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Luises Schweigen

Luises Schweigen

Titel: Luises Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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genauer untersuchen, aber sie hat sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt.«
     
     
    Daut öffnete die Tür zur Gesindekammer. Sein Vater hatte ihm erzählt, dass er für Jadwiga und Zygmunt das alte Schlafzimmer der Knechte in zwei Räume geteilt hatte. Im Frühjahr wollte er noch ein Bad einbauen, jetzt mussten sie zur Toilette über den Hof ins Wohnhaus gehen. Er schloss die Tür vorsichtig, um möglichst kein Geräusch zu machen, und schlich sich in Richtung der Schlafräume. Er suchte nichts Bestimmtes, sondern ließ sich von seiner Intuition treiben. Der Besuch auf Schulze Hotrups Hof hatte seinen Jagdinstinkt geweckt. Irgendetwas stimmte nicht bei diesem Fall, und das konnte er ganz und gar nicht leiden. Die beiden Türen zu den Schlafräumen waren geschlossen. Er öffnete die rechte. Luise drehte sich erschrocken um. Sie hielt eine Bettdecke an den Zipfel hoch über ihren Kopf.
    »Was willst du denn hier?«
    »Das Gleiche könnte ich dich auch fragen, Luise. Es ist ja wohl kaum die Aufgabe der Bauerstochter, der Magd das Bett zu richten.«
    »Erstens bin ich nicht die Bauerstochter, sondern nur die Frau des missratenen Bauernsohnes, und zweitens hole ich nur das Geschirr vom zweiten Frühstück.«
    Daut schluckte die Frage, warum sie dann die Decke in der Hand hielte, herunter, er wollte die Stimmung nicht total verderben.
    Luise hob ein Tablett mit einem Teller und einem Glas auf und ging an Daut vorbei aus dem Raum. Als er keine Anstalten machte, ihr zu folgen, sagte sie:
    »Komm mit, Jadwiga mag es nicht, wenn Fremde in ihren Sachen rumkramen.
     
     
    Luise spülte in der Küche das Geschirr ab. Daut setzte sich auf einen Stuhl und zündete sich eine Zigarette an.
    »Du rauchst zu viel, Axel.«
    Er war froh über die Besorgnis in ihrer Stimme. Vielleicht konnten sie dem Tag noch eine positive Wendung geben. Morgen musste er zurück nach Berlin, und er wusste, dass es an ihm nagen würde, wenn sie sich im Streit trennten.
    »Kennst du diesen Serge?«
    Luise drehte sich nicht um, sondern spülte weiter.
    »Wie man eben die Leute so kennt, die hier auf den Höfen leben.«
    »Glaubst du, dass er den alten Schulze Holtrup erschlagen hat?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Der Bauer war ein Ekel, hat seine Ausländer behandelt wie ein Stück Vieh. Vielleicht ist dem Serge die Sicherung durchgebrannt, ich könnte es ihm nicht verdenken.«
    »Und Katrin?«
    »Was soll mit ihr sein?«
     
    Luise drehte sich um und wischte sich die Hände an der Schürze ab.
     
    »Du bist nicht im Dienst, Axel. Lass Siekmann seine Arbeit machen, dich geht der Fall gar nichts an.«
    Daut drückte die Zigarette aus und stand auf.
    »Ich muss mal ein bisschen an die frische Luft, mir die Beine vertreten.
     
    »Hallo Karl!«
    »Axel? Was machst du denn hier, ich denke, du bist in Berlin?«
    Daut überging die Frage des alten Knechts, der schon zu seinen Schülerzeiten auf dem Hof von Schulze Holtrup gearbeitet hatte.
    Sie gingen nebeneinander in Richtung Kuhstall.
    »Kennst du den Serge gut?«
    »Wie man’s nimmt.«
    Daut musste über die Schweigsamkeit des Münsterländers schmunzeln, die ihm in Berlin oft fehlte.
    »Glaubst du, er war’s?«
    »Was weiß ich.«
    Der Knecht öffnete die Stalltür, nahm eine Forke und begann, Stroh in die Futtertröge zu schaufeln. Daut schaute ihm schweigend zu. Nach einer Minute hielt Karl inne.
    »Grund hätten wir hier alle auf dem Hof.«
    »Katrin auch?«
    Karl schob seine Drillichmütze zurück und kratzte sich am Kopf.
    »Zumindest haben sie sich angebrüllt letzte Nacht, die Katrin und ihr Vater.«
    Daut drehte sich um und ging zur Tür. Karl rief ihm nach.
    »Verdient hat er’s, der Saukerl!«
     
     
    Die Festtage waren eindeutig vorbei, denn zum Mittagessen gab es wie gewöhnlich einen kräftigen Eintopf. Oder hatte seine Mutter ihm zu Ehren so viel Speck hineingetan? Daut langte kräftig zu. Sein Vater prostete ihm mit dem Dünnbier zu.
    »Auf deine Gesundheit, mein Junge.«
    »Auf deine, Vater!«
    Alle aßen schweigend. Als seine Mutter die leeren Teller abräumte, wandte sich Daut an den polnischen Knecht.
    »Kennst du eigentlich diesen Serge, den sie wegen der Ermordung von Schulze Holtrup suchen?«
    Zygmunt senkte den Blick und antwortete nicht. Daut registrierte aus den Augenwinkeln, dass Jadwiga Luise ängstlich ansah.
    Dauts Vater schlug dem Polen mit seiner großen Pranke kräftig auf die Schulter.
    »Der Siggi kann nicht so gut deutsch, aber arbeiten, das kann er dafür

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