Lukianenko Sergej
Schleuder war das zwar nicht, außerdem
schenkte Trix der Ballade von Margon nicht wirklich
Glauben. Trotzdem …
»Es bedarf nur eines Steins, um deinen Schädel zu zertrümmern und dein stinkendes Hirn in der Gegend zu
verspritzen!«, erklärte Trix. »Meine Taten erschrecken
mich selbst manchmal! Niemand ist in meiner Nähe sicher, wenn ich eine Waffe in die Hand nehme! Mehr als
eine Kreatur ist bereits durch meine Hände umgekommen!«
Wollte man präzise sein, dann waren es zwei Kreaturen, die bereits durch Trix’ Hand umgekommen waren:
ein alter, fast blinder Hirsch, der während einer Jagd genau in Trix’ Lanze gelaufen war (der Junge hatte danach
eine halbe Stunde in einem Holunderstrauch geweint),
und ein junges, dummes Kaninchen, das Trix mit einer
Schleuder erlegt hatte. Das Eichhörnchen, auf das er eigentlich gezielt hatte, war unverletzt weitergesprungen.
Der Minotaurus sah abermals zum Turm hinüber. Der
Magier behielt sie jetzt fraglos im Auge. Und er machte
ein sehr finsteres Gesicht. Obendrein kam Paclus, dessen
Verfolgung die überlebenden Monster inzwischen aufgegeben hatten, immer näher.
Auf dem Gesicht des Minotaurus spiegelten sich zugleich Wut und Verzweiflung. Er hob seine Hellebarde
auf und machte einen Schritt auf Trix zu.
Der Junge ließ die Schleuder kreisen und schickte den
Stein auf seine Reise, die sogar fast in Richtung des
Monsters ging.
Der Stein beschrieb eine derart bizarre Bahn, als habe
Trix aus der Schleuder einen verrückten Vogel aufsteigen
lassen, und das durchdringende Heulen, das dabei entstand, legte den Gedanken nahe, der Vogel sei äußerst
unzufrieden mit Trix’ Tun. Am Ende traf der Stein den
Minotaurus aber mitten auf der Stirn, zwischen den Augen und genau über den wütend geblähten Nüstern.
Der Kopf des Monsters ging in Knochensplitter und
feinen grauen Nieselregen auf. Ohne einen Ton von sich
zu geben – denn es gab nichts mehr, womit er irgendetwas
hätte von sich geben können –, sackte der Minotaurus ins
Gras, Trix vor die Füße. Um Trix herum war alles mit
klebrigem grauen Glibber bedeckt – der sagenhaft stank.
Der heranstürmende Paclus versuchte ebenso verzweifelt wie vergeblich zu bremsen. Mit vollem Schwung
landete er auf dem kopflosen Minotaurus, wobei er den
Arm mit dem Schwert vorstreckte, sodass er den zottigen
Körper aufspießte und auf der Erde festnagelte.
»Bravo!«, erklang es hinter Trix. »Aber völlig überflüssig, mein Freund.«
Nachdem Trix seinen Würgereiz bezwungen hatte,
drehte er sich um – und sah einen Mann vor sich. Der
lange graue Umhang und der kleine, runde schwarze Hut,
der mit geheimnisvollen Runen bemalt war, räumten jeden Zweifel aus: Vor ihm stand ein Magier.
»Radion!«, schrie Paclus, der sich kurz zu dem Zauberer umgesehen hatte. »Diesmal entkommst du mir nicht!«
Dann machte er sich daran, das Schwert aus dem Körper
des Monsters zu ziehen. »Na los doch!« Mit einem Mal
schnupperte er und verzog angewidert das Gesicht. »Was
ist das für ein Gestank? Wenn du vorhast, mich zu vergiften …«
»Oh, der Gestank – der ist auf einen allzu wortreichen
Zauber zurückzuführen.« Radion winkte ab. »Da können
wir Abhilfe schaffen.« Er runzelte die Stirn und sprach:
»Süß und rein ist die Luft, geschwängert vom Duft ferner
Blumenwiesen und schneebedeckter Berggipfel. Sie
überspült das blutgetränkte Feld, trägt üblen Gestank und
Aasgeruch davon.«
Sofort war der Gestank wie weggeweht, die Luft roch
frisch.
»Ich fordere dich zum Duell!« Paclus hatte es endlich
geschafft, sein Schwert aus dem Monster zu ziehen.
»Verteidige dich, du selbstgefälliger Snob!«
»Sir Paclus«, sagte Sauerampfer in gewichtigem Ton.
Sein Gesicht war längst nicht so streng wie die gespenstische Maske, die nach wie vor über dem Turm hing. »Sir
Paclus, meinst du nicht auch, wir sollten angesichts der
neuen Umstände unseren alten Streit vergessen?«
»Du gibst auf?«, frohlockte Paclus.
Als der Magier daraufhin seufzte, wusste Trix, dass
das große Schlachten noch bevorstand. »Halt, Herr!«,
schrie er deshalb panisch. »Halt! Worüber habt Ihr gestritten? Dass Ihr stärker seid als ein Magier? Und Herr
Sauerampfer hat behauptet, er sei stärker als ein Ritter?
Oder habt Ihr gesagt, ein Magier könne einen Ritter nicht
besiegen, und Herr Sauerampfer hat gesagt, ein Ritter
könne einen Magier nicht besiegen?«
»Also«, brachte Paclus heraus, der immer noch mit
dem Schwert
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