Lukas und die gestohlene Weihnacht
gibt es trotzdem nicht mehr, obwohl ich versucht habe, Weihnachten zu retten! Und dann Rebekka!“
Sie gingen schweigend nebeneinander her bis sie vor einer großen prächtigen Kirche standen. Hier waren viele Leute und auf Lukas´ Frage erfuhren die beiden Jungen, dass sie sich in Freiburg befanden. Vor dem Münsterplatz waren einige Marktstände aufgebaut. Es wurden Äpfel, Brot, Nüsse und Lebkuchen verkauft. Außerdem gab es feine Stoffe, allerlei Gebrauchsgegenstände wie Teller, Becher und Löffel aus Holz, die die Bauern vom Land in der Winterzeit hergestellt hatten und jetzt hier feil boten. Marek und Lukas gingen trotz Hunger weiter, denn sie hatten kein Geld bei sich. Als sie am Zunfthaus der Bäcker angekommen waren, brach die Abenddämmerung bereits herein. Dicke Kerzen standen in den Fenstern und alles sah recht gemütlich aus. Von draußen sahen sie durch ein Fenster den ersten Weihnachtsbaum der Welt. Er war geschmückt mit Äpfeln, Nüssen, Lebkuchen und Oblaten. Sie klopften an und ein Bäckergeselle öffnete die Tür.
„Guten Abend! Wer seid ihr denn?“, fragte der Geselle.
„Ich bin Lukas und das hier ist mein Freund Marek. Wir haben kein Geld, aber wir suchen einen Platz zum Schlafen.“ Das musste vorerst genügen, dachte Lukas.
„Und da glaubt ihr, ihr könnt hier so einfach herein kommen?“
„Na ja, draußen ist es kalt. Wir sind auch gute Arbeitskräfte und könnten gut mit anpacken.“
„Wartet hier, ich frage meinen Meister.“
Nach einem kurzen Augenblick wurden Lukas und Marek herein gebeten.
„Ihr könnt für eine Nacht bleiben. Nur müsst ihr auf dem Fußboden schlafen, einen anderen Platz gibt es nicht.“ Sie standen in einem Raum, der ganz und gar weihnachtlich geschmückt war. An den Wänden hingen Tannenzweige, in den Fenstern brannten Kerzen und ein Ofen sorgte für eine behagliche Wärme. Doch das Schönste war der Weihnachtsbaum! Er war über und über mit Leckereien geschmückt.
„Euer Baum ist aber schön!“, sagte Lukas. „Sagt, welches Jahr haben wir?“
Lukas wollte dem Bäckermeister noch nicht von seiner Zeitreise erzählen. Er hatte aber keinerlei Angst, dass seine Frage nach dem Jahr den Bäcker stutzig machen würde. In diesen alten Zeiten, das wusste er aus der Schule, war fast jedes Kind in seinem Alter ungebildet und konnte weder lesen, rechnen noch schreiben. Eine Schulpflicht gab es nicht und selbst wer wollte, konnte nicht zur Schule gehen. Die Kinder in diesen Zeiten mussten zu Hause arbeiten. Der Bäcker würde seine Unwissenheit für normal halten.
„Wir sind im Jahre 1419 des Herrn. Warum willst du das wissen?“
„Ach, nur so. Wie seid ihr auf die Idee mit dem Schmücken des Baumes gekommen?“
„Es ist schön, dass du unsere Mühe zu schätzen weißt. Nun ja, schon lange legen sich Leute Tannenzweige zu Weihnachten in die Stuben. Nadelhölzer verlieren ihr Grün nicht im Winter. Sie stehen für das Leben in der härtesten Jahreszeit, wenn sonst alles in der Natur stirbt. Doch einen ganzen Tannenbaum aufzustellen und nicht bloß einen Zweig, darauf kam ich selbst, nachdem einer meiner Gesellen von einem Theaterbesuch kam. Wir hingen erst Äpfel an den Baum. Einer der Gesellen hatte das so ähnlich in der Vorführung gesehen: Dort stand ein mit Äpfeln geschmückter Baum auf der Bühne als Sinnbild für den Baum der Erkenntnis.“
„Ah, das war doch der Baum, von dem Adam und Eva den Apfel gegessen hatten und deshalb aus dem Paradies vertrieben wurden!“ sagte Lukas.
„Ja, richtig. Zudem sagte Jesus von sich selbst, er sei das Brot des Lebens. So hingen wir die Oblaten dazu.“
„Ich verstehe, als Brot sozusagen!“, sagte Marek, „Die Äpfel stehen für die Sünde der Menschen und das Brot als Bild für Jesus und zugleich als Symbol für das Leben und für die Vergebung der Sünden.“
„Genau, mein Junge! So ist es. Der Tannenbaum, das Brot, all das symbolisiert das Leben. Nun, Lebkuchen und Nüsse kamen einfach so dazu und ergänzen nur das Brot. Wir essen natürlich auch die Äpfel. Jeder von uns darf sich jeden Tag etwas vom Weihnachtsbaum nehmen und davon kosten. Greift zu, Jungs!“
Lukas und Marek ließen sich das nicht zweimal sagen. Beide nahmen sich Lebkuchen, Walnüsse, Äpfel und Oblaten vom Baum. Marek biss erst in einen Apfel und ehe er ausgekaut hatte, nahm er eine Oblate in den Mund. Lukas öffnete einige Nüsse, während er gleichzeitig auf einem Lebkuchen kaute.
„ Mmh, wie lecker!“, sagte
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