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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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auszuspucken.
    Ich hatte mehr mit diesem Jungen gemein als mit Zach, der beim Laufen die Knie hochzog und die Ellbogen im 90-Grad-Winkel gebeugt eng am Körper hielt. Keiner hätte Zach je als Freak bezeichnet.

NACHHER
    So fühlt es sich jetzt an.
    Leere.
    Taubheit.
    Nichts.
    Ohne Zach bin ich nichts. Ich bin nicht mal mehr die Hälfte von irgendwas, noch nicht einmal das Zwischending, das ich zuvor war. Weder Mädchen noch Junge noch schwarz noch weiß.
    Alles ist weg.
    Ich bin weg.

NACHHER
    Tayshawn zeigt uns das Spielfeld, wo er und Zach zum ersten Mal zusammen Ball gespielt haben, wo sie ihre ersten Körbe geworfen haben, dann den Platz im Park, wo sie sich zum ersten Mal gemeinsam besoffen haben. Er zeigt uns eine ganze Serie von ersten Malen.
    Es ist, als wollte Tayshawn uns damit sagen, dass Zach ihm gehörte. Dass wir ihn nie so gut kennen konnten wie er.

    Es ist mir egal. Ich weiß, dass er mehr zu den beiden gehört hat als zu mir. Sarah war – mit einigen Unterbrechungen – seit dem Beginn der Highschool mit ihm zusammen und Tayshawn und Zach kennen sich seit der dritten Klasse. Ich habe hier nichts zu suchen.
    Er zeigt uns eine kleine Höhle mitten in Inwood. Auch hier geht es um erste Male: mit den Mädels aus der Nachbarschaft Wahrheit oder Pflicht spielen und kiffen.
    Die Luft ist abgestanden und muffig. Ich rümpfe die Nase. Viele leere Bierflaschen und Kippen liegen herum.
    »Hat Stil«, sagt Sarah.
    Tayshawn lacht. »Du bist wahrscheinlich die Einzige von seinen Mädels, die er nie hierher gebracht hat.«
    Sarah erstarrt. Ich nicht. Ich bin noch nicht mal beleidigt, dass Tayshawn mich offensichtlich nicht zu Zachs Mädels zählt.
    Er setzt sich ein Stück vom Höhleneingang entfernt hin, wo noch genug Licht ist, dass wir uns gegenseitig sehen können, aber gleichzeitig weit genug weg, damit die Leute, die draußen auf dem Weg vorbeigehen, nicht merken, dass wir hier sind. Sarah kauert sich neben ihn und gibt sich Mühe, ihr Kleid nicht dreckig zu machen. Sie hält ihre Handtasche umklammert. Ich sitze mit überkreuzten Beinen auf Tayshawns anderer Seite und raffe den Rock vom Kleid meiner Mutter in meinen Schoß.
    »Ich fühle mich geehrt«, meint Sarah. »Offenbar hat er nur seine leichten Mädels hierher mitgenommen.«
    »Das solltest du auch.«
    »Mir hat er das hier nie gezeigt«, sage ich, obwohl wir zusammen hier vorbeigelaufen sind. Sarah wirft mir einen raschen Blick zu und schaut dann beiseite, und ich bedauere
sofort, dass ich das gesagt und damit eingestanden habe, dass ich auch eines von seinen Mädels war. Ich kenne keinen von beiden. Nicht wirklich. Ich bin nur hier, weil ich Zach vermisse.
    »Du und er …«, setzt Tayshawn an und starrt mich an.
    Sarah nickt. »Wie habt ihr zwei …?«
    Keiner von beiden kann sagen, was sie sagen wollen. Der Rahmen ihrer Frage ist zerbrochen.
    »Es ist einfach so passiert«, sage ich.
    Man hat mir diese Frage schon so oft gestellt, aber jetzt will ich sie endlich doch beantworten.
    »Irgendwie so. Wir waren beide im Park. Im Central Park, meine ich. Nicht hier. Wir haben gesagt: ›Hey, wie geht’s?‹ Wir kannten uns aus der Schule, aber dort haben wir nie miteinander gesprochen. Also haben wir angefangen zu reden. Wie sich herausstellte, sind wir beide gerne gelaufen, und so haben wir angefangen, zusammen zu laufen.«
    »Ihr seid wirklich zusammen gelaufen?«, fragt Sarah. »Du lügst nicht? Ich hab dich noch nie laufen sehen.«
    »Ich lüge nicht. Ich laufe gern. Wir sind zusammen gelaufen. Es war nicht dasselbe wie zwischen dir und ihm, Sarah. Echt. Er war nicht mein Freund.«
    »Was war er dann?«, fragt sie. »Für dich.«
    Tayshawn hebt die Hand. »Das geht uns nichts an, ja?«
    »Da bin ich nicht sicher«, sage ich. »Ich denke, es geht euch doch was an, oder? Du warst sein bester Freund. Und du warst seine Freundin. Die beiden Menschen, die ihn am besten kannten.«
    »Ich glaube nicht, dass ich ihn wirklich so gut kannte«, sagt Sarah. »Ich wusste nichts von dir.«

    »Meinst du, ich?«, bemerkt Tayshawn. »Aber ich dachte mir schon, dass irgendwas läuft. Seit ein paar Monaten. Er war nicht mehr so viel auf dem Platz. Das war mir aufgefallen. Hab ihn danach gefragt. Aber er meinte nur: ›Wie meinst du das? Da ist nichts.‹ Was meinen Verdacht nur noch verstärkt hat. Jetzt weiß ich es.«
    »Ich hatte nicht mal einen Verdacht«, sagt Sarah. »Ich hatte nicht die leiseste Ahnung.«
    » Wir sind vor allem gelaufen.« Ich entkreuze

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