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Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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Angst machte sich in meinem Brustkorb breit und nahm mir die Luft zum Atmen. »Siehst du irgendwas?«, brachte ich mit Müh und Not hervor.
    Während wir gebannt auf Veros Reaktion warteten, war kein Mucks zu hören. Irgendjemand stöhnte leise: »Oh Gott, Hilfe«, und sprach mir damit direkt aus dem Herzen. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Vero uns erlöste.
    »Ein bisschen verschwommen, aber es geht.«
    Erleichtertes Aufatmen. Wir waren uns alle einig, dass auch ihr Hautbild mittlerweile viel besser aussah. Zwar immer noch rot wie ein gekochter Hummer, aber weit weniger geschwollen als zu Beginn.
    Ich nahm die drei Flaschen und kündigte an, dass ich im Haus Wassernachschub holen würde, sofern ich das Gefühl hätte, dass die Bewohner schon wach wären.
    Kinga schloss sich mir an.
    Aus dem Inneren hörten wir die Klospülung, ein sicheres Zeichen dafür, dass schon jemand munter sein musste. Bevor ich anklopfen konnte, legte Kinga die Hand auf meinen Arm. »Warte.«
    Ich sah sie fragend an. In letzter Zeit hatte sich mein Eindruck verstärkt, dass sie die netteste der drei Quaks war. Und gleichzeitig die hübscheste, wie ich fand. Trotzdem hatte man manchmal das Gefühl, dass sie neben Quen und Amelie ein bisschen unterging, was aber nur daran lag, dass sie sich nicht deren Lästereien anschloss.
    »Glaubst du auch, dass wir, also Quen, Am und ich etwas damit zu tun haben?«
    Ich schüttelte den Kopf. Es war eine automatische Reaktion, leider typisch für mich – erst einmal die Harmonie wahren, nicht unbedingt gleich die eigene Meinung kundtun. Diese ganze Ausnahmesituation gab mir aber auch irgendwie Kraft. Oder zumindest das Bedürfnis, selbst stark zu sein, weil ich spürte, dass das zurzeit dringend nötig war. Also relativierte ich mein Kopfschütteln, indem ich sagte – es war übrigens die Wahrheit: »Ich glaube zumindest nicht, dass du was damit zu tun hast. Und Diana, Chris und Felix haben ebenfalls nichts damit zu tun, Vero sowieso nicht. Und David sicher auch nicht«, ergänzte ich schnell. »Na ja, da bleiben dann gar nicht so viele übrig.«
    Kinga nickte stumm. Ich schüttelte den Kopf. Je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich mir, dass kein Schüler unserer Klasse zu so etwas imstande wäre. »Vielleicht rennt ja doch irgendein Irrer da draußen herum.« Ich dachte an den Beinschleifer und bekam unwillkürlich wieder eine Gänsehaut. Kinga folgte meinem Blick in Richtung Wald und nickte. »Eben. Vielleicht ist ja schon mal etwas Ähnliches vorgekommen. Das sollten wir versuchen herauszubekommen.«
    »Du hast recht. Gute Idee«, sagte ich anerkennend. »Wer auch immer schon wach ist im Haus, wir werden ihm oder ihr ein paar Fragen stellen.«
    Das allerdings erwies sich als etwas unpraktisch, denn wach war nur Norberts fleißige Schwiegermutter. Die füllte uns zwar freudig eiskaltes Leitungswasser in die Flaschen und beantwortete ebenso begeistert unsere Fragen, aber wir verstanden nicht mal die Hälfte davon.
    Hilflos blickten Kinga und ich uns an, während die Schwiegermama erzählte: »No auba freilichchch haun do scho a Murchdsmenge Tupfa und Madelen knochtigt.«
    »Knochen?«, rief Kinga aufgeregt.
    »Boana?«, fragte Schwiegermama erstaunt zurück.
    Wir gaben es auf.
    Kinga trat hinter mir aus der Haustür. Sie stieß einen erschrockenen Laut aus. Nervös drehte ich mich zu ihr um.
    »Oh Gott, Mia…«
    »Was denn?« Voller böser Vorahnungen begann ich, mein Gesicht abzutasten.
    »Ich dachte die ganze Zeit, dass du sie einfach nur komisch zusammengebunden hast…« Kinga sah so entsetzt aus, dass mir schlecht wurde vor lauter Angst. »Jetzt sag doch endlich –«, stieß ich hervor.
    »Deine Haare!«
    Meine Hände flogen nach hinten. Ich fing zu wimmern an. Die gesamte linke Hälfte meiner Haare reichte nur noch bis zum Nacken.
    Im Zelt war die Stimmung mittlerweile auf dem Nullpunkt. Vero hatte zwar zu schluchzen aufgehört, sich aufgesetzt und versuchte nun ganz offensichtlich, in einen Normalzustand zurückzukehren, doch sie sah immer noch aus, als hätte sie ihr Gesicht minutenlang in den Backofen gesteckt. Diana saß mit dem Rücken zu allen anderen und schüttelte unentwegt den Kopf. Joe tippte verbissen auf ihrem Handy herum und Kingas zwei schlechtere Hälften saßen nebeneinander und schauten säuerlich in die Luft.
    »Alle mal herschauen«, rief ich mit zitternder Stimme. Doch der Trotz half, den ich seit ein paar Minuten verspürte, den ich auch unbedingt

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