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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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Leuten. Warum auch?
    Ich mache mich nur verrückt.
    »Hunde«, sage ich, obwohl es keine Hunde waren. Dieser seltsame weiße Junge war es.
    Tayshawn wischt sich die Augen und schleppt mich in ein dunkles Café, in dem es nichts außer Kaffee zu geben scheint: riesige Kaffeemaschinen und gigantische Kaffeesäcke überall. Als wir schließlich hinten drin sitzen und ihn kochend heiß schlürfen, wird der Duft so überwältigend, dass wir wie im Dunkeln darin umhertreiben.
    Tayshawn knipst die beiden Lampen rechts und links von uns aus. Je dunkler, desto besser.
    Hunde . Das also wollten die Bullen uns nicht verraten. Und deswegen war der Sargdeckel geschlossen. Zachs Leichnam war zerfetzt. Wie ein Beutetier.
    Ich nehme noch einen Schluck. Ich habe noch nie zuvor Kaffee getrunken. Der gehört auch zu den Dingen, die mir verboten sind. Ich glaube, er schmeckt mir.
    Hunde. Aber warum hat man uns dann überhaupt verdächtigt? Ich frage Tayshawn.
    »Der Autopsiebericht kam für die Polizei überraschend. Sie hatten gedacht, dass die Hunde …« Tayshawn hält inne, schluckt. »… sich hinterher über seine Leiche hergemacht hätten. Sie haben nicht gedacht, dass die Hunde selbst ihn getötet haben.«
    »Aber jetzt sind sie sicher, dass es Hunde waren?«, frage ich und nehme noch einen Schluck Kaffee. Ich spüre, wie
er meine Augen weitet und meine Wirbelsäule aufrichtet. Am liebsten möchte ich jetzt laufen. »Hat dir das dein Onkel erzählt?«
    »Ja. Er hat mich gestern Abend angerufen. Hunde. Kein Mord. Bald wird es die ganze Schule wissen.«
    Ich strecke die Hände aus und lege sie auf Tayshawns. Er zittert. »Wo?«, frage ich. »Wo hat man die Leiche gefunden? «
    »Im Central Park.«
    Das hatte ich gefürchtet. Zach tot und in Stücke gerissen an dem Ort, an dem wir die meiste gemeinsame Zeit verbracht haben.
    »Na ja«, sage ich, »dann lassen uns die Bullen jetzt wenigstens in Ruhe.«
    Tayshawn lacht gequält. »Keine Gerüchte mehr über Tayshawn, den Mörder.«
    »Den Scheiß hat doch sowieso keiner wirklich geglaubt«, sage ich, obwohl das nicht stimmt.
    »Gut, wenn du meinst. Spielt sowieso keine Rolle mehr. Weil die Gerüchte jetzt weg sind. Kein Mörder Tayshawn, keine Mörderin Sarah und keine Mörderin Micah. Nur ein Rudel Hunde.« Beim Wort Hunde versagt ihm die Stimme.
    Ich wünschte, ich könnte ihm erklären, dass es keine Hunde, sondern Wölfe waren. Ein einsamer Wolf. Aber die Polizei müsste den Unterschied doch eigentlich feststellen können, oder? Sind die Bissspuren von Wölfen nicht anders als die von Hunden? Ich würde jetzt gerne Yayeko fragen. Oder weiß die Polizei Bescheid? Dient die Geschichte mit den »Hunden« nur zur Tarnung?

    Tayshawn weint wieder. Ich drücke ihm die Hand. »Es ist echt heftig«, sage ich. Der Kaffee macht mich ganz schwindelig. Ich darf nichts mit Koffein drin zu mir nehmen. Das ist genau wie bei Alkohol. Wir wissen nicht, was mit mir passieren und was möglicherweise eine Verwandlung auslösen könnte. Kein Sex, keine Drogen, kein Alkohol. Kein gar nichts. So sehen das meine Eltern.
    Ich nehme noch einen extragroßen Schluck – nur aus Trotz. Je mehr ich trinke, desto besser schmeckt es mir. Bitter, aber nicht so schlimm, wie es riecht. Ich glaube, das Zeug lässt mein Blut schneller fließen.
    Ich muss diesen Jungen finden.
    Und dann?
    Ihn töten?
    Ich habe noch nie einen Menschen getötet.
    Und auch keinen Wolf.
    Ich muss mit den Oldies sprechen. Ich muss zu ihnen fahren.
    »Tut mir leid«, sagt Tayshawn. Seine Augen sind gerötet. »Ich stell mir immer vor, wie es gewesen sein muss. Hunde …«
    »Ja.«
    »Aber irgendwie ist es so besser, oder?«, sagt er. » Wenigstens ist Zach nicht ermordet worden. Ich hatte schon gefürchtet, dass …«
    Hatte er gefürchtet, dass ich es war oder Sarah oder sonst jemand, den er kennt? Aber das sagt er nicht. Ich habe die anderen nie verdächtigt. Ich glaube, ich hab schon immer gewusst, dass es dieser Junge war.
    »Oh Gott«, sagt Tayshawn. Er fasst sich an die Unterlippe
und zieht daran. Ich möchte ihn küssen. Ob es wohl falsch ist, jetzt an so was zu denken? Ich bin ziemlich sicher, dass er nicht überlegt, ob er mich küssen soll.
    »Hast du es Sarah schon erzählt?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ich wollte es tun. In der Mittagspause, weißt du? Aber dann hab ich euch erst kurz vor dem Klingeln gefunden.«
    »Und dann hast du uns das von Erin Moncaster erzählt? «
    »Komisch, was? Ich hab euch beide gesehen und hab’s

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