rosa Wunde, wo sein Ohr gewesen war. Von dort zog ich die Finger an seinem Gesicht nach unten.
Peter sprang kreischend von mir herunter. Ich drehte mich um, drückte mich auf die Knie
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