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Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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spöttisch: »Und was jetzt? Willst du mir die Arme brechen?«
    »Ich will nur dein Herz brechen, Mia.« Er beugte sich zu mir und ich wusste, dass ich diesmal alles richtig machen würde. Die ganze aufgestaute Wut in mir würde mir helfen, den Kuss selbstbewusst zu erwidern und im richtigen Moment würde ich mich dann von ihm lösen, diesmal würde ich –
    »Worauf wartest du noch, Mia?«
    »W-was?«, fragte ich irritiert.
    »Du willst mich doch küssen, oder?«
    »Ich weiß nicht, kann sein.«
    Waaahhh! Wo war mein Selbstbewusstsein plötzlich? Wo mein Stolz? Zaghaft stemmte ich mich ihm entgegen – da richtete er sich auf. »Das nächste Mal musst du es dir ein bisschen schneller überlegen«, sagte er neckend, zwinkerte mir zu und ließ mich betroffen stehen.
    Ich konnte es einfach nicht glauben. Was trieb der Kerl für ein Spiel mit mir? Ich sollte ihm nachrennen und ihm einen Tritt in den Hintern verpassen, nein, natürlich sollte ich ihn ziehen lassen und ihn für alle Zeiten ignorieren. Doch was tat ich? Ich stand mit rasendem Herzschlag da und konnte mein Glück kaum fassen, dass David mich beinahe wieder geküsst hatte.
    Als wir am Nachmittag im Holzschuppen standen und Norbert Material fürs Pfeil-und-Bogen-Bauen austeilte, war ich immer noch verwirrt. Das Gute an dem Intermezzo mit David war, dass ich nicht mehr ganz so anfällig für den Spott der Quaks war. Immerhin schien meine peinliche Rede am Vormittag nichts an Davids seltsamen Gefühlen für mich geändert zu haben. Und das war mir natürlich tausendmal wichtiger als mein Stand bei den Quaks. Dass wir fünf trotzdem weiterhin in Gefahr waren, stand auf einem anderen Blatt. Und dass anscheinend wirklich erst etwas noch viel Schlimmeres passieren musste, bis man uns glaubte, war zum Verrücktwerden.
    Planlos betrachtete ich die Zweige vor mir. »Was sollen wir machen?«, flüsterte ich.
    Niemand von uns hatte großartig aufgepasst, aber zum Glück hatte Felix auf einem Sommerlager schon mal Pfeil samt Bogen basteln müssen. »Ist doch Kinderkram«, meinte er, während er geschickt die Zweige in Form schnitzte. »Gib mir mal die Rebschnur.«
    »Die was?«
    »Die gestreifte Schnur vor deiner Nase!«
    »Na, alles klar bei euch?« Norbert schlug Felix kumpelhaft auf die Schulter. »So geht’s uns Männern, gell. Immer müssen wir die Frauen bedienen. Das ändert sich übrigens nie, also gewöhn dich schon dran.«
    »Das Fräulein Verena, das Fräulein Diana und vor allem auch das Fräulein Mia werden ihre Aufgabe schön selbst erledigen. Der Herr Chris übrigens auch.« Bieninger hatte seine Ohren wirklich überall. Doch Norbert blinzelte uns zu. »Wenn’s euch gar nicht freut, dann werft mal einen Blick in den großen Karton ganz unten im Regal. Ich glaub, da ist noch was ganz Brauchbares drin.«
    Mit einem verschwörerischen Grinsen wandte er sich der nächsten Gruppe, den Quaks, zu. Mit Schadenfreude stellte ich fest, dass er sie zum Arbeiten antrieb. Wir hingegen holten uns heimlich unsere Pfeile und Bögen aus dem Karton. Bis auf Felix, der, die Zungenspitze in den Mundwinkel geschoben, eifrig schnitzte und knotete. Wie ein kleiner Junge. Ich erwischte mich bei dem Gedanken, dass er so versunken noch süßer als sonst aussah. Mia, vergiss es! Ihr habt euch nur beinahe geküsst, und das ist auch gut so! Außerdem bist du in David verliebt. Wieder musste ich an das bevorstehende Mitternachtsschwimmen denken und wurde ganz hibbelig bei dem Gedanken. Ich hatte das Gefühl, dass diese Nacht eine besondere Nacht werden würde.
    Als der Korb mit den Metallspitzen herumgereicht wurde, musste ich mich wieder aufs Hier und Jetzt konzentrieren. Die Spitzen sollten auf die Holzpfeile gesteckt werden, eine Arbeit, die sogar wir machen mussten. Felix unkte: »Oje, hoffentlich bricht dir dabei kein Nagel ab, Chris.«
    »Du magst ein Mann der Tat sein, ich bin nun mal einer des Geistes«, erklärte Chris und fügte großzügig hinzu: »Es muss wohl beides geben auf der Welt.«
    Das Schießen selbst machte viel mehr Spaß, als ich gedacht hatte. Und das, obwohl ich nicht mal den Rand der Scheibe traf. Dass Joe schoss und traf, als hätte sie in den sechzehn Jahren ihres Lebens nichts anderes getan, und dafür jede Menge bewundernde Blicke – ja, natürlich auch von David – erntete, nahm ich als gegeben hin. Es gab nun mal Menschen, die alles konnten, und es gab Menschen wie mich. Karma. Kismet. Was auch immer.
    Nachdem jeder seine fünf Versuche verbraucht

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