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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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Turm des Schlosses, dem Uhrenturm,
zwölf Uhr. Die Zifferblätter wiesen in alle sechs Himmelsrichtungen. Die Sache war die, dass Marcel der
Überraschende einst entschieden hatte, vier Himmelsrichtungen seien für ein so großes Königreich zu wenig.
Deshalb hatte er noch zwei weitere eingeführt: Sost (zwischen Süd und Ost) und Werd (unschwer zu erraten: zwischen West und Nord). Warum er nicht auch noch Nost
und Süst eingeführt hatte, wusste niemand. Ebenso wenig
wie irgendjemand wusste, warum dem König die guten
alten Bezeichnungen Süd-Ost und Nord-West nicht mehr
gefielen, auf die Seeleute und Reisende seit Urzeiten zurückgriffen. Und erst recht wusste niemand, warum sich
der König dann von einem Tag auf den anderen nicht
mehr für seine Idee begeisterte, die seinen Worten zufolge
doch einen ungeheuren Fortschritt für die Schifffahrt bedeutete. So blieben die sechs Uhren im Turm des Königsschlosses das einzige Resultat dieser topografischen
Reform.
    Kaum hatten die Uhren, die unverdrossen in alle sechs
Himmelsrichtungen wiesen, Mittag geschlagen, fingen
die anderen Uhren der Hauptstadt an. Möglicherweise
war das zeitlich nicht ganz präzise, dafür aber sehr untertänig.
    Begleitet von diesem vielstimmigen Geläut (Bam,
bam, bam! von der Gilde der Schmiede, Kling, kling,
kling! vom Turm der Goldschmiede, Dong, dong, dong! vom grauen Sitz der Wache und noch viele andere Töne),
kamen vom Süd-West-Tor her drei Jungen zum Platz des
Königsschlosses. Zwei ältere und ein kleiner. Sie trugen
gute Kleidung, und ein Blick reichte, um zu wissen, dass
es sich nicht um Bettler handelte. Sie wirkten gebildet,
möglicherweise gehörten sie dem niederen Adel an. Der
Wachposten, der an der Ecke Schlossplatz / Straße der
Königlichen Heiler stand, warf nur einen flüchtigen Blick
auf sie und wandte sich wieder ab. Das waren ordentliche
Kinder, die konnte er durchlassen.
    Die drei konnten nur von Glück sagen, dass der Mann
ihr Gespräch nicht gehört hatte.
»Wir können doch nicht das Schloss von König Marcel
stürmen!«, sagte einer der Jungen, ein sehr hübscher, der
ein wenig an ein Mädchen erinnerte.
»Warum nicht?«, fragte sein Altersgenosse. Seine Gesichtszüge waren markanter, er würde demnächst den
Gebrauch mit Rasierklinge und Pinsel erlernen müssen.
»Weil es das Königsschloss ist!«, fuhr ihn der erste
Junge an.
»Ja und?«, wunderte sich der zweite. (Aufmerksame
Leser werden ahnen, dass der erste Junge in der Tat ein
Mädchen war, die Fürstin Tiana, während es sich bei
dem zweiten um den Co-Herzog Trix handelte.) »Wir
erheben uns doch nicht gegen den König, wir wollen nur
Sauerampfer und Ian retten!«
»Weil es das Königsschloss ist und deshalb wie ein
Königsschloss bewacht wird!«, blaffte Tiana. »Glaubst
du etwa, jeder x-beliebige Zauberer könnte da einfach
reinspazieren? Hier ist alles magisch geschützt!«
»Ich könnte mir etwas einfallen lassen«, beharrte Trix.
»Uns verzaubern. Dann schleichen wir uns ein …«
»Klaro!«, sagte der kleine Junge. »Und werden mit Sicherheit zum Tode verurteilt! Aber nicht als Räuber,
sondern als Spione!« (Wir wollen die Leser nicht länger
mit der Frage quälen: Der dritte Junge war natürlich Hallenberry.)
»Vielleicht sind sie ja auch gar nicht im Schloss«, sagte
Trix zögernd. »Vielleicht sind sie in den Verliesen der
Wache. Angeblich gibt es unter dem Hauptgebäude der
Wache ein Gefängnis mit zwanzig unterirdischen Stockwerken! Da werden alle gefährlichen Staatsfeinde mit
Ketten an die Mauern geschmiedet und festgehalten. Sie
kriegen Eisenmasken, damit niemand ihr Gesicht sieht,
und Fäustlinge aus Eisen, damit niemand ihre Handlinien
wiedererkennt.«
»Klaro«, flüsterte Hallenberry. »Das habe ich auch
gehört. Und bei Aufständen werden da die Rebellen erschossen. Sie werden an die Wand gestellt und dann
schießt eine Einheit Bogenschützen auf sie. Und die Leichen werden nachts mit Karren rausgeschafft und in den
Fluss geworfen!«
»Nein, im Wald vergraben«, korrigierte ihn Trix.
»Nein, in den Fluss geschmissen!«, blieb Hallenberry
stur.
»Hört auf!«, verlangte Tiana. »Alle verhafteten Zauberer werden in den königlichen Verliesen gefangen gehalten,
das habe ich von Hass gehört. Erstens sind die sicher.
Und zweitens tötet niemand so schnell einen Zauberer,
schließlich kann man sie jederzeit brauchen. Sauerampfer
und Ian sind im Schloss.«
Die drei starrten schweigend auf das

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