Lukianenko Sergej
Magister der Magie Radion Sauerampfer aus
Bossgard. Heute«, nun entschied sich Trix doch für einen
leichten Verstoß gegen die Wahrheit, »beabsichtigt mein
Lehrer, Dillon mit einem Besuch zu beehren, um auf einem Symposium die jüngsten Forschungen im Bereich
der Magie zu erörtern. Ich bin vorausgeschickt worden,
um des Magisters Haus in der Kirschstraße für seine Ankunft vorzubereiten.«
Der Wachposten, der daran gewöhnt war, dass man
den Leuten jedes einzelne Wort mit der Kneifzange aus
der Nase ziehen musste, ließ sich das Gesagte durch den
Kopf gehen. »Dann bist du ein Zauberlehrling?«, wollte
er wissen.
»Mein Name ist Trix. Ich stehe noch am Anfang des
endlosen Weges der Erkenntnis«, antwortete Trix bescheiden, wie es sich für einen Schüler ziemt.
Darauf wurden die Wachposten sofort höflicher. Ein
Zauberer, selbst ein Anfänger, war nun mal nicht irgendein Geselle oder Kleinhändler. Dass er dich nur aus Versehen in eine Kröte verwandelte oder dich nur mit einer nicht glühend heißen Feuerkugel verbrannte, machte die
Sache nämlich keineswegs angenehmer.
»Du bist also der Lehrling. Und er?« Der Wachposten
wies mit dem Finger auf Ian.
»Er ist unser Diener. Es ist nicht Sache eines Zauberlehrlings, das Pferd zu striegeln und das Spülwasser hinauszutragen«, sagte Trix.
»Halt die Augen offen, Herr Zauberlehrling.« Der Ton
des Wachpostens war nun die Höflichkeit selbst. »Die
Hauptstadt ist nicht euer Krähwinkel, hier wimmelt es
von Taschendieben, Verbrechern und Gaunern.«
»Um die wir uns natürlich kümmern!«, mischte sich
ein anderer Wachposten ein.
Trix nickte höflich. Der Kelch war an ihm vorübergegangen.
»Und womit bezahlt der verehrte Zauberlehrling?«,
wollte der Ritter plötzlich wissen.
»Mit Silber«, antwortete Trix mit fester Stimme.
Obwohl der Ritter das Visier seines Helms heruntergelassen hatte, spürte Trix, wie der Mann ihn aufmerksam
und misstrauisch musterte.
»Glauben wir dir das mal. Sag mal, Trix, dir ist nicht
zufällig auf dem Markt oder an einem anderen Ort ein
junges Mädchen begegnet, das in etwa dein Alter hat?
Schlank, blond und mit blauen Augen?«
»Hier sind viele Mädchen«, antwortete Trix. »Auch
blonde. Vielleicht ist mir eins begegnet, nur habe ich
keine Zeit, mich nach Mädchen umzusehen.«
»Ein schöner Strauß«, sagte der Ritter da. »Ist der etwa
für deinen Lehrer?« Die Wachposten lachten schallend.
»Der Magister Sauerampfer achtet strikt auf Reinlichkeit«, entgegnete Trix. »Er verlangt, dass am Abort immer Blumen stehen, die einen angenehmen Geruch verströmen.«
»Ein lobenswerter Zug bei einem Zauberer!«, sagte
der Ritter ironisch. »Und ein lobenswerter Eifer bei einem Lehrling. Nun denn, junger Zauberer, viel Glück.
Und wenn du ein Mädchen triffst, auf das meine Beschreibung zutrifft, melde es sofort der Wache! Es ist die
Tochter eines angesehenen Aristokraten, die jedoch an
Gedächtnislücken und krankhafter Fantasie leidet. Sie ist
ihren Kinderfrauen entwischt. Die Wache setzt alles daran, das arme Ding wieder nach Hause zu bringen.«
»Sie kann einem wirklich leidtun«, erwiderte Trix, »so
gefährlich, wie es heute für eine junge Dame auf den
Straßen ist … ungeachtet aller Bemühungen der Wache.
Ich werde die Augen ganz gewiss offen halten!«
Der Ritter nickte, was in Rüstung nicht ganz einfach
war. Dann kramte er in seiner Gürteltasche und warf Trix
einen Silberling hin. »Ich möchte dich um etwas bitten,
junger Zauberer. Ich kenne Radion Sauerampfer und hätte
ihn gern getroffen, aber Geschäfte rufen mich weiter. Sei
so gut und kaufe ihm den Samarschaner Bittersud, der aus
den Wurzeln der Kalis und den Blättern der Selsiba gewonnen wird. Den wusste er immer zu schätzen. Sag ihm,
es sei von einem alten Freund von der Schwarzen Anfurt.«
»Danke«, sagte Trix. »Das mache ich sofort.«
Der Ritter drehte sich um und stürmte auf seinem
Pferd durch die Menge davon. Die Wache folgte ihm.
»Der gefällt mir nicht«, flüsterte Ian Trix zu. »Mich
hat er auch nach dem Mädchen gefragt. Damit meint er
doch …«
»Pst!«, zischte Trix.
»Der Silberling ist echt?«
Trix sah die Münze aufmerksam an. »Wenn er falsch
ist, ist er nicht schlechter als ein echter. Ich laufe gleich
mal zu den Samarschaner Kaufleuten …«
Es war nicht einfach, den Sud aus Kaliswurzeln und
Selsibablättern zu finden. Einige Händler schüttelten
bloß den Kopf, andere lachten und schickten den Jungen
weiter.
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