Luegst du noch oder liebst du schon Roman
Rücken beinahe durchbricht. Dummerweise habe ich das Gewicht der Picknick-Utensilien unterschätzt, weil ich normalerweise alles mit dem Wagen transportiere.
»Komm, ich helf dir!«, bietet Franca an, schiebt ihre zarte Hand neben meine und umfasst den weißen Plastikgriff.
Fünf Minuten später sind wir an Bord der Elbfähre, zusammengequetscht mit zahllosen anderen Passagieren, die sich ebenfalls zur Strandperle, den Restaurants in Neumühlen oder den Beach-Clubs schippern lassen.
Neben uns zieht der Mississippi-Dampfer vorbei.
»Geht’s dir gut?«, frage ich, weil Franca bislang noch kaum einen Ton gesagt hat.
»Ja, alles bestens. Und dir?«
»Ich kann nicht klagen.«
»Na, dann ist’s ja gut«, lacht Franca und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Toll sieht sie aus, aber irgendwie schmaler, als ich sie in Erinnerung habe. Der berufliche Stress scheint ihr auf den Magen geschlagen zu haben.
Nachdem wir den Fischmarkt und die Docklands passiert haben, steigen wir an der Haltestelle Museumshafen aus. Von dort müssen wir allerdings noch ein Stück zu Fuß gehen, bis wir nahe des Strandperlen-Kiosks ein freies Plätzchen finden.
»Da wären wir«, pruste ich schließlich erleichtert und suche wegen der vielen Hunde vorsichtshalber den Elbsand ab, bevor ich meine (ebenfalls neue) Picknickdecke ausbreite.
»Puh, fast so warm wie auf Mallorca«, stimmt Franca mir zu, und ich beobachte amüsiert, wie sich ein feiner Schweißfilm über ihrer Oberlippe bildet. Sehr sexy!
»Lass uns den Champagner öffnen, dann stoßen wir darauf an, dass wir es endlich geschafft haben, uns zu treffen. Ich hatte schon befürchtet, wir sehen uns nie mehr wieder.«
Mit einem sanften Plopp löst sich der Korken aus dem Veuve Cliquot.
»Also dann: auf unser Wiedersehen«, sagt Franca und gibt mir einen Kuss, der mir augenblicklich die Sinne schwinden lässt. Allein dafür hat sich die ganze Schlepperei gelohnt!
»Hast du deine beruflichen Probleme in den Griff bekommen?«, frage ich, nachdem wir uns schwer atmend aus unserer Umarmung gelöst haben. »Was war denn eigentlich genau los?«
Franca nascht von den Oliven, die ich in einem Schälchen auf die Picknickdecke gestellt habe, und sieht nachdenklich aus.
»Es gibt Ärger mit meiner Vorgesetzten bei Pure-Nature-Cosmetics. Die neuen Produkte haben allesamt irgendwelche Macken oder Nachteile und kommen bei den Beauty-Redaktionen nicht besonders gut an. Da tue ich mich natürlich extrem schwer damit, PR-Beiträge zu platzieren. Leider betrachtet Frau Arnold meine Kritik aber als persönlichen Affront, anstatt meine Verbesserungsvorschläge aufzugreifen.«
»Also hast du welche?«, frage ich nach.
»Natürlich. Doch Frau Arnold argumentiert damit, es sei alles viel zu teuer, auch wenn ich persönlich glaube, dass Veränderungen eher eine Frage des Willens und der Kreativität sind.«
»Und was willst du jetzt tun? Den Job wechseln?«
Ich denke an meinen Verlag und die Schwierigkeiten mit dem neuen Buch. Manchmal stehen die Zeichen eben auf Veränderung!
»Das würde ich gerne tun, aber ich trage schließlich Verantwortung für … äh, für … mich, und außerdem ist es nicht leicht, in diesem Metier auf die Schnelle etwas anderes zu finden.«
»Muss es denn unbedingt die Kosmetikbranche sein, oder könntest du auch auf andere Bereiche umsatteln?«, frage ich. Eine intelligente und eloquente Frau wie Franca wäre bestimmt sehr gut dafür geeignet, für einen Verlag Rezensionen zu lancieren oder Buchpremieren zu organisieren.
»Könnte ich auch. Die Prinzipien sind immer dieselben. Die wichtigste Voraussetzung - zumindest für mich - ist, dass ich hinter dem Produkt stehe, das ich bewerbe.«
»Wenn du willst, frage ich bei Rannenberg & Gruber nach, ob die eventuell Bedarf haben«, schlage ich vor, doch ich sehe an Francas Gesichtsausdruck, dass ihr das nicht recht ist.
»Das ist wirklich lieb von dir,« sagt sie und gibt mir einen Kuss. »Aber ich suche mir meine Jobs lieber selber. Außerdem gebe ich die Hoffnung noch nicht auf, dass Frau Arnold es sich anders überlegt. Sie muss schließlich darauf reagieren, dass von Pure-Nature so gut wie gar nichts mehr besprochen wird.«
»Okay, dann lass uns lieber den schönen Abend genießen, anstatt weiter Probleme zu wälzen«, antworte ich.
Die nächsten drei Stunden vergehen wie im Flug. Wir knutschen, schmusen, und zwischendurch naschen wir immer wieder von den Leckereien aus der Kühltasche und leeren
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