Luegst du noch oder liebst du schon Roman
Verlust unserer Stimme riskieren, die ich allerdings morgen brauche, weil ich einige wichtige Telefonate mit Redakteuren führen muss. Während ich am Strohhalm sauge, streichelt Oliver meinen Arm. Ich fühle mich schlagartig wie in meinen besten Teenie-Zeiten in der Disco, und mich überlaufen wohlige Schauer. Ob er mich jetzt gleich küsst?
Doch leider tut Oliver nichts dergleichen. Im Gegenteil: Er zieht seine Hand wieder zurück und sieht plötzlich aus, als hätte er ein Gespenst gesehen.
»Was für ein Zufall!«, ruft ein sympathisch aussehender Typ, steuert direkt auf uns zu und klopft Oliver auf die Schulter. »Das ist dann also Amelie, nicht wahr?« Lächelnd mustert er mich von oben bis unten.
Wer, zum Teufel, ist das? Und wieso denkt er, ich sei Amelie?
Oliver wirkt schlagartig nervös, und ich fühle mich unbehaglich. Was bitte läuft hier gerade?
»Ich bin übrigens Dominic, Olivers bester Freund«, stellt sich der Unbekannte vor und schüttelt mir die
Hand. Im ersten Moment freue ich mich, doch dann bin ich irritiert.
»Und wer passt auf Lucia auf?«, frage ich.
In diesem Moment sieht Oliver aus, als hätte ich ihm einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet …
16
Das ist jetzt nicht wahr, oder?
OLIVER - DONNERSTAG, 3. JUNI
Uff, das ist ja gerade noch mal gut gegangen, denke ich morgens beim Rasieren. So eine Lügengeschichte bedarf echt vollster Aufmerksamkeit und Planung, wer hätte das gedacht? Wie hat Münchhausen das nur damals auf die Reihe gekriegt?
Hätte Dominic gestern Abend nicht so geistesgegenwärtig reagiert und behauptet, dass Lucia bei ihm zu Hause schläft und Carla die Stellung hält, wäre ich geliefert gewesen. Und das alles nur, weil er mich ursprünglich von Amelie loseisen wollte und es dann zu dieser Verwechslung kam.
»Hey, Sportsfreund, cooles Reaktionsvermögen, du hast was gut bei mir«, schmettere ich in den Hörer, als ich Dominic anrufe, um ihn für seine Geistesgegenwart zu loben.
»Danke für das Kompliment«, erwidert er, klingt jedoch nicht besonders freundlich. »Eigentlich will ich mich ja gar nicht einmischen, aber ich finde wirklich, dass du endlich mit Franca reden solltest. Sie scheint eine klasse Frau zu sein, und noch hast du die Chance,
halbwegs glimpflich aus der Sache herauszukommen. Damit eins klar ist: Ich habe keine Lust, von nun an ständig für dich zu lügen, nur damit du nicht auffliegst.«
»Aber das verlange ich gar nicht. Das gestern war wirklich eine absolute Notsituation. Im Grunde hättest du mir wegen Amelie gar nicht beistehen müssen …«
Stimmt doch! Eigentlich brauchte Dominic nur eine Ausrede, um Freigang zu kriegen, weil er gerade wieder einen Familienkoller hat. Als ich ihn vom Italiener aus anrief, weil ich so kurz davor war, Amelies Verführungskünsten zu erliegen, hat er sofort angeboten, vorbeizukommen und mich zu retten.
»Weißt du, Oliver, was ich auch nicht verstehe …«
Mhm, was kommt denn jetzt? Muss Dominic Gründlich allein schon wegen seines Namens immer allem auf den Grund gehen?
»Wenn du eine so tolle Frau wie Franca an der Angel hast, weshalb rufst du mich dann an, um mir zu sagen, dass du drauf und dran bist, etwas mit einer anderen anzufangen?«
Das habe ich mich auch schon gefragt.
»Ich finde, es ist allmählich an der Zeit, deiner Promiskuität ins Auge zu schauen und sie behandeln zu lassen. Das grenzt ja schon an Sexsucht!«
Und ich finde, Dominics Aussage grenzt an UNVERSCHÄMTHEIT!
»Du spinnst! Wieso bin ich auf einmal sexsüchtig? Ich war sauer auf Franca, weil sie mich belogen hat, und wollte sie nicht mehr wiedersehen. Somit war ich technisch
und emotional gesehen Single. Als Single kann ich tun und lassen, was ich will. Und wenn eine heiße Frau wie Amelie mir den Erotikhimmel auf Erden verspricht, kann ich einfach nicht anders.«
Äh, das klingt wirklich, als hätte ich nichts anderes als Sex im Kopf …
»Aber warum triffst du dich dann überhaupt mit Franca, wenn du angeblich so sauer auf sie bist und nichts mehr mit ihr zu tun haben willst?«
Jetzt wird Dominic wirklich spitzfindig!
»Keine Ahnung …«, stottere ich, »… das war wie ein Reflex, oder Magnetismus. Wie ein magnetischer Reflex. Ich habe Franca gesehen und ihr sofort alles verziehen. Außerdem war ich doch auch nicht ehrlich zu ihr, das darf man schließlich nicht außer Acht lassen.« Obwohl ich Dominic jetzt nicht sehen kann, weiß ich, dass er grinst. »Es ist einfach so über mich gekommen. Keine
Weitere Kostenlose Bücher