Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lukas und die gestohlene Weihnacht

Lukas und die gestohlene Weihnacht

Titel: Lukas und die gestohlene Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Seitz
Vom Netzwerk:
wunderte sich. Aber angesichts des Kots und der Fleischreste und allen Abfalls auf den unbefestigten Straßen schien es sinnvoll zu sein, auf den Zehenspitzen zu gehen, um die Füße sauber zu halten. Lukas wusste nicht, in welchem Jahr sie gelandet waren. Sie würden es heraus finden, da war er sich inzwischen sicher.

    „Dort steht er. Sie reden“, flüsterte Marek. „Was sie wohl sagen?“
    „Ich weiß es nicht. Aber in der Schneekugel ist ein Weihnachtsbaum zu sehen, also wissen wir zumindest, um welchen Brauch es diesmal geht. Warte, er geht weg!“

    Lukas und Marek folgten dem dunklen Mann, der sich von den Bäckern verabschiedete, die Straße in Richtung Südtor entlang. In sicherer Entfernung gingen sie ihm hinterher, immer darauf bedacht, dass er sie nicht bemerken würde.

    „Sollen wir nicht lieber in das Zunfthaus der Bäcker zurück, Lukas? Ich meine, dort steht dieser Weihnachtsbaum.“
    „Nein, der kann warten. Ich will wissen, wohin der dunkle Mann geht. Wir müssen endlich etwas gegen ihn unternehmen. Sonst laufen wir immer nur hinterher und müssen zuschauen, wie er einen Weihnachtsbrauch nach dem andern vernichtet.“

    Der dunkle Mann verließ die Stadt durch das südliche Tor und ging den Weg entlang, der aus der Stadt führte. Lukas und Marek schlichen hinterher. Sie kamen durch ein Waldstück. Es war noch heller Tag und doch war es den beiden unheimlich hier. Mal von links, mal von rechts hörten sie Geräusche.

    „Lukas, hast du das gehört?“
    „Das war nur ein Tier.“
    „ Nur ein Tier? Und wenn dieses Tier ein Wolf ist?“

    Lukas hatte selbst Angst, doch er wollte sich nicht von Marek zu etwas hinreißen lassen. Schlimm genug, dass in Sichtweite vor ihnen der dunkle Mann ging. Die Panik sollte ihn nicht übermannen, die Verfolgung des dunklen Mannes war jetzt wichtiger. Also ließ er sich nichts anmerken.

    „Das ist kein Wolf. Das sind völlig normale Geräusche. Außerdem müssen die Tiere mehr Angst vor uns haben als wir vor ihnen! Der Mensch ist viel gefährlicher!“
    „Wissen das auch die Tiere?“ , fragte Marek nervös.

    Dann verließen sie das Waldstück und der Weg führte weiter einen Hügel hinauf. Sie warteten am Waldrand hinter einer alten, kräftigen Eiche, so dass sie nicht gesehen werden konnten. Oben am Hügel stand eine kleine, graue Kapelle. Sie war aus ziegelsteingroßen, grauen Steinquadern gebaut und thronte auf dem Hügel über Wiese und Wald um sie herum. Der dunkle Mann öffnete die große, hölzerne Tür der Kapelle und verschwand darin.

    „Los, schnell hoch.“
    „Wie? Jetzt sofort? Und wenn er gleich wieder heraus kommt?“

    Doch Lukas war schon los gerannt. Marek eilte hinterher. An der Seite der Kapelle drückten sie sich eng an die Wand und Lukas bedeutete mit einem auf seine Lippen gelegten Zeigefinger Marek still zu sein. Der Schnee lag inzwischen gut fünf Zentimeter dick auf dem Gras. Lukas blickte auf die Fußspuren, die sie hinterlassen hatten und überlegte, ob sie die beiden verraten würden, sollte der dunkle Mann unverhofft aus der Kapelle heraustreten. Kurze Zeit später, die den beiden wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen war, traute sich Lukas langsam zur Ecke vor und spähte in Richtung des Einganges der Kapelle. Die Tür stand offen.

    „Komm!“, flüstere er zu Marek.
    „Willst du da wirklich rein?“, fragte der.
    „Wir haben keine Wahl, Marek. Wenn du willst, bleib hier.“

    Lukas ging zum Eingang. Seine Knie fühlten sich wie Gummi an und alles in ihm wollte umkehren und davonlaufen. Doch der Gedanke an seine Schwester, die er verloren hatte und an seine Eltern, zu denen der dunkle Mann noch wollte, ließen ihn weiter gehen. Seine rechte Hand umklammerte das Feuerzeug in seiner Jackentasche. Ein plötzlicher Schlag auf seine Schulter ließ ihn vor Schreck zusammenzucken.

    „Ich lass dich nicht im Stich!“, flüsterte Marek.
    „Mann, Marek, mir ist eben schier das Herz stehen geblieben!“

    Lukas blieb vor dem Eingang der Kapelle stehen. Er hielt inne. Was, wenn er gleich um die Ecke schaute und der dunkle Mann genau vor ihm stehen würde? Er wäre geliefert. Wieder überwand er seine Angst. Er kniete sich hin. Langsam bewegte er seinen Kopf an der Tür vorbei. Er sah Bänke, die gegenüber liegende Innenwand der Kapelle, dann ein Stück des Gangs in der Mitte. Wo war der dunkle Mann? Lukas bewegte seinen Kopf weiter vor und dann sah er ihn. Er stand regungslos mit dem Rücken zu Lukas gewandt. Was machte er da?

Weitere Kostenlose Bücher