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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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über solide magische
Fähigkeiten und beherrschte die hohe Kunst der Intrige
(auf die kein Machthaber verzichten kann) aus dem Effeff. Doch angeblich bedeuteten ihm diese Fähigkeiten
längst nicht so viel wie das von ihm entwickelte Rezept
für Tomatenmarmelade und die Kunst, heiße Brötchen
mit Eiscremefüllung zu backen.
So seltsam es auch klingt, aber der Ururgroßvater von
Fürstin Tiana war bei aller Liebe zum Süßen – sie ging
so weit, dass er selbst Fleisch in Honig schmorte – sein
Lebtag lang ein magerer und hagerer Mann geblieben.
Seine Höflinge jedoch, die ihren Herrn in allem nachzuahmen hatten, zeichneten sich durch eine zuvor nie da
gewesene Taillenbreite und Kurzatmigkeit aus. Bis heute
verleitet die starke Magie (oder, wie manche es nennen,
der der Stadt eingeprägte Geist des Fürsten) die Bevölkerung zum Verzehr von Süßigkeiten. Darunter leiden vor
allem diejenigen, die bei Hofe leben, seien es nun Adlige
oder einfaches Volk. Wer einen stärkeren Willen hat,
kämpft gegen die Versuchung, wer einen nicht so starken
Willen hat, begibt sich regelmäßig zu Fuß auf Pilgerreisen oder, wenn es der Geldbeutel erlaubt, in das modische Hungerlazarett von Julwatch an der Grenze nach
Samarschan. In Julwatch werden diese Menschen gegen
eine stattliche Summe eingesperrt, zum Frühstück bekommen sie einen halben Apfel, zum Mittag einen Teller
dünner Kohlsuppe und zum Abendbrot eine halbe Mohrrübe plus zwei Stangen Sellerie. Kurz und gut, sie essen
genau das, was auch der ärmste und faulste Bauer isst.
Nur dass dem Bauern morgens niemand einen Einlauf
macht.
Trotzdem konnten sich die Menschen bei Hofe nicht
gegen eine gewisse Rundlichkeit wehren. Sämtliche Palastwachen am Tor waren breitschultrig und dickwangig,
ihre Bäuche allerdings wurden von dicken Stahlpanzern
verborgen.
»Der Zauberer Radion Sauerampfer und sein Schüler
Trix Solier«, teilte Sauerampfer mit, als er und Trix
durchs Tor gingen. »Zum Regenten Hass, in einer Staatsangelegenheit, die keinen Aufschub duldet!«
Zwei Wachleute blieben beim Tor, zwei begleiteten
die beiden Zauberer schweigend. Der von hohen Mauern
gesäumte Hof des Schlosses hatte fast die Größe einer
kleinen Stadt. Es gab mehrere Tempel, die Hütten der
Dienstboten und die Kasernen der Soldaten entlang der
Palastmauer, ja sogar einen kleinen Markt gab es, auf
dem allerlei Krimskrams verkauft wurde. Eine rotgesichtige Köchin trug über der Schulter ein Bündel toter, aber
noch nicht gerupfter Hühner, ein Küchenjunge schleppte
ein erbärmlich quiekendes Ferkel. Ihnen kamen zwei
kräftige Männer in brauner Kleidung und mit einem riesigen Holzkübel entgegen, die der Gilde der Latrinenreiniger angehörten und ihr Erscheinen, genau wie die Vorschriften es verlangten, mit klimpernden Glöckchen an
den Hüten ankündigten; weit aussagekräftiger in diesem
Zusammenhang war allerdings der Geruch. Man traf hier
hauptsächlich Dienstboten, vereinzelt aber auch Aristokraten, die vorgaben, von dem Wirrwarr um sie herum
nicht das Geringste mitzubekommen.
»Was will man machen?«, sagte Sauerampfer. »Je
mehr Adel es gibt, desto mehr gemeines Volk ist nötig.
Das ist ein Naturgesetz.«
Trix fielen die Diener ein, die ständig in ihrem Schloss
herumgewuselt waren, und er nickte.
»Genau deshalb ertrage ich auch keine menschlichen
Diener«, fuhr Sauerampfer fort. »Wirklich frei kann ein
Mensch nur sein, wenn er sich nicht mit Dienern umgibt.«
Nun fielen Trix die Tage ein, die er mit Putzen, Bödenschrubben, Essensvorbereitungen, Silberstiftanspitzen
und Wäschewaschen zugebracht hatte. Er seufzte. Es waren drei sehr lange Tage gewesen!
Die Wachposten brachten sie zum Haupteingang des
Palastes, wo die fürstliche Garde (meist Männer, die unter den Barbaren im Norden und in den Bergen rekrutiert
wurden) sie in Empfang nahm. Sauerampfer wiederholte
sein Verslein, einer der Gardisten entfernte sich und kam
eine Minute später mit dem Zeremonienmeister zurück,
den Sauerampfer sogleich in ein lebhaftes Gespräch verwickelte. Trix trippelte derweil ängstlich von einem Fuß
auf den anderen und schielte immer wieder zu einer
Furcht einflößenden Streitaxt, die am Gürtel des Barbaren hing. Schließlich rang er sich dazu durch, den Blick
zu heben, und bemerkte, dass der junge Barbar voller
Scheu auf das Buch in seiner, Trix’, Hand sah.
Sofort nahm Trix eine würdevolle Haltung an und
fasste das treue Eipott fester.
»Komm!«,

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