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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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zu ziehen. Schließlich hing für einen Magier alles davon ab, dass man ihm zuhörte und glaubte. »Die
erste schüchterne Windbö streicht über den Boden,
drückt das Gras nach unten und reißt die Blätter von den
Bäumen. Die Sonne scheint hell und in ihrem Licht …«
Trix verstummte. Hatte Sauerampfer etwa vergessen,
dass Tageszeiten die Angewohnheit haben, sich zu verändern? Oder dass sich ein Schiff auf dem Wasser bewegt, nicht auf dem Land?
Dieser Zauber passte bestens zu dem Berg, auf dem
Sauerampfer gesessen hatte, als er ihn gewirkt hatte.
Aber überhaupt nicht zum Meer!
»Ich schieb dir hundert Anker in den Ausschnitt!«,
herrschte Hort ihn an. »Kannst du jetzt den Wind herbeizaubern oder nicht? Kannst du überhaupt zaubern?«
Sofort tauchte Annette aus Trix’ Tasche auf und sah
ihn besorgt an.
Trix hustete noch einmal. Nachdem er den Text überflogen hatte, ließ er die Hand mit dem Buch sinken.
»Wer fliegt dort geschwind nur knapp überm Meer? Es
ist der Sturmvogel, der alte Späher. Er sieht die Möwen,
wohl überm Wasser, die Angst vorm Sturm macht sie
immer blasser«, begann er mit voller Stimme. Irgendwie
kam es ihm vor, als verfehle er die Sache um Haaresbreite,
als müsste er nur etwas andere Worte wählen – und
schon würde der Ozean erbeben, die Berge mit salzigen
Wellen überspülen …
»Trix!«, rief Paclus, der sich voller Panik umsah. Am
Himmel war aus dem Nichts ein Sturmvogel aufgetaucht,
der wie verrückt auf und nieder sauste, da er offenbar
nicht die geringste Ahnung hatte, was er da eigentlich tat.
Die Möwen schrien und kackten die ganze Zeit. Von allen Seiten krochen schwere, bleigraue Wolken heran.
»Trix, keinen Sturm! Sondern Wind! Nur Wind von achtern!«
»Und hörst, Sturmvogel, du nicht, wie Donner an düsterm Ort durch Wolken bricht?«
Es donnerte fürchterlich. Ein blauer Blitz schlug neben
dem Schoner (steuerbord) ein. Das Wasser zischte,
Dampfwolken stiegen auf.
Trix schüttelte den Kopf, denn er begriff nicht recht,
was hier vorging. »Wind! Wehe, wehe manche Strecke,
dass der Schoner übers Wasser schieße!«, fuhr er fort.
»Denn der Wind ist mächtig und treibt die Wolken rasch
über den Himmel. Und als er auf einen kleinen Zweimaster trifft, hebt der Wind ihn mit seiner zarten, aber auch
starken Hand an und jagt ihn vorwärts. Immer weiter!
Dem Schiff der gemeinen Vitamanten hinterher, die die
Fürstin Tiana entführt haben! Dem Schiff der Vitamanten
hinterher – aber mit zweifacher, mit dreifacher Geschwindigkeit!«
Etwas klatschte gegen das Achterdeck. Die Segel
blähten sich knatternd. Jedes erbärmliche Toppsegel, jedes noch so kleine Flopsegel wölbte sich im Wind. Der
Schoner flog beinahe über das Wasser. Ihm auf den Fersen folgten ein wilder Sturm, Donner und Blitze.
»Das reicht, Zauberer!«, rief Hort. »Sonst halten die
Segel nicht!«
Trix blickte sich nach dem wolkenverhangenen und
von Blitzen zerrissenen Himmel hinter ihnen um – und
beschloss umgehend, von nun an nur noch nach vorn zu
schauen.
»Du bist wirklich ein geborener Zauberer!«, lobte ihn
Paclus. Er stieß Trix freundschaftlich die Faust in die
Seite. »Lass mal vierzig Jahre vergehen, vielleicht sogar
nur dreißig, dann werde ich ruhig und gelassen in einem
echten Kampf an deiner Seite stehen!«
Trix war sich nicht sicher, ob das ein Kompliment
war. Aber er sagte lieber nichts, sondern schrie Hort zu:
»Womit kann ich sonst noch dienen, Käpt’n?«
Hort sah sich das Deck an, über das die Gischt hinwegfegte, den klaren Horizont vor ihnen und den grollenden Sturm hinter ihnen. »Geh in die Kombüse und hilf
den anderen beim Kartoffelschälen!«, sagte er. »Die frische Luft regt den Appetit an!«
Vielleicht hätte es Trix getröstet, wenn er gehört hätte,
was Hort sagte, als er in der Kombüse verschwunden war.
»Er ist zu stark für so simple Aufgaben wie ein kleines
Lüftchen. Zu stark und zu jung. Besser, er wartet noch
ein bisschen mit seiner Zauberei.«
Aber das hörte Trix schon nicht mehr, denn er war bereits in der schmuddeligen Kombüse, wo Hallenberry
beim Schein einer Öllampe Kartoffeln schälte. Ian half
ihm tatkräftig, indem er Geschichten erzählte: »Ich weiß
noch, wie ich in der Küche vom Waisenheim Dienst hatte.
Wir mussten fünf Eimer Kartoffeln schälen, aber es gab
nur ein Messer und das war auch noch stumpf.«
Bei Trix’ Auftauchen sprang Ian hoch und täuschte
Geschäftigkeit vor: Er sammelte die Kartoffelschalen

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