Luegst du noch oder liebst du schon Roman
motivieren? Zu zweit macht das Ganze sicher mehr Spaß.
Doch leider ist Karen nicht zu Hause - kein Wunder, es ist ja auch Pfingsten. Ich stopfe dennoch alles in blaue Müllsäcke, was Sammy und ich nicht mehr brauchen. Zur Motivation drehe ich das Radio laut auf, so entrümpelt es sich am besten. Um zwölf Uhr nachts habe ich schließlich alles zusammen, bin aber zu müde, die Kartons und die Tüten zum Auto zu schleppen.
Am Samstagmorgen bedanke ich mich als Erstes bei Petrus. Er lässt die Sonne scheinen und taucht alles in ein
freundliches Licht. Entsprechend gut gelaunt sind die Besucher des Flohmarkts und reißen mir die Sachen förmlich aus den Händen. Ich nutze die wenigen kurzen Pausen, um Leute zu beobachten. Heute sind viele Familien unterwegs, um Kleidung für ihre Kleinen zu kaufen. Beneidenswert, seufze ich innerlich und kassiere dann zwei Euro für eine von Sammys Jeans. Ich darf gar nicht daran denken, was die gekostet hat! Ich betrachte weiter die Leute, die an den Ständen herumstöbern, und dann fällt mein Blick auf einen vorbeieilenden attraktiven Typen.
Einen Moment lang bin ich verunsichert. Täusche ich mich, oder war das da eben der Alfa-Mann?
Reiß dich zusammen, Franca!, ermahne ich mich. Offenbar bin ich schon so mannstoll, dass ich halluziniere. Das kann ja heiter werden am Sonntag!
8
Risiken und Nebenwirkungen
OLIVER KRAMER -
DONNERSTAG, 20. MAI, BIS SAMSTAG, 22. MAI
O mein Gott!
Müde und benommen setze ich mich im Bett auf. Mein Schädel brummt, meine Gedanken fahren Karussell. Habe ich wirklich letzte Nacht im Gästezimmer der Petrocellis mit Nina geschlafen? Mit Nina, meiner Ex-Affäre und Freundin von Dominics Kollegen? Wie konnte das passieren?
Bevor ich jedoch mit der genauen Situationsanalyse beginne, muss erst mal ein Kaffee her. Und zwar rapido!
Ich tappe barfuß in die Küche und fülle im Halbschlaf Wasser in meinen Herdkocher. Sosehr ich mich auch dagegen wehre, es ziehen immer wieder Bilder meines ungeplanten Quickies herauf: Nina in ihren sexy Dessous, Ninas volle Lippen, ihre rosa Zunge, die an meinem Körper hinabgleitet, ihre prallen Brüste, ihr knackiger Po.
Du bist so ein Idiot! Ein schwanzgesteuerter, dämlicher Idiot!, beschimpfe ich mich, während ich Espressopulver in den silbernen Einsatz häufe. Ich kann von Glück
sagen, dass Carsten Baumann offenbar total vertieft war in das Gespräch mit einem potenziellen Patienten und nicht bemerkt hat, dass seine Freundin und ich für eine gute halbe Stunde wie vom Erdboden verschluckt waren. Während er ein Loblied auf die Errungenschaften der tiefenpsychologischen Gesprächstherapie sang, vögelten Nina und ich uns nebenan die Seele aus dem Leib.
Ich starre auf den Herdkocher. Als sich das dunkle, heiße Gebräu laut zischend seinen Weg nach oben bahnt, denke ich, ich hätte besser die Finger von dieser Aktion lassen sollen. Grundsätzlich habe ich natürlich überhaupt kein Problem mit derartigen Vergnügungen. Sie sind gut für die Psyche, fürs Immunsystem und - ja, ich gebe es zu - auch fürs männliche Ego. Aber wenn es dabei um eine Frau geht, deren fester Freund der Kollege meines besten Freundes ist … Ich bete zu Gott, dass Carsten und Dominic nichts von der Sache mitbekommen haben.
Verkatert und von mir selbst genervt ziehe ich mich mitsamt Espresso und einer Handvoll Cantuccini in mein Bett zurück.
Je länger ich über diesen Quickie nachdenke, desto mehr wundere ich mich über Ninas Outfit und ihr Verhalten.
Kennengelernt habe ich sie als leicht alternative, toughe Journalistin mit einem Faible für Hosenanzüge. Wieso taucht sie also plötzlich auf einer harmlosen Geburtstagsparty in Ottensen im kleinen Schwarzen und auf Fünfzehn-Zentimeter-High-Heels auf? Und seit wann ist
es für sie moralisch vertretbar, die Brust eines anderen Partygastes abzulecken, während ihr Freund sich nebenan an einem Schüsselchen roter Grütze labt? Hat sie mir nicht pausenlos Vorträge darüber gehalten, Untreue sei in einer Beziehung ein absolutes No-go? Ich bin schlichtweg ratlos.
Doch allmählich weicht die Ratlosigkeit und wird zu Wut und schließlich Gleichgültigkeit. Im Grunde genommen ist gar nichts passiert. Wir sind zwei erwachsene Menschen, und wenn überhaupt einer von uns ein moralisches Problem hat, dann Nina. Schließlich bin nicht ich derjenige, der seinen Partner betrogen hat, sondern sie.
Nachdem mein Verstand sich halbwegs aufgeklart hat und ich meine Souveränität
Weitere Kostenlose Bücher