Luegst du noch oder liebst du schon Roman
verliebt.
Ich werde mir tatsächlich eine Auszeit nehmen, um in Ruhe darüber nachzudenken, wohin meine berufliche Reise in Zukunft gehen soll. Und ich werde Franca Peters fragen, ob sie Lust hat, mich zu begleiten.
Nicht auf die berufliche Reise. Aber vielleicht nach Italien, Südfrankreich, nach Mallorca oder Korsika. Egal!
Zu meinem Glück erreiche ich Franca. Sie ist bereits nach dem zweiten Klingeln am Apparat.
»Lust auf einen kleinen Trip in den Süden?«, frage ich, in der Hoffnung verführerisch zu klingen. »Italien, Frankreich, Spanien, such dir was aus. Hauptsache Sonne, Hauptsache Ruhe und Hauptsache bald.« Am anderen Ende der Leitung ist es still, zu still für meinen Geschmack.
»Franca? Bist du noch dran?«, frage ich vorsichtig. Vielleicht bin ich in meinem Überschwang doch zu sehr mit der Tür ins Haus gefallen?
»Ja, bin ich. Ich bin nur … verwirrt. Wie kommst du denn auf so eine verrückte Idee?«
Ich erkläre kurz, dass ich eine Auszeit von meinem Autorendasein brauche und Sonne tanken möchte.
»Aber wir kennen uns doch kaum. Wie stellst du dir das vor?«
»Ich würde es schön finden, wenn du dir freinimmst, deine Koffer packst und zur entsprechenden Zeit am Flughafen bist«, antworte ich scheinbar gleichmütig, während mein Herz schneller schlägt. Ich war noch nie länger als zwei Tage am Stück mit einer Frau zusammen (von einer Ausnahme mal abgesehen), geschweige denn gemeinsam im Urlaub.
»So verführerisch der Vorschlag auch klingt, aber ich kann hier nicht weg. Ich bin da gerade an … so einer Sache dran … die ich neu beginne. Und was willst du in dieser Zeit eigentlich mit Lucia machen? Du kannst sie
doch nicht länger als zwei Tage bei Dominic und Carla unterbringen.«
Ach herrje, dass ich aber auch immer meine imaginäre Tochter vergesse.
»Apropos Tochter, wo wir gerade beim Thema sind …«, hebe ich an, um endlich zu beichten. Ich hole tief Luft und bin bereit.
Da klingelt es bei Franca an der Tür.
»Oliver, es tut mir leid, aber ich erwarte Besuch. Kann ich dich zurückrufen?«
»Ja, klar. Bis dann!« Was kann ich auch anderes sagen? Enttäuscht lege ich auf. Da will man mal spontan, romantisch und vor allem ehrlich sein, und dann so was.
Mit einem Schlag wird mir klar, dass ich von einem Moment auf den anderen null und gar nichts zu tun habe. Mein Buch muss ich jetzt nicht mehr schreiben, und ich habe weder Frau noch Kinder zu bespaßen oder zu versorgen. Plötzlich fühlt sich die Freiheit, die soeben noch verlockend war, gar nicht mehr so toll an … Binnen Sekunden ist mir langweilig.
Was soll ich denn den Rest des Tages bloß machen?
Momentan habe ich nicht einmal Lust, mögliche Reiseziele zu recherchieren, weil Franca nicht so klang, als würde sie mich begleiten können.
Oder wollen.
Das ist natürlich ein großer Nachteil an viel beschäftigten Karrieremenschen. Sie sind nonstop busy, und wenn sie verreisen, dann aus geschäftlichen Gründen.
Hmmpf.
Beschämt denke ich an Lauren, eine bildhübsche Amerikanerin,
mit der ich immerhin fast drei Jahre liiert war. Da war ich Ende zwanzig, in einer Zeit, in der zumindest ein Teil von mir sich nach echter Partnerschaft sehnte. Lauren war hauptberuflich Tochter aus reichem Hause und ursprünglich nur für ein paar Monate in Hamburg, um in die PR-Abteilungen der örtlichen Museen hineinzuschnuppern, die Daddy regelmäßig mit großzügigen Spenden unterstützte. Daddy machte in Rindern und Öl und war stinkreich. Lauren somit ebenfalls, was dazu führte, dass wir alles in allem eine echt nette und unbeschwerte Zeit hatten.
Einziger Haken: Ich war für ihren Geschmack zu sehr beschäftigt.
Nach meinem Psychologiestudium hatte ich nämlich begonnen, Artikel für Fachzeitschriften zu schreiben, und baute außerdem mit Dominic eine Therapiepraxis auf. Und während ich vor mich hin schrieb und baute, langweilte sich Lauren. Irgendwann hatte sie die Museen durch und sämtliche Edel-Boutiquen leer geshoppt. Und schließlich zog sie von ihrem schicken Hotel an der Alster in mein nicht minder schickes Loft an der Alster, das ich mir in Erwartung guter Einnahmen geleistet hatte. Das Ende meiner beruflichen Zusammenarbeit mit Dominic und meiner Liebesbeziehung mit Lauren fielen auf den Tag genau zusammen. Der Grund: unüberbrückbare Differenzen.
Im Fall von Lauren bestanden sie darin, dass ich mich engagierte, um vorwärtszukommen, und sie den lieben langen Tag über meinen Zeitmangel und angebliche
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