Lukianenko Sergej
Veilchen hier?« Der Regent rieb sich heftig eine Stelle
unter seinem Auge. »Ich habe es gepudert! Aber du
machst dir keine Vorstellung, wie weh es tut! Eine Urne
hat sie auch noch zerschlagen, mit der Asche des großen
Ritters Andronas, und die Asche ist prompt in einer Lache Honigwein gelandet, sodass wir Andronas, verzeiht
die Vertraulichkeit, nur als Brei in eine neue Urne verfrachten konnten! Und das ihm, der nie einen Tropfen
Met angerührt hat. Jetzt zerbreche ich mir unablässig den
Kopf, ob er mir das nicht übel nimmt.«
»Also«, Sauerampfer atmete tief durch, »du gibst zu,
dass du Tiana Evykait zur Frau geben willst.« Der Regent nickte. »Und du selbst hast ein Auge auf den Fürstenthron geworfen.« Der Regent senkte den Blick. »Gibst
du das zu?«
»Ja«, antwortete der Regent.
»Elnor Hass, es ist meine Pflicht, dem König von deinem Verrat Mitteilung zu machen!«, verkündete Sauerampfer.
»Von welchem Verrat?«, fragte Hass neugierig.
Schweres Schweigen senkte sich herab. Obwohl Trix
sich nicht gern mit Staatsangelegenheiten befasste, begriff er genau: Sauerampfer war in einer Sackgasse gelandet.
»Also … du willst den Vitamanten die Fürstin geben,
die mit dem König verwandt ist und unter seinem Schutz
steht … und wenn der König – möge seinen Tagen kein
Ende beschieden sein! – stirbt, ohne einen direkten Erben
zu hinterlassen …«
Bei diesen Worten begriff Trix voller Traurigkeit, dass
sich Sauerampfer keineswegs um Tiana sorgte, die diesem alten und bösen Vitamanten zur Frau gegeben werden sollte, sondern einzig und allein um den Staat – dessen Wohlergehen rein zufällig Tianas Freiheit verlangte.
»So ist es, so ist es, mein weiser Freund«, bestätigte
Hass. »Aber wer wäre ich, mich dem Willen meines Königs zu widersetzen? Ich habe natürlich nicht mit Eurem
Kommen gerechnet … doch wie der Zufall es will, habe
ich den letzten Brief bei mir, den Seine Majestät König
Marcel der Lustige mir gesandt hat …«
Unter seinem Mantel zog er ein kleines Etui aus Elfenbein hervor, öffnete den Deckel, holte ein Pergament
heraus und reichte es Sauerampfer. Selbst aus der Entfernung konnte Trix sehen, dass das Siegel darauf ein edles
purpurrotes Licht abgab. Damit stand außer Frage, dass
der König höchstselbst und kraft seines majestätischen
Willens diesen Brief verfasst hatte.
»›Dem Hochgeborenen Elnor Marcel Hass‹.« Radion
stockte. »Du bist mit Marcel verwandt?«
»Ja«, bestätigte der Regent.
»In welcher Linie?«
»Über meinen Großonkel«, antwortete der Regent bescheiden. »Der Urururgroßvater des Königs war der
Schwager des Cousins meiner Tante …«
»Schon gut.« Der Zauberer winkte ab. »Damit kannst
du nicht einmal formal Rechte auf den Königsthron geltend machen, oder?«
»Richtig.«
»So, so.« Sauerampfer überflog den Brief. »Steuern …
Zölle … Seine Majestät beliebt es, die wichtigsten Dinge
erst am Ende zu erwähnen … Aha. ›Statt den Hofdamen
in den Hintern zu kneifen oder zu fressen wie ein
Schwein …‹« Der Zauberer verstummte.
»Lies weiter«, verlangte der Regent. »Marcel und ich,
wir machen immer diese Späße, unter Verwandten geht
das. Und Trix ist ein kluger Junge, er wird es verstehen.«
»›… solltest du alter Zausel lieber meinen Befehl ausführen! Der Abgesandte Evykaits, der Ritter und Magier
Gavar, wird demnächst bei dir eintreffen. Empfang ihn
mit allen Ehren, geh ihm aber nicht zu sehr um den Bart.
Sprich mit der jungen Fürstin, mach ihr die Bedeutung
des geplanten Schritts klar, die Notwendigkeit, friedliche
Handelsbeziehungen mit den Kristallenen Inseln aufzubauen, und die Verantwortung des Herrschers für das
Wohlergehen des Staats. Schließlich wird der stinkende
Tattergreis Evykait früher oder später den Löffel abgeben, die Fürstin ist noch jung, sie kann ohne Weiteres
darauf warten. Schicke sie mit Gavar los, händige ihr
eine anständige Mitgift aus und gib ihr zwei, drei Dienerinnen von der dummen und hässlichen, aber treuen Sorte
mit. Vergiss auch nicht, mir Honig von euren Imkern zu
schicken, zwei, drei Fässer, aber keinen Kastanienhonig,
der ist bitter, sondern Linden- oder Löwenzahnhonig.
Geschrieben von meiner eigenen Hand, ist mein Wille
treffend und klar ausgedrückt, dein König und Herrscher
Marcel der Lustige.‹«
Der Zauberer rollte das Pergament langsam wieder ein
und gab es dem Regenten zurück.
»Den Honig habe ich schon abgeschickt«, sagte der
Regent,
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