Lukianenko Sergej
sah zu Sir
Paclus hinüber.
Der Ritter jagte zum Turm.
Der Magier zog die Brauen noch stärker zusammen.
Er blähte die Wangen auf – und pustete Paclus von der
Höhe seines Turms aus an.
Ein Sturm brach los. Das Gras auf der Wiese schmiegte
sich dicht an den Boden. Die Bäume schwankten. Das
Pferd von Sir Paclus bäumte sich auf und drehte sich im
Kreis. Der Ritter versuchte sich auf ihm zu halten,
schaffte es aber nicht, daran hinderte ihn der zum Himmel hochgereckte Schwertarm. Mit einem gewaltigen
Poltern landete Sir Paclus bäuchlings im Gras. Der Goldfuchs scherte sich nicht weiter um den in Balladen besungenen Heldenmut ritterlicher Pferde und sprang davon.
»Das Amulett funktioniert nicht …«, presste Trix heraus.
Das traf die Sache aber nicht ganz. Der seines Pferdes
beraubte Paclus stand nämlich auf, schüttelte den Kopf
und stapfte auf den Turm zu. Ihn hielt der Hurrikan nicht
auf. Anscheinend schützte das Amulett nur den Reiter,
nicht auch das Tier.
Das Gesicht des Magiers wurde immer finsterer. Er
hörte auf zu pusten. Er zwinkerte – und aus seinen Augen
schossen weiße Blitze, die auf die Wiese prasselten. Als
einer von ihnen in Paclus’ Helm einschlug, stoben bunte
Funken auf.
Trotzdem ging der Ritter stur weiter. Trix vernahm,
wenn auch durch die Entfernung gedämpft, Flüche und
Drohungen, den arroganten Magier ordentlich zu vermöbeln.
Darauf riss der Magier nach kurzer Überlegung den
Mund sperrangelweit auf und schrie los. Der Schrei war
derart laut und beängstigend, dass man ihn wahrscheinlich sogar in Dillon hörte. Trix hielt sich die Ohren zu
und schrie zurück, denn will man sich bei lautem Geschrei gegen Ertaubung schützen, gibt es ja bekanntlich
nichts Besseres, als selbst zu schreien.
Dabei war der Schrei noch nicht mal das Schlimmste.
Kleine Klumpen schossen kreiselnd und sich überschlagend aus dem Mund des Magiers, platzten auf und verwandelten sich in widerliche Monster: in flinke Kreaturen, die an Affen erinnerten, in stämmige Minotauren, in
riesige gehörnte Dämonen und in hüpfende, mit Augen
ausgestattete Kugeln, die wie rohes Fleisch aussahen.
Sämtliche Monster stürzten sich fröhlich auf Sir Paclus.
Anscheinend freute sich aber auch der Ritter über ihr
Auftauchen. Den ersten Minotaurus spaltete er mit dem
Schwert in zwei Teile, die von einem Affen geschleuderte
Feuerkugel wehrte er mit der Klinge ab, obendrein so
geschickt, dass die Kugel dem Dämon, der ihm am nächsten war, das Horn samt Kopf verbrannte. Wild mit dem
Schwert fuchtelnd, ließ Paclus kein Monster an sich heran und setzte seinen Weg zum Turm fort, wobei er zerhackte Kadaver und Pfützen bunten Blutes hinter sich
ließ.
»Ei pottstausend!«, schrie Trix und sprang mehrmals
in die Luft. »Hoch lebe der ruhmreiche Sir Paclus!« Er
schämte sich nun nicht länger seiner Stellung als Knappe,
im Gegenteil, er entdeckte gewisse Vorteile in ihr. Den
Sieg hatte Paclus errungen, aber er, Trix, durfte mit Fug
und Recht sagen: »Als wir, Sir Paclus und ich, den großen Magier Radion Sauerampfer bezwungen haben …«
Mit seinem Gejohle hatte Trix jedoch einen Fehler begangen. Das begriff er, als sich einer der Minotauren, der
relativ weit weg von Paclus gelandet war, nach ihm umdrehte und munter Richtung Hain lostrabte.
Als Erster zog das Pferd, das nicht umsonst ein langes
Leben unter ritterlichem Sattel verbracht hatte, seine
Schlüsse. Mit einem Ruck hatte es die Zügel vom Zweig
gerissen und sprang durch die Bäume zu seinem goldfuchsigen Artgenossen, der sich in sicherem Abstand am
Wegesrand hielt. Trix konnte ihm nur noch einen Blick
hinterherschicken – dann musste er sich wieder dem Minotaurus zuwenden.
Das Monster bleckte das grauenvolle Stiermaul. Dieses
war der Natur zum Trotz (doch was wollte man beim Anblick eines Minotaurus überhaupt noch von der Natur halten?) mit scharfen Raubtierfängen ausgestattet. Den mit
zottigem, rotem Fell bewachsenen Körper des Minotaurus
schützte ein Panzer. In den Händen hielt er eine lange Hellebarde – als vertraue er nicht auf Fänge und Muskelkraft.
Trix stieß einen derart lauten Schrei aus, dass sogar
Paclus ihn hörte, obwohl er den Turm fast erreicht hatte.
Der Ritter drehte sich um, zögerte den Bruchteil einer
Sekunde, stürzte dann aber, die schlimmsten Flüche ausstoßend, seinem Knappen zu Hilfe. Er bewegte sich erstaunlich schnell auf seinen kurzen Beinen. Trotzdem
konnte es keinen Zweifel am Ausgang dieses
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