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Lukas und die gestohlene Weihnacht

Lukas und die gestohlene Weihnacht

Titel: Lukas und die gestohlene Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Seitz
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Stunden freie Zeit, ehe sie zum Religionsunterricht mussten. Lukas freundete sich mit Marek an. Marek war ein blonder, leicht pummeliger Junge aus Prag. Vor zwei Jahren hatte er seine Eltern verloren – sie waren an der Pest gestorben, wie Tausende mit ihnen - und Canisius hatte ihn vor einem Jahr in die Schule aufgenommen, als er ihn in den Straßen Prags in zerlumpten Kleidern auflas. Marek war klug und half Lukas sowohl in der Schule als auch bei den Putzdiensten oder bei der Gartenarbeit. Und obwohl Lukas Marek nichts von seiner Herkunft erzählte, akzeptierte Marek dies und stellte keine weiteren Fragen.

    Lukas hatte sich nach einem Monat in das anstrengende Leben hier eingewöhnt, doch er machte sich auch Sorgen. Die Schneekugel leuchtete nicht mehr. Es sah danach aus, als wäre Lukas hier im Prag des Jahres 1562 gefangen. Er wollte zwar nicht ohne Rebekka nach Hause kommen, doch er überlegte, ob es nicht an der Zeit sei, etwas zu unternehmen.

    „Was ist los mit dir, Lukas?“, fragte ihn Marek eines Abends. „Du siehst seit den letzten zwei, drei Tagen so nachdenklich aus?“
    „Hm, ja? Ich kann es wohl nicht verbergen, was? Glaubst du, dass es in der Welt das Böse gibt? Ich meine, so wie es Gutes gibt?“
    „Natürlich glaube ich das“, antwortete Marek.
    „Na ja, ihr in E urer Zeit glaubt ja sowieso alles. Ihr glaubt sogar an Hexen und so nen Unsinn!“, spottete Lukas.
    „In unserer Zeit?“

    Lukas biss sich auf die Lippen. Schließlich wusste Marek nicht, woher Lukas kam und was er erlebt hatte.

    „Ich meine, … ach, was soll’s! Marek, würdest du mir glauben, wenn ich dir erzähle, dass ich aus einer anderen Zeit bin?“
    „Lukas, was soll das? Wie meinst du das, aus einer anderen Zeit? Du bist nur ein Junge. So wie ich.“
    „Nein, glaube mir! Ich erzähle dir keinen Mist! Es ist die Wahrheit.“

    Lukas erzählte Marek seine Geschichte.

    „Wenn das wirklich alles wahr sein sollte, Lukas, dann weiß ich echt nicht, wieso du dir Sorgen machst! Reise doch in die Zeit zurück, kurz bevor du Rebekka verloren hast und rette sie!“
    „Wenn das so einfach wäre! Die Kugel bestimmt, wann und wohin ich reise.“
    „So etwas habe ich noch nie gesehen, hihi, es sieht aus, als schneie es darin!“
    „Außerdem sieht es so aus, als stecke ich hier in Prag fest. Hier scheint es nicht einmal einen nützlichen Weihnachtsbrauch zu geben!“
    „Warte mal, Lukas. Ich glaube nicht, dass du hier festsitzt. Die Schneekugel hat dich bis hierher gebracht, wie du sagst. Glaubst du, sie wird dich hier sitzen lassen? Und was die Weihnachtsbräuche angeht – wir haben erst Anfang November 1562. Ich weiß ja nicht, wann man in deiner Zeit Weihnachten feiert, aber hier in meiner Zeit warten wir damit bis Heilig Abend!“

    Lukas sah ein, dass es nichts brachte, sich Sorgen über Dinge zu machen, die er nicht beeinflussen konnte. Die Kugel würde ihn wieder hier wegbringen, wohin auch immer. Er musste einfach geduldiger sein. Doch bis dahin wollte er sich dieses Mal besser vorbereiten.

    Am nächsten Abend, als sie gerade zu den Schlafsälen gingen, flüsterte Marek ihm zu:
    „Lukas, du hast mich gefragt, ob ich an das Böse glaube. Der Mann im dunklen Mantel mit der Narbe, den du erwähnt hast … ich habe ihn gesehen.“

    Lukas starrte Marek mit offenem Mund an.

    „Wo? Wo hast du ihn gesehen?“
    „In einem Buch.“
    „Was?“
    „Hier im Clementinum, in der großen Bibliothek.“
    „Zeig mir das Buch, bitte!“
    „Ja, gut. Nur muss ich erst einmal überlegen, in welchem Buch das wieder war. Wir können morgen Abend in die Bibliothek.“
    „Wieso nicht gleich?“
    „Weil es inzwischen spät ist. Wir müssen gleich schlafen gehen. Morgen, Lukas.“

    Am nächsten Morgen lag Lukas schon längst wach im Bett, als die Jungen geweckt wurden. Er konnte es nicht abwarten, endlich in die Bibliothek zu gehen und nach dem Buch mit der Abbildung des dunklen Mannes zu sehen. Konnte das wirklich wahr sein? Konnte es möglich sein, dass der Mann, den Lukas auf einem Weihnachtsmarkt in seiner eigenen Zeit gesehen hatte, in einem Buch in einer Bibliothek in Prag im 16. Jahrhundert abgebildet war? Wer war dieser dunkle Mann? Lukas spürte endlich wieder Eifer, der Sache auf den Grund zu gehen. Er wollte seine Schwester rächen. Wenn er schon in dieser ausweglosen Lage war, dann wollte er die Sache jetzt zu Ende bringen. Der dunkle Mann sollte dafür büßen, dass er sich mit ihnen angelegt hatte.

    Den Tag über

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