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Luftschlösser

Luftschlösser

Titel: Luftschlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Nitzsche
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verbringen. Stattdessen rief er seinen Anwalt an, um einen Termin zu vereinbaren.
    „Mr Manning, wie schön, von Ihnen zu hören! Womit kann ich dienen?”
    „Hallo, Mr Selby. Mit einem kurzfristigen Termin wäre mir sehr geholfen.”
    „Aber sicher doch. Nach der Arbeit oder am Wochenende?” Mr Selby war die Diskretion in Person und nahm auf die speziellen Wünsche seiner Klienten gegen die entsprechende Bezahlung liebend gern Rücksicht.
    Charles schaute aus dem Fenster auf das Meer aus Hochhäusern. „Nein, am liebsten sofort. Ich arbeite erst im Oktober wieder und habe im Moment eine Menge Zeit. Wenn Sie’s also irgendwie einrichten könnten...”
    „Ich gehe in einer Stunde zum Lunch. Wir können uns dort treffen und besprechen, was Sie auf dem Herzen haben.”
    „Immer noch im Waldorf-Astoria?” Charles konnte sich das Lachen bei dieser Frage nur schwer verkneifen.
    „Genau. Immer noch an derselben Stelle. Bis dann, Mr Manning.”
    „Bis da...” Doch Mr Selby hatte schon aufgelegt, bevor Charles seine Verabschiedung überhaupt aussprechen konnte. Er kannte den Anwalt seit Jahren und wusste um dessen Gewohnheit, jeden Tag zur selben Zeit im Restaurant des Nobelhotels sein Mittagessen einzunehmen. Manche Dinge schienen sich nie zu ändern. Eine Stunde... Da blieb noch Zeit für eine schnelle Dusche, bevor es galt, einen Taxifahrer zu finden, der seinen Weg durch die Stadt zügig und ohne Touristenumwege zurücklegte.
     
    „Mein lieber Charles, Sie sind spät dran”, tadelte Selby mit der gütigen Art eines Großvaters.
    „Tut mir leid, aber der Verkehr war mörderisch”, entschuldigte sich Manning pflichtbewusst. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm allerdings, dass er keine fünf Minuten zu spät zu ihrer Verabredung erschienen war.
    Selby nippte an einem Glas Weißwein und nickte zustimmend. „So, bevor die Vorsuppe aufgetragen wird, könnten Sie mir ja schon erzählen, worum es sich bei ihrem Problem eigentlich handelt.”
    Charles holte tief Luft, nicht sicher, wie er beginnen sollte. „Ich wohne wieder in der Stadt, momentan in einem Hotel, bis mein Apartment fertig ist. Darum geht es bei diesem Termin auch. Ich habe eine alte Bekannte damit beauftragt, den Rohbau nach meinen Vorstellungen zu gestalten, weil ich mich mit diesem ganzen Kram nicht auskenne. Diese alte Bekannte ist ein Ass als Innenarchitektin. Heute bekam ich plötzlich einen Brief und ein Schreiben ihres Anwalts, in dem die Rede davon ist, die Gestaltung meiner Wohnung zum Thema eines Bildbandes über Innenarchitektur zu machen. Wenn Sie sich den Brief bitte durchlesen würden?”
    „Aber sicher. Klingt doch ganz interessant, die Sache.” Selby ließ sich von Charles den Umschlag reichen, blieb mit seinen Augen kurz an der Blutspur auf der Rückseite hängen und nahm dann gemächlich die Papiere heraus.
    „Ah, Kollege Bloomsdale. Gute Adresse. Mal sehen, was er so schreibt.” Damit vertiefte der Anwalt sich in die Unterlagen.
    Für Charles war das Hinweis und Anweisung zugleich, ihn nicht mehr anzusprechen, bis er mit seiner Begutachtung fertig war. Also nutzte er die Gelegenheit, sich ein Glas Wasser und einen Teller Hummersuppe zu bestellen. Nicht, dass er hungrig gewesen wäre, aber er wollte den alten Mann nicht allein essen lassen.
    „Hm.” Nach einer ganzen Weile war Mr Selby wieder aus dem Papierwald zurückgekehrt. „Hm”, machte er noch einmal.
    „So schlimm?” Die Vereinbarungen hatten sich eigentlich gar nicht so übel angehört.
    „Ach was”, wehrte Selby ab. „Ganz im Gegenteil. Bloomsdales Briefe hören sich sonst ganz anders an. Ihre alte Bekannte muss ihm die Bedingungen aufdiktiert haben. Ich habe in meinen ganzen Jahren als Anwalt keinen Vertrag gesehen, der so sehr auf eine bestimmte Vertragspartei zugeschnitten war wie dieser. Wenn Sie den Daumen senken, Mr Manning, kann ihre Bekannte das Buch vergessen. Wenn Sie zustimmen, werden Sie dafür reich belohnt. Man überlässt Ihnen die Hälfte aller Gewinne. Das ist mir noch nie untergekommen. Haben Sie etwa Druck auf die Dame ausgeübt? Oder Ihren Charme spielen lassen?”
    Charles’ Augen weiteten sich. „Nichts dergleichen. Ich habe bis zum Erhalt dieses Kuverts nicht einmal von diesem Vorhaben gewusst. Sie meinen also, das ist ein faires Angebot?”
    Selby gluckste belustigt. „Nein, das meine ich nicht. Ich meine, das ist ein Geschenk .” Noch amüsierter setzte er hinzu: „Gottchen, Bloomsdale muss sich mit Händen und Füßen gegen diesen

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