Luegst du noch oder liebst du schon Roman
Rosenquarz zu kaufen. Er scheint zu rufen: Nimm mich mit!
Als ich mich von Samira verabschieden will, ist sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.
»Ist die Dame, mit der ich mich gerade unterhalten habe, schon gegangen?«, frage ich verwundert zwei Angestellte, die sich im Eingangsbereich unterhalten.
»Welche Dame?«, antworten beide wie aus einem Mund.
Ich bin irritiert. Wo ist Samira abgeblieben? Kopfschüttelnd verlasse ich die Buchhandlung.
Zu Hause lege ich meine Kostbarkeiten auf den Nachttisch und denke an Samira, bei der ich mich gern für ihre Mühe bedankt hätte. Doch womöglich war sie eine Art Verkaufsköder oder ein Engel, der mir einen neuen Weg in ein erfüllteres Leben weisen sollte, einem Leben für die Liebe.
Mit einem Mal fühle ich mich erschöpft und lege mich
aufs Bett. Vielleicht liegt es an den Räucherstäbchen, vielleicht an den gewichtigen Themen, mit denen ich mich künftig zu beschäftigen gedenke. Gähnend lege ich meine neue CD in den Mini-Player auf dem Nachttisch und lausche den Klängen der Sitar-Musik.
Als eine angenehme weibliche Stimme mir im Flüsterton anbietet, mich auf eine vierzigminütige Trance-Reise mitzunehmen, murmle ich schläfrig: »Gern!«
Und dann bin auch schon im Reich der Träume.
Dort treffe ich Samira, die plötzlich Flügelchen auf ihrem Rücken trägt und auf etwas deutet, das zunächst verschwommen ist.
Doch dann erkenne ich es deutlich: Es ist Franca, die mir lächelnd zuwinkt.
25
Schlafende Hunde weckt man nicht
FRANCA PETERS - DONNERSTAG, 17. JUNI
»Ja, ich weiß, das Lipgloss in Tiegeln ist nicht wirklich der Hit, aber Pure-Nature hat noch andere …«
Leider lässt die Beauty-Redakteurin der Glam-Style mich gar nicht ausreden, sondern empfiehlt mir barsch, mich erst wieder zu melden, wenn ich »etwas Vernünftiges« anzubieten habe.
Ich sitze schwer atmend an meinem Schreibtisch und koche vor Wut. Da schleppe ich mich halb krank ans Telefon, um meinen Job als PR-Frau zu machen, und werde nur angeblafft. Man sollte meinen, dass Redakteurinnen einen höflicheren Umgangsstil pflegen. Schon mal was von weiblicher Solidarität gehört?
Was mich allerdings noch mehr ärgert als der raue Ton, ist die Tatsache, dass sich Pure-Nature im letzten Jahr in Hinblick auf die Produktqualität tatsächlich verschlechtert hat. Vielleicht sollte ich wirklich einmal mit Ingrid Arnold sprechen?! Sie ist allerdings nicht unbedingt der Typ Frau, der für Kritik empfänglich ist. Da müsste ich schon einen schwierigen Drahtseilakt zwischen Vorsicht und Ehrlichkeit vollführen …
»Arnold«, meldet sich die spröde Stimme meiner Chefin am anderen Ende der Leitung. »Ach, Franca, Sie sind’s! Geht es Ihnen denn wieder besser?«
Ich antworte, dass ich mich noch etwas schlapp fühle, aber dennoch versuche, so gut es geht, meine Arbeit zu machen. »Ich wollte Sie darüber informieren, dass sich die Beauty-Ressorts extrem schwer mit den neuen Produkten tun«, beginne ich mit klopfendem Herzen. »Die Idee, das Lipgloss plötzlich in Tiegeln anzubieten, kommt weder bei den Kundinnen noch in den Redaktionen gut an, auch wenn die Töpfchen wirklich hübsch aussehen. Das Gesichtspeeling und die Feuchtigkeitsmaske riechen bedauerlicherweise sehr streng, und von den Hüllen der neuen Lippenstifte blättert die silberne Farbe ziemlich schnell ab«, erkläre ich.
Ingrid Arnold schweigt, und ich ringe mit mir, ob ich die Liste mit meinen Kritikpunkten fortführen oder lieber die Klappe halten soll.
»Sind Sie jetzt fertig?« Ihre Stimme ist eisig.
»Äh, ja«, stammle ich.
»Haben Sie die Damen von Glam-Style und Co. denn darauf hingewiesen, dass unsere Produkte regelmäßig Spitzenwerte bei Ökotest erzielen?«
»Aber natürlich«, beeile ich mich zu versichern. Außerdem wissen die das auch ohne mein Zutun. Wozu gibt es schließlich Branchenpresse? »Doch wäre es meiner Ansicht nach für Pure-Nature von Vorteil, wenn wir unsere hervorragenden Produkte und praktischen Verpackungen mit zeitgemäßem Design und schönen Düften kombinieren würden.«
»Und wer soll das bezahlen?«
»Äh, keine Ahnung. Was ist denn mit dem Kosmetikriesen, der neulich daran interessiert war, uns zu kaufen?«
»Das geht Sie gar nichts an!«
Hoppla, wie redet die Frau denn auf einmal mit mir? Nur weil ich PR-Angestellte auf Teilzeitbasis bin, bedeutet das noch lange nicht, dass man mich mit Füßen treten darf!
»Ja dann, äh, Frau Arnold, würde ich vorschlagen,
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