Lukianenko Sergej
sie getan, es sind nun mal
Kinder, was will man da von ihnen erwarten. Also habe
ich mir gedacht, ich verkleinere sie auf die Größe meines
Handtellers und setze sie in meinen Garten. Sollen sie
friedlich in einer Gemeinschaft leben. Später sehen wir
dann weiter.«
»Das war hässlich!«, tadelte ihn Paclus. »Die Kinder
haben von Heldentaten geträumt und du hast sie in Winzlinge verwandelt!«
»Ich bin ein Magier, es gehört zu meinem Beruf, gemein zu meiner Umwelt zu sein«, erwiderte Sauerampfer
gelassen. »Und Heldentaten erleben sie mehr als genug,
glaub mir! Wenn sie eine Spitzmaus angreift oder eine
Hummel angeflogen kommt … Ihre Abenteuer reichen
aus, sämtliche Chroniken zu füllen. Weißt du was?
Nimm du sie wieder mit! Ich gebe ihnen ihre frühere
Größe zurück. Sie werden sich an das, was mit ihnen geschehen ist, kaum erinnern und glauben, sie hätten alles
nur geträumt. Ihre Köpfe sind ja noch klein, da passen
nicht viele Erinnerungen rein. Bring sie zurück nach
Dillon und erzähle, du habest sie aus der Gefangenschaft
des gemeinen Sauerampfer befreit!«
»Ich brauche keine Almosen«, entgegnete Paclus
stolz.
»Was heißt hier Almosen?«, fragte Sauerampfer verwundert. »Du hast sie doch wirklich befreit! Also, was
stört dich?«
»Ich hätte es im Kampf machen müssen«, hielt der
Ritter unsicher dagegen.
»Aber wir haben doch gekämpft! Wenn du willst,
kannst du mich ja noch mal schubsen! Nur bitte nicht mit
voller Kraft!«
»Also … ich weiß nicht …« Der Ritter zögerte.
»Nimm sie! Schließlich brauchst du einen Knappen!«
»Aber ich habe doch einen!«, beharrte Paclus.
»Trix? Seit wann dient ein Magier als Knappe?«
Trix beobachtete die beiden verstohlen, wandte sich
dann aber wieder den Menschlein zu. Dieser auffällig
gekleidete war bestimmt sein Vorgänger …
»Trix ist kein Magier! Er ist von edlem Stand und will
Ritter werden!«
»Soweit ich es verstanden habe, will er sich für das
rächen, was ihm angetan worden ist«, stellte Sauerampfer
klar. »Und dann gibt es kein besseres Mittel als Magie,
glaub mir!«
»Nun mach mal halblang!«
»Neben der Profession des Ritters«, ergänzte Sauerampfer rasch, der es offenkundig nicht auf einen neuerlichen Streit ankommen lassen wollte. »Paclus, mein
Freund, du weißt, wie wichtig Magier im Krieg sind. Und
du weißt, wie selten man dieses Talent bei einem Menschen trifft. Nur bei den Elfen können alle ein bisschen
zaubern …«
»Gefällt mir nicht«, entgegnete Paclus barsch.
Trix fand an dem erbitterten Gefeilsche um seine Person
allmählich Geschmack.
»Du musst dieses Opfer um des ganzen Königreichs
willen bringen, Paclus!«
»Wozu braucht das Königreich noch einen Magier?
Wir leben in friedlichen Zeiten!«
»Noch. Aber«, Sauerampfer senkte die Stimme, »seit
einiger Zeit weht ein schärferer Wind. Die Vitamanten
auf den Kristallenen Inseln haben sich von der Niederlage
erholt. Angeblich haben sie es durch grausame Experimente geschafft, aus normalen Menschen Magier zu machen. Natürlich nur schwache Magier, die nicht viel ausrichten können! Aber es sind ihrer Tausende, Paclus!
Zehntausende!«
»Das ist doch gelogen!«, sagte Paclus fast wie ein
kleiner Junge. »Tausende?«
»Ja!«
Stille senkte sich herab. Trix klopfte leise mit dem
Finger gegen das Glas, um die Aufmerksamkeit seiner
unglückseligen Vorgänger auf sich zu lenken. Doch die
Menschlein flohen rasch ins Haus. Anscheinend befürchteten sie, ein Gewitter ziehe herauf.
»Trix!«, rief ihn Paclus.
Trix sprang auf und rannte zu dem Ritter.
»Hast du gehört, worüber wir gesprochen haben?«,
fragte Paclus.
»Ja«, gestand Trix.
»Dann triff eine Entscheidung! Was ist dir lieber: bei
mir zu bleiben oder bei Radion Sauerampfer in die Lehre
zu gehen?«
Trix schwankte. Dem Ritter schmeckte die Aussicht,
seinen Knappen zu verlieren, offenbar nicht. Außerdem
war er ihm zu Hilfe geeilt, obwohl er den Turm schon
fast erreicht hatte …
»Kann ich denn nicht beides gleichzeitig sein? Ritter
und Magier?«, suchte Trix nach einem Ausweg.
»Ja!«, antworteten Paclus und Sauerampfer einstimmig.
Sie sahen sich an. Radion sprach aus, was beide dachten:
»Nur wärst du dann ein schlechter Ritter und ein schlechter Magier.«
»Habe ich wirklich magische Fähigkeiten?«, fragte
Trix.
»Du weißt, was Magie ist?«, sagte Sauerampfer.
»Die Kunst, mit Worten die Welt zu ändern.«
»Richtig. Und warum können Worte die Welt ändern?«
»Ich weiß
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