Lukianenko Sergej
Großmutter. Armer Junge! Verrat, sagst du?
Sicher, was der Co-Herzog Gris getan hat, ist empörend.
Als Verrat kann man sein Verhalten aber leider nicht bezeichnen. Schließlich hat er überzeugende Beweise vorgelegt, dass dein Vater gegen ihn intrigiert hat. Und als
alleiniger Herrscher hat er bereits seinen Eid auf die
Krone erneuert. In einer solchen Situation empfiehlt der
König seinen Aristokraten, ihre Probleme untereinander
zu klären.«
»Hass«, setzte Sauerampfer an. Doch der hörte gar
nicht hin.
»Was also kann ich tun? Ich bin ein armer Alter, nicht
einmal Fürst …« Tränen traten dem Regenten in die Augen. »Was kann ich tun? Nun? Sag es mir, mein Junge!«
In der Stimme des Regenten lag plötzlich ein solcher
Befehlston, dass Trix erschauderte und murmelte: »Ich
weiß es nicht.«
»Wer soll es dann wissen? Wer? Gut, ich werde alles
tun, was ich kann. Wenn du willst, nenne ich dir einen
Baron, der dich formal adoptiert. Oder nein, dafür bist du
schon zu alt. Ich weiß! Ich weiß, was wir machen, mein
Junge! Du kommst in meine Garde und ich selbst werde
dich zum Ritter schlagen!«
»Elnor …«, sagte Sauerampfer, aber der Regent achtete
nicht auf ihn.
»Du übst dich im Schwertkampf, lernst, mit der Armbrust zu schießen, zu tanzen, kurz und gut, alles, was ein
adliger Jüngling wissen muss. Dann forderst du Gris heraus. Und ich achte darauf, dass es ein ehrliches Duell
wird.« Der Regent blickte mit einem Mal finster drein.
»Nein, du wirst ihn nicht bezwingen! Oh! Ich weiß! Ich
weiß, was wir machen! Ich schicke dich nach Samarschan, auf die Assassinen-Schule Verborgene Natter . Der
Lehrer Aabeze schuldet mir noch etwas … Dort wirst du
lernen, den Dolch zu führen, Gift zu mischen, zu tanzen,
kurz und gut, alles, was ein grausamer und erbarmungsloser Mörder wissen muss. Dann vergiftest du das ganze
Geschlecht der Gris. Ich würde dir Muhjodstaub empfehlen, das ist wirklich lustig. Du gibst ihn einer Kuh zu
fressen, ihr schadet das überhaupt nicht, aber danach ist
ihre Milch vergiftet! Alle Gris trinken vor dem Schlafengehen eine Tasse warmer Milch, das weiß ich genau. Das
ist so eine dämliche Familientradition bei denen. Sie
werden die Milch trinken – und nie wieder aufwachen!
Darauf machst du deine Rechte am Herzogtum geltend!«
Der Regent lachte fröhlich und rieb sich die Hände. »Und
ich werde dich unterstützen, mein kleiner Freund!«
»Regent!«, brüllte Sauerampfer.
Hass sah Radion an. Plötzlich strahlte er. »Wo habe
ich nur meinen Kopf!«, wandte er sich wieder an Trix.
»Du hast ja schon alles eingefädelt. Du bist der Schüler
des großen Sauerampfer! Gut gemacht, mein Junge! Lerne
die Magie, verwandle die Schurken in Asche und besteige
deinen Thron! Ich werde dir, wie bereits gesagt …«
»Regent Elnor Hass, es geht hier um einen anderen
Verrat und Hochverrat!«, schrie Sauerampfer.
»Ach ja?« Die Miene des Regenten verfinsterte sich.
»Und wer ist der Verräter?«
Sauerampfer zögerte. Trix wusste nur zu gut, warum.
Selbst wenn keine Palastwachen zu sehen waren, gab es
genügend Büsche, Fenster … und der Umhang des Zauberers bot wenig Schutz gegen einen Armbrustbolzen.
»Gestern Nacht ist in meinem Haus …«, setzte Sauerampfer an.
»Übrigens«, bemerkte Hass sofort, »mir sind Klagen
über dich zu Ohren gekommen. Du bezahlst weder die
Grundsteuer noch die Abgabe für die Mühen unserer
ruhmreichen Wache. Aber fahr fort, fahr fort.«
»In meinem Haus«, fuhr Sauerampfer mit eisiger
Stimme fort, »wo dieser brave junge Mann alles für meine Ankunft vorbereit hat, ist gestern Nacht ein junges
Mädchen aufgetaucht, das aus dem Palast fortgerannt
ist.«
»Die Fürstin Tiana!«, rief der Regent. »Also hast du
sie über Nacht aufgenommen, Junge?« Er kicherte und
drohte Trix mit dem Finger. »Ich bin froh, dass du dich
so verhalten hast, wie es sich für einen adligen Jüngling
aus guter Familie ziemt. Ich stehe in deiner Schuld,
Trix.«
»Dann gibst du also zu, dass die Fürstin aus dem Palast weggelaufen ist und die Nacht unter dem Schutz
meines Schülers verbracht hat?«, fragte Sauerampfer irritiert.
»Aber natürlich!«
»Und was sagst du dazu … dass die Fürstin weggelaufen ist, weil sie dein Gespräch mit dem Abgesandten der
Vitamanten belauscht hat?«
»Da ging es darum, dass sie Evykait heiraten soll«, bestätigte der Regent. »Im Übrigen: Was heißt hier weggerannt! Mit Tellern hat sie mich beworfen! Siehst du das
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