Lukianenko Sergej
Dillon schuldig ist, wird bei lebendigem Leibe in Öl gekocht, und zwar angesichts seines hochwohlgeborenen
Standes in Olivenöl erster Güteklasse.« Nach dem letzten
Wort holte der Junge tief Luft und sah Trix und Tiana
beleidigt an. »Was soll das! Mir mit der Faust zu drohen!
Dabei seht Ihr doch ganz manierlich aus! Und damit Ihr
es nur wisst: Mir bleibt von zwei Kupferlingen nur einer!«
Daraufhin holte Trix noch einen Kupferling heraus
und gab ihn dem Jungen, der sich nun, völlig zufrieden
mit diesem Ausgang, entfernte. Trix und Tiana sahen
sich an.
»Entführung und Mord?«, rief Trix empört.
»Minderjährig und wehrlos?«, rief Tiana und ihre Augen funkelten wütend.
»Und warum kam über mich nichts in den Gerüchten?«,
wollte Hallenberry wissen.
In der Nähe des Königsschlosses fanden die drei eine
Teestube, eine Einrichtung, die sich in der Hauptstadt
großer Beliebtheit erfreute und ziemlich teuer war. Dafür
konnten sie dort sitzen, alles besprechen und sich bei einer Tasse Tee die kalten Hände aufwärmen.
Früher hatte Trix nur selten Tee getrunken, denn seine
Eltern hielten dieses Getränk für eine Art Medizin. Sauerampfer trank jedoch regelmäßig Tee und bei ihm hatte
sich Trix daran gewöhnt. Nach Ansicht des Zauberers
musste guter Tee allerdings schwarz, stark und süß sein.
In der Teestube vertrat man eine andere Meinung. Bei
dem Tee, der ihnen in einer großen Porzellankanne gebracht wurde, handelte es sich um gefärbtes Wasser
(leicht gelblich). Da es irgendwie nach Rosen und Minze
roch, kroch Annette aus Trix’ Tasche heraus und
schnupperte. Vom Geschmack her erinnerte der Tee
ebenfalls an heißes Wasser mit Rosen und Minze, aber
nicht an ein belebendes Getränk.
Immerhin war er heiß, und das war die Hauptsache.
»Hab ich’s mir doch gedacht!«, sagte Tiana, die ihre
Tasse mit beiden Händen umfasst hielt. »Bei der ganzen
Sache geht es gar nicht um mich.«
»Nicht um dich!«, entgegnete Trix. »Um wen denn
sonst? Entführung und Attentat …«
»Das haben sie nur dazugetan, damit es schlimmer
klingt«, sagte Tiana. »Aber wissen tun sie gar nichts!
Vielleicht wissen noch nicht mal die Vitamanten, wohin
ich geflohen bin und wer das Schiff überfallen hat.«
Trix kam es so vor, als wolle Tiana eher sich selbst als
ihn überzeugen. Der Gedanke, alle Welt wisse schon von
ihrer Rettung, jagte ihr vermutlich Angst ein. Trotzdem
versuchte er nicht, sie vom Gegenteil zu überzeugen.
»Was ich nicht verstehe, ist, warum Gris in die Hauptstadt gekommen ist und mich angeschwärzt hat«, sagte
er. »Erst lässt er mich laufen. Angeblich wegen Derrick,
damit er sich vor mir fürchtet und nicht über die Stränge
schlägt. Und dann schwärzt er mich an.«
»Pah!«, schnaubte Tiana. »Er war sich bestimmt sicher, dass du von der Bildfläche verschwindest. Zum
Beispiel als minderjähriger Herumtreiber in irgendeinem
Steinbruch landest. Oder bei einem Bauern schuftest.
Oder bei einem kleinen Baron unterkriechst, der dich
durchfüttert, weil er sich etwas davon verspricht. Aber du
wirst Zauberer! Damit sieht die Sache völlig anders aus!
Damit droht ihm nämlich akute Gefahr! Du könntest ja
eine Armee von Monstern zusammenzaubern und gegen
das Herzogtum ziehen! Oder dich in seine Schlafgemächer zaubern und Sator, Derrick und allen Verrätern die
Kehle durchschneiden. Oder …«
»Oder einen Feuerregen auf seinen Palast niederprasseln lassen«, sagte Trix verzückt. »Hm, vielleicht hast du
recht. Aber der König wird mich nicht töten lassen, ohne
mich vorher anzuhören. Dann werde ich ihm erklären,
dass ich völlig unschuldig bin und Sator selbst hinter allem steckt! Marcel wird ihn in den Kerker werfen und
mir mein Herzogtum zurückgeben …«
Tiana und Hallenberry sahen sich an.
»Immer edel und kühn«, sagte Hallenberry, »so ist er!«
»Warum sollte Marcel Gris einkerkern?«, fragte Tiana.
»Weshalb? Damit das Herzogtum aufblüht und viele
Steuern zahlt? Damit der Herzog ihm im Kriegsfall eine
gute Armee schickt? Sag doch mal selbst, wer das Herzogtum besser regiert: du oder Sator?«
»Sator«, gab Trix zu.
»Und wer ist der bessere Kriegsherr?«
»Sator. Obwohl meine Vorfahren Krieger waren und
seine Kaufleute!«
»Warum also sollte der König gegen Gris vorgehen?
Er ist gekommen, hat seinen Treueid geleistet, die Steuern für zwei Jahre bezahlt … Was braucht der König
noch?«
»Gerechtigkeit!«, sagte Trix hitzig.
»Und du willst Co-Herzog
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