Lukianenko Sergej
allen
vor Augen geführt, dass unser König keine Angst vor
Gerüchten hat. Was ist jetzt? Wollt Ihr sie hören? Geld
im Voraus!«
»Jedes x-beliebige Gerücht?«, fragte Tiana.
»Bestellen könnt Ihr es. Weil Ihr aber noch minderjährig seid, darf ich Euch gewisse Gerüchte nicht erzählen.
Das versteht Ihr doch, oder? Zum Beispiel das über die
Hofdame Seiner Majestät und den Alchimieminister oder
das über den Anführer der Wache und …«
»Du bist doch jünger als ich!«, empörte sich Trix, obwohl er sich überhaupt nicht für pikante Hofgeheimnisse
interessierte.
»Ja und?! Ich bin im Grunde gar kein Mann, sondern
eine Person im Dienst Seiner Majestät. Ich habe kein Alter.«
»Putz dir erst mal die Nase, Person Seiner Majestät«,
sagte Tiana amüsiert. »Hier, ein Kupferling.« Sie sah
Trix an. Der begriff nur mit einiger Verzögerung, dass er
dem Gerüchtehändler die Münze geben musste, denn die
Fürstin hatte wie jedes hochstehende Individuum natürlich kein Geld dabei.
»Dann lass mal hören!« Trix gab dem Jungen einen
Kupferling.
»Was denn?«, fragte der Junge, der die Münze rasch
wegsteckte. »Ich habe schließlich Geschichten für zehn
Goldstücke im Angebot.«
Trix und Tiana sahen sich an.
Es war zu riskant, direkt danach zu fragen, was sie eigentlich interessierte, noch dazu einen professionellen
Gerüchtehändler. Andererseits war es zu teuer, ihn nach
sonst was zu fragen.
»Ich würde gern …«, setzte Tiana an, »ich würde gern
etwas über Zauberer hören.«
»Aber ich würde lieber etwas über Räuber hören!«,
spann Trix den Faden weiter und zwinkerte Hallenberry
zu.
Der Junge sah ihn bloß erstaunt an und sagte: »So ein
Quatsch! Besser, er erzählt uns was über die Verhaftung
von Sauerampfer und seinem Schüler!«
»Die drei Geschichten kann man prompt zu einer zusammenfassen!«, erklärte der Gerüchtehändler. »Passt
auf: Gestern Abend, etwa gegen acht Uhr, wurde am
Staubigen Tor unserer ruhmreichen Hauptstadt ein gefährlicher Verbrecher verhaftet, bei dem es sich um keinen Geringeren handelte als Radion Sauerampfer, den
Meister der Magie! Zusammen mit ihm wurde auch sein
Gehilfe verhaftet, der Soufflöticus Trix Solier!«
»Initiaticus!«, sagte Trix beleidigt. Das überhörte der
Gerüchtehändler zum Glück und ratterte weiter: »Laut
dem königlichen Erlass sind der junge Solier und der von
ihm angeheuerte Radion Sauerampfer schuldig, ein Attentat auf unseren geliebten König Marcel den Lustigen
sowie auf seinen treuen Vasallen, den Herzog Sator Gris,
geplant zu haben!«
Trix klappte der Unterkiefer runter. Tiana zeigte sich
angesichts dieser Wendung der Ereignisse gefasster.
»Und auf welcher Grundlage glaubt der König … woher
hat der König von dem geplanten Attentat erfahren?«
Der Gerüchtehändler schielte zur Turmuhr und ratterte
weiter: »Nach heroischer Überwindung aller Schwierigkeiten einer Reise ist der Herzog Sator Gris vor drei Tagen an der Spitze eines Zuges mit den Steuergeldern der
letzten beiden Jahre und in Begleitung seines Erben, des
hochwohlgeborenen Derrick Gris, in der Hauptstadt eingetroffen und hat den König in Kenntnis gesetzt.«
»Und was wird jetzt mit Sauerampfer und … und Solier?«, wollte Trix wissen.
Ohne den Blick von der Turmuhr zu lösen, verkündete
der Junge: »Wie aus gut unterrichteten Quellen verlautete,
tritt das Gericht über die beiden Schurken morgen zusammen, unmittelbar nach dem Empfang einer Delegation
aus der Gilde der Alchimisten, die eine Bitte nach der
Herstellung von Neujahrsfeuerwerkskörpern mit erhöhter
Buntheit und Lautstärke vorträgt, die unser weiser König
selbstverständlich zurückweist, was die hartschädligen
Alchimisten jedoch kaum bekümmert. Folglich wird das
Gericht …«
Der Minutenzeiger auf der Uhr zitterte und rückte einen Strich vor.
»Eure Zeit ist abgelaufen«, erklärte der Gerüchtehändler.
»Für einen weiteren …« Die kleine Faust Tianas und die
recht große Trix’ rückten seiner Nase auf die Pelle.
»Ich kau dir die Ohren ab«, knurrte Trix. Woher er
diesen Ausdruck hatte, wusste er selbst nicht, aber die
Drohung wirkte.
»Folglich wird das Gericht nach Ansicht anonym bleibender Quellen Sauerampfer lebenslänglich in die Kasematten für schuldig gewordene Zauberer stecken oder in
den nächsten Krieg schicken. Und der gemeine Trix Solier, der neben allem anderen an der Entführung und dem
Mord an der minderjährigen und wehrlosen Fürstin Tiana
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