Luftschlösser
Tür war nur angelehnt. Direkt nachdem er sie geöffnet hatte, wäre er am liebsten sofort wieder umgekehrt, doch Persephones Anblick ließ ihn innehalten. Nur einen Moment später siegte seine Neugier über sein Taktgefühl. Sie lag auf ihrem Bett, umgeben von Katalogen und Notizblöcken, und schlief. Offenbar war sie bei der Arbeit eingenickt und Prokofjew hatte ein Übriges dazugetan. Durch seine Arbeit als PR-Agent für allerlei Promis hatte er viele schöne Frauen kennen gelernt. Die meisten waren hauptsächlich äußerlich schön gewesen und das auch nicht immer von Natur aus. Nur einige wenige besaßen sogar innere Schönheit. Bei keiner dieser Frauen hatte er jemals dieses überwältigende Gefühl empfunden, das ihn in diesem Moment überkam. Persephone deWinter war, wie ihre Mutter vor ihr, für ihn der Inbegriff von Schönheit. Ihr langes Haar lag aufgefächert auf dem Kissen um ihr Gesicht herum, ganz so, als hätte ein Setdesigner vom Film diese Pose arrangiert. Ungeschminkt war sie fast durchsichtig blass - ein reizvoller Gegensatz zu ihrem perfekten Make-up in der Öffentlichkeit. Das galt auch für ihre Kleidung - graumelierte Jerseyhosen und das passende Shirt, beides eng anliegend und aus ziemlich dünnem Stoff. Unter dem Shirt zeichneten sich ihre Brüste sehr deutlich ab - voll, rund und mit leicht aufgerichteten Brustwarzen. Obwohl seine Erziehung und seine Diskretion Charles befahlen, sich sofort und möglichst lautlos aus dieser Wohnung zu entfernen, setzte er sich in den Korbsessel, der an der Wand, schräg gegenüber ihres Bettes, stand und betrachtete die schlafende Frau, während Romeo und Julia in der Suite ihrem Ende entgegen gingen. Er hätte viel dafür gegeben, zu wissen, wovon Persephone träumte. Sie bewegte sich kaum, gab aber immer wieder Laute von sich, die einem gehauchten Stöhnen glichen, dabei befanden sich ihre Brustwarzen in verschiedenen Stadien der Erregung, mal sichtbar aufgerichtet, mal entspannt und unsichtbar unter dem dünnen Stoff ihres Oberteils verborgen.
Als Kind hatte er sie immer mit ihrem Namen aufgezogen, hämisch gemeint, sie sähe eher nach einer Bonny oder Bessy aus als nach einer Persephone. Jetzt, als erwachsener Mann, konnte er seine eigenen Gemeinheiten nicht mehr nachvollziehen. Wenn jemand nach einer Persephone aussah, dann diese Frau. Charles dachte an die griechische Sage - Göttin der Unterwelt, Tochter des Zeus und der Demeter, von Hades geraubt und nur an zwei Dritteln des Jahres an die Erdoberfläche gelassen. Edward hatte einen wirklich eigenwilligen Geschmack bewiesen, als er seine Tochter ausgerechnet nach dieser Göttin benannt hatte. Und Inger, ihre Mutter, hatte die Größe gehabt, ihren Mann gewähren zu lassen.
Die Bilder aus ihren gemeinsamen Tagen zogen an seinem inneren Auge vorüber und vermischten sich mit Bildern, die nie in der Realität existiert hatten, Fantasien, die er bis jetzt unter Verschluss gehalten hatte, weil sie einfach zu absurd waren - seine Hände auf jedem Zentimeter ihres Körpers, sein Mund auf ihrem, er, wie er auf ihr lag und sie liebte. Charles fühlte, wie das Blut erst in seine Wangen, dann in einen anderen Körperteil schoss, erhob sich hastig und trat schnell den Rückzug aus Persephones Wohnung und dem Haus ihres Vaters an.
In der Dunkelheit seines Autos musste er sich zwei Einsichten geschlagen geben. Die erste war die, dass seine Hände so arg zitterten, dass er unmöglich sofort losfahren konnte. Die zweite war, dass er falsch gelegen hatte, ganz furchtbar falsch. Seit seiner Rückkehr hatte er geglaubt, sich einfach das unbeschwerte Familienleben mit seinen Eltern und den deWinters zurück zu wünschen. Jetzt wurde ihm schlagartig klar, dass er nicht die Frank Lloyd Wright-Sandburgen und das kleine Mädchen zurück wollte. Er wollte die Frau, zu der das Mädchen geworden war. Charles schnaubte in einem freudlosen, verächtlichen Lachen auf. Wenn das keine Ironie war! Ausgerechnet der Frau, die er früher ausgelacht hatte und von der er nie im Leben geglaubt hatte, dass sie mehr als eine kleine Schwester für ihn sein könnte, wollte er jetzt an die Wäsche. Der Frau, die er nicht haben konnte. Es würde ihn unglaubliche Anstrengung kosten, sich diesen einen Wunsch aus dem Kopf zu schlagen.
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„Darren Bower hier. Guten Morgen, Miss deWinter. Ich wollte fragen, ob Sie heute ein paar Minuten Zeit haben, sich mit mir das Apartment anzusehen, bei dem Treppe, Schlafzimmerschrank und Speisekammer
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