Lukianenko Sergej
nicht
schlagen darf. Das war’s.«
Trix nickte und zerzauste Hallenberry ungeschickt das
Haar. Ihm fiel plötzlich ein, wie einige Dienerinnen, die
einen dicken Bauch bekamen, vom Schloss in irgendein
Provinzstädtchen gebracht wurden. Einmal hatte sogar
sein Vater höchstpersönlich einer solchen Dienerin einen
prallen Beutel gegeben und ihr gewünscht, sie möge neben dem dicken Bauch auch einen guten Mann bekommen.
Wahrscheinlich zählte das wirklich nicht.
Trotzdem wurde er mit einem Mal traurig und empfand Verlegenheit gegenüber Hallenberry. »Geh wieder
ins Bett!«, sagte er barsch. »Und vergiss nicht abzuschließen!«
»Mein Liebster, nimm mich mit!«, verlangte die Fee,
wobei sie Trix einen verliebten Blick zuwarf. »Sonst
vergehe ich vor Sehnsucht.«
»Nein«, antwortete Trix energisch. »Feen gehen nicht
auf den Markt. Das wär ja dann der reinste Zirkus!«
Annette schnappte ein, sagte aber kein Wort.
Ian und Trix spannten das Pferd an, das sich offenbar
auf Bewegung freute, und machten sich durch die morgendliche Kälte auf zum Markt.
»Der hat’s gut!«, bemerkte Ian. »Stell dir das mal vor,
der Sohn von einem alten Barden – und in Wahrheit ist er
von edlem Stand!«
»Was soll daran gut sein?«, fragte Trix. »Dass er für
ein paar Erdbeeren nicht ausgepeitscht wird?«
»Unter anderem«, antwortete Ian im Ton eines Mannes, der weiß, wovon er spricht. »Das ist nicht zu unterschätzen! Außerdem bricht sich edles Blut am Ende immer Bahn!«
»Klar! Durch das Loch, das dir ein Dolch in den
Bauch gebohrt hat! Es wäre viel besser, er würde jetzt in
einem Garten sitzen, Erdbeeren essen und sich nicht vor
den Wachposten verstecken müssen.«
»Die Erdbeerzeit ist schon vorbei«, sagte Ian seufzend.
»Schade, ich mag Erdbeeren.«
»Du verstehst überhaupt nichts«, entgegnete Trix. »Ich
habe mir gerade vorgestellt, dass ich vielleicht auch …
Das Ganze ist doch ungerecht.«
»Dass du jede Menge Stiefgeschwister hast?«, riet Ian.
»Wahrscheinlich hast du die sogar. Aber denen hat man
den Thron nicht weggenommen und die wurden auch
nicht eingekerkert. Wenig Ehr, wenig Beschwer.« Er
schob eine Hand unters Hemd und kratzte sich genüsslich. »Ich glaube, dein Zauberer hat Wanzen. Wir müssen
Samarschaner Pulver kaufen. Niemand macht besseres
Wanzenpulver als die Leute im Süden.«
Während sie sich unterhielten, verging die Zeit wie im
Flug. Schon bald hatten sie den Marktplatz erreicht, wo
es trotz der frühen Stunde bereits von Menschen wimmelte. Trix ließ Ian auf den Wagen aufpassen und machte
sich, bewaffnet mit der Einkaufsliste, an die Einkäufe.
Die Kupferlinge verließen seine Taschen und auf dem
Wagen entstand nach und nach ein ganzer Berg: Schweine- und Kalbfleisch; Weizen- und Roggenbrot; Wurst
und Käse; einfaches und aromatisiertes Olivenöl; Gurken
und Tomaten in Salzlauge; schwarzer, grüner und roter
Tee; normaler und Bergkaffee, der gut für die magische
Konzentration ist; roter Würfelzucker und brauner Kristallzucker; süßer Weißwein, trockener Rotwein, scharfer
Anisschnaps und Branntwein; schwarze Seife für die
Wäsche, wohlriechende Seife für Hände und Gesicht und
flüssige Seife für Kopf und Bart; Duftstäbchen, Duftpyramiden, Duftpuder für die Achseln und Duftcreme für
den Wagen, damit er nicht so stark nach Pferdeschweiß
stank; Handtücher und Leinenlaken; Schreibpapier, bunte
Tinte in kleinen Fläschchen, Silberstifte und Gänse- und
Flamingofedern; Porzellan- und Tonteller …
Die Einkaufsliste ließ darauf schließen, dass der weise
Radion Sauerampfer entweder für lange Zeit nach Dillon
kommen wollte oder hier eine Einrichtung für den Turm
zusammenkaufte. Trix fing Feuer. Er hatte noch nie so
viele unterschiedliche Dinge allein eingekauft. Und auch
so prall gefüllte Taschen hatte er noch nie gehabt. Doch
die Kupferlinge zweifelhaften Ursprungs schwanden
rasch und wanderten zu den Händlern, um sich von dort
auf ihre Reise als Wechselgeld durch die ganze Stadt zu
machen. Tief in seiner Seele wusste Trix, dass sein Verhalten nicht anständig war – aber das Einkaufen berauschte ihn regelrecht. Aus eigener Initiative besorgte er
noch süße Früchte und Limonenwasser für Tiana (wer
wusste denn, was sie zu Frühstück und Mittag gewöhnt
war?). Am Ende erwarb er, von der eigenen Kühnheit
hingerissen, bei einer Blumenhändlerin einen Strauß
kleiner schneeweißer Rosen, welche die Reinheit seiner
Absichten und tiefe
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