Luegst du noch oder liebst du schon Roman
interessieren.
»Die Sache ist die … ich würde gern wissen, ob wir gestern Nacht … also, ob wir … du weißt schon …« Mist, ich stottere herum wie der letzte Vollidiot, während Nina verärgert eine perfekt gezupfte Augenbraue hebt.
»Du willst wissen, ob wir miteinander geschlafen haben?«, fragt sie fassungslos.
»Äh, nein, das war es eigentlich nicht, was ich wissen wollte. So viel habe ich ja nun auch wieder nicht getrunken. Was ich aber unbedingt wissen muss - und hier tut sich in der Tat eine bedauerliche Erinnerungslücke auf: Haben wir ein Kondom benutzt?« Puh - nun ist es raus!
»Haben wir«, lautet die knappe Antwort.
Felsbrocken der Erleichterung rollen von meinem Herzen.
»Aber wie … wann …?«, frage ich nach, denn immerhin kann Nina viel behaupten, wenn der Tag lang ist. Sie wäre schließlich nicht die erste Frau, die vier Wochen später mit einem Ultraschallbild auf der Matte steht und Alimente einfordert. Was mir aber immer noch lieber wäre als mit einem HIV-Befund.
»Ich hatte ein Kondom dabei. In der Halterung meiner Strapse, schon vergessen?«
Stimmt! Ja! Ich erinnere mich vage. Dann hat Nina wohl recht und ich mal wieder enormes Schwein.
»Na, dann ist ja alles klar«, sage ich erleichtert und bin erst jetzt in der Lage, mein köstliches Sushi zu genießen. »Ich hoffe übrigens, du bist glücklich mit Carsten?!«
Nina nickt. Offenbar will sie dazu nichts sagen. Also wechsle ich das Thema. »Hast du Lust, mein nächstes Buch zu besprechen? Es geht um die Suche nach dem Partner fürs Leben«, frage ich und könnte mich gleichzeitig ohrfeigen, weil es so anbiedernd klingt. Mann, heute bin ich wirklich völlig daneben! Zeit, dass dieser Tag zu Ende geht!
Nina nickt wieder, diesmal gelangweilt.
»Wenn es besser ist als dein letztes … Du kannst mir ja die ersten Kapitel mailen. Ich schicke sie dann einigen Testpersonen und bitte sie um ihre Meinung. Wenn die positiv ausfällt, rezensiere ich dich.«
Habe ich da eben das Wort »Test« gehört? Verwirrt greife ich nach meinem Mineralwasser und kippe es in
einem Zug hinunter, während Nina ihre Stäbchen beiseitelegt.
»Wem willst du es denn geben?«, frage ich nach und habe zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, meine Stimme könnte zittern.
»Den entsprechenden Experten: einer Anthropologin, einer Soziologin, einem Therapeuten …«, - Schluck! Doch nicht etwa Carsten Baumann?! -, »… einigen Langzeit-Singles … Willst du noch mehr wissen?«
Ach, nein danke - der Druck ist auch so groß genug!
»Nein, schon in Ordnung. Ich muss den Anfang noch überarbeiten, bevor ich dir den Text schicke. Wäre nächsten Freitag okay?«
Nina nickt gelangweilt und wippt mit ihren brombeerfarbenen Sling-Pumps. Beinahe wortlos essen wir den Hauptgang und verzichten beide auf den Kaffee danach. Ich verlange die Rechnung und helfe Nina höflich in ihren leichten Sommermantel. Momentan kann ich es kaum erwarten, sie los zu sein. Entsprechend frostig fällt unser Abschied aus.
Als sie sich mit klappernden Absätzen Richtung Büro entfernt, kreisen meine Gedanken um die immer gleichen drei Fragen:
1. Meine Arbeit wurde bereits zweimal innerhalb kürzester Zeit kritisiert und soll nun sogar bei einem Experten-Team auf den Prüfstand kommen. Wie kann das angehen?
2. Warum um alles in der Welt wollte Nina gestern unbedingt mit mir schlafen, während sie mich heute
anscheinend nur langweilig und abtörnend findet? Da ich darauf keine Antwort weiß, liegt der Verdacht nahe, dass ich gestern als Liebhaber versagt habe …
3. Dominic ist sauer auf mich. Was kann ich tun, um bei ihm und Carla wieder zu punkten?
Gedankenverloren fahre ich Richtung Uhlenhorst und bin froh, als sich die Türe zu meiner geräumigen Wohnung hinter mir schließt. Soll ich mit meiner Arbeit anfangen oder besser Dominic anrufen? Ich entscheide mich für Letzteres und frage meinen Freund ganz direkt, was ich tun kann, um ihn versöhnlich zu stimmen.
»Begleite mich morgen an einen Ort, den ich hasse wie sonst nichts auf der Welt«, entgegnet er, und meine Gedanken schlagen Purzelbäume: Krankenhaus, Friedhof, Pathologie, Psychiatrie, Vorhof zur Hölle?
Mehr fällt mir auf Anhieb nicht ein. Worauf ich allerdings in meinen kühnsten Träumen nicht gekommen wäre, ist … Flohmarkt.
»Die Mädchen brauchen neue Klamotten«, stöhnt Dominic in den Hörer. »Wenn du mitkommst, kann ich Carla bestimmt davon überzeugen, dass wir uns kurz mit einem Kaffee
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