Luftschlösser
Wortlaut gewehrt haben.”
„Sie meinen also, ich sollte den Vertrag unterschreiben?”
„Aber sicher, am besten sofort! Ich kümmere mich um alles Weitere. Ganz ehrlich - wenn Sie nicht unterschreiben, sind Sie ein Riesentrottel. Nicht einmal ich würde auf einen solchen Deal verzichten.”
Auf Selbys ewiges „Aber sicher” konnte man nichts geben, das wusste Charles. Der alte Knabe brachte diese Zustimmung immer, wenn ihm etwas gefiel. Dass er ihm jedoch ausdrücklich zu einer Unterschrift riet, war weitaus überzeugender. Schließlich kassierte die Kanzlei gutes Geld dafür, ihn in Rechtsfragen anständig zu beraten.
„Ich entnehme dem Vertrag, dass Ihre Bekannte Persephone deWinter ist”, riss Selby Charles aus seinen Gedanken.
„Das ist richtig.”
Der Anwalt zog die Augenbrauen hoch. „Ah, das ist doch diese hoch gewachsene Schönheit mit den kalten Augen. Kennen Sie sie gut?”
Eine treffende Beschreibung. Und eine, die Charles betrübte, weil er Sephi nicht auf diese Art sehen wollte. Nein, falsch. Nicht sehen konnte . Das traf es besser.
„Das habe ich, ja. Früher zumindest. Wir haben uns nach meinem Umzug nach Toronto aus den Augen verloren. Ich habe sie kennen gelernt, als sie zwei Wochen alt war. Man könnte also sagen, dass wir beinahe wie Geschwister aufgewachsen sind.”
Selby nickte anerkennend. „Das erklärt schon mal, weshalb sich Bloomsdale zu diesem Vertrag hat zwingen lassen. Man sagt, Miss deWinter sei eine sonderbare Person - unnahbar und so kalt, dass man sich an ihr Frostbeulen holen könnte. Es heißt, ein paar Männer der besseren Gesellschaft hätten im Laufe der Jahre versucht, sie zu erobern, weil sie geglaubt haben, eine zweite Grace Kelly vor sich zu haben. Sie wissen schon - nach außen hin kalt wie ein Gefrierschrank, innen drin aber ein brodelnder Vulkan.” Der Anwalt schmunzelte in sich hinein.
„Mit welchem Ergebnis?”, frage Charles der Ordnung halber; er kannte das Ergebnis bereits.
„Sie haben sich allesamt Frostbeulen geholt.” Selby unterstrich seine Worte mit einer ausholenden Geste.
Charles lächelte höflich. Amüsieren konnte er sich darüber nicht, dass Männer ausgerechnet Persephone für ihre Trophäensammlung wollten, um vor ihren Freunden mit der Eroberung anzugeben. Aber bei ihm war es doch etwas ganz anderes. Schließlich waren sie seit ewigen Zeiten miteinander befreundet. Sollte ihr Verhalten bedeuten, dass sie ihn mit den anderen Männern auf eine Stufe stellte und ihn deshalb mied?
***
Für Charles Manning blieb damit weiterhin eine Frage offen: Weshalb hatte Persephone ihn nicht persönlich nach seiner Zustimmung gefragt? Diese Frage begleitete ihn durch die Nachspeise samt europäischem Eiswein (Selby als alter Feinschmecker hatte darauf bestanden, dass Charles den bestellte), während der Plauderei mit seinem Anwalt und auf dem Weg zurück in sein Hotel. Er hatte beschlossen, kein Taxi zu nehmen und stattdessen zu laufen. Ein kleiner Spaziergang würde vielleicht dabei helfen, eine Antwort zu finden und gleichzeitig den gehaltvollen Wein aus seinem System zu vertreiben. Da es für Ende Juni unanständig heiß war, begegneten ihm überall stämmige Mädchen und Frauen, die sich in zu enge Shirts und zu kurze Hosen gezwängt hatten, Männer mit labbrigen Shorts und Touristen, die auf ihrer Großstadtsafari wadenlange Cargohosen und weiße Socken in Sportsandalen für angebracht hielten. Wenn ihm mit seinem eher durchschnittlichen Modeverstand dieser Anblick schon nicht gefiel, wie musste sich das dann erst für jemanden wie Persephone mit ihrem ausgesuchten Geschmack anfühlen?
Dieser Gedanke brachte ihn wieder zu seiner eigentlichen Frage zurück. Warum hatte sie einen Brief einer persönlichen Unterhaltung vorgezogen? Wie auch immer Charles es drehte und wendete, er sah ein, dass er die Antwort darauf nur bei ihr selbst finden konnte. Doch wie stellte man diese Frage, ohne dabei anzuecken? Immerhin bezeichnete sogar sein Anwalt die Vereinbarung als Geschenk an Charles. Einfach mit der Tür ins Haus fallen? Verschämt herumdrucksen? Es dauerte Stunden, bis er glaubte, den richtigen Einstieg in ein solches Gespräch gefunden zu haben. Als er endlich bereit war, ließ er sich seinen Wagen bringen und fuhr selbst zum Haus der deWinters.
Edward öffnete erst nach dem dritten Klingeln die Tür.
„Junge, hast du mal auf die Uhr geschaut? Um diese Zeit erwarte ich eigentlich keinen unangemeldeten Besuch mehr.”
„Tut
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