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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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seinem Geld, und seine Fenster selbst putzt, mich hätte das stutzig gemacht.»
    «Ich wohnte noch nicht lange im Dorf, als es passiert ist», sagte Nicole etwas härter als beabsichtigt. «Ich habe nie gesehen, dass Lukka seine Fenster geputzt hat. Ich habe ihn überhaupt nur das eine Mal gesehen und hatte keine Ahnung, wer er war.»
    «Schon gut, Herzchen», beschwichtigte Miriam. «Ich auch nicht. Nimmst du Milch und Zucker?»
    Nicole schüttelte den Kopf.
    «Aber etwas Gebäck kannst du dir leisten bei deiner Figur», stellte Miriam fest, nahm eine Gebäckdose aus einem der Schränke und stellte sie zusammen mit dem Porzellan auf ein Tablett. Dann erkundigte sie sich nach Nicoles Alter, Arbeitsplatz, Einkommen und dem Einverständnis, sich duzen zu lassen, was sie bereits die ganze Zeit tat.
    Nicole war so verblüfft, dass sie automatisch Auskunft gab. Es wäre ihr lieb gewesen, anschließend mit dem Vornamen angesprochen zu werden. Miriam blieb bei «Herzchen», füllte den Kaffee in eine Isolierkanne um, stellte auch die Kanne auf das Tablett und ging voran in das große Wohnzimmer.
    Das Blut sah Nicole erst, als sie in einem Sessel Platz genommen hatte. Auf den Schieferplatten an der Kamineinfassung und der Kupferhaube vom Rauchabzug fielen die dunklen Spritzer kaum auf. Aber der Teppich   … Ein Perser oder so was. Nicole kannte sich nicht aus damit, Ornamente auf dunkelrotem Grund und diese großen, schwarzen Flecke. Es sah fast aus wie Teer.
    Miriam folgte ihrem Blick und lächelte entschuldigend. «Es geht nicht raus, ich habe schon einiges probiert. Vielleicht möchtest du es mal versuchen. Ich zahle dir zweihundert Mark mehr, als du im Seniorenheim bekommst. Ein Einpersonenhaushalt ist nicht viel Arbeit, wenn man etwas davon versteht. Zwei, drei Stunden täglich, schätze ich.»
    Nicole glaubte, nicht richtig zu hören. Eine Stelle als Putzfrau in Lukkas Bungalow wäre so ziemlich das Letzte gewesen, was sie zu diesem Zeitpunkt angenommen hätte, auch nicht für fünfhundert Mark mehr, obwohl sie das Geld gut hätte gebrauchen können.
    Aber abgesehen davon, dass sie schon eine Gänsehaut bekam beim Anblick des Teppichs, das Seniorenheim warihr letztes Stück Freiheit. Die aufreibende Arbeit dort erlaubte ihr, häufig zu müde zu sein für Zärtlichkeiten, die zu nichts mehr führten. Sie hatte sich so sehr ein Kind gewünscht.
    Nicole schüttelte nachdrücklich den Kopf. «Ich bin Altenpflegerin, keine Putzfrau.» Dann fragte sie: «War es das, was du Achim Lässler zeigen wolltest?» Eine Antwort wartete sie nicht ab, sprach gleich weiter. «Das ist aber nicht von seiner Schwester. Die wurde unten umgebracht, in einem großen Keller.»
    «Ach, warst du dabei?», erkundigte Miriam sich spöttisch. Es war ein künstlicher Spott, nur Fassade. Wenn sie etwas perfekt beherrschte, war es, Gefühlsregungen unter Kontrolle zu halten. Sie machte nur selten Gebrauch von dieser Fähigkeit. Augenblicklich war es notwendig, weil sie sich keine Blöße geben wollte. Sie musste erst einmal selbst herausfinden, was in ihr vorging.
    Zorn, den spürte sie deutlich. Aggressivität gegen ihre Mutter, die sie allein gelassen hatte. Es gab bei Tageslicht und näherer Betrachtung keine bemerkenswerte Ähnlichkeit zwischen ihrer Mutter und Nicole. Es war die gesamte Erscheinung, Figur, Haarfarbe, Nicoles Verhalten, ihre Miene, die Ausdrucksweise, sogar der Klang ihrer Stimme – wie von einem unterschwelligen Tadel behaftet.
    «Ein Freund von meinem Mann ist bei der Polizei», antwortete Nicole. «Er war hier.»
    Miriam hob überrascht eine Augenbraue an. Das war mehr, als sie erwartet hatte. «Auch an dem Tag, als Lukka starb?»
    «Da war Walter Hambloch einer der Ersten», erklärte Nicole. «Er hat sie alle noch liegen sehen, musste sogar erste Hilfe leisten, weil der Notarzt völlig überfordert war. Es muss ein fürchterliches Chaos gewesen sein.»
    Miriam füllte die Tassen, öffnete die Gebäckdose und zündete sich eine Zigarette an, um ein wenig Zeit zu gewinnen und die widersprüchlichen Empfindungen unter Kontrolle zu halten. Kaffee trinken mit einer Frau, die sie wütend machte und gleichzeitig das Bedürfnis weckte, in die Arme genommen zu werden. Das allein war schon verwirrend. Und Heinz Lukka kam noch dazu. Darüber verlor der beschädigte Jaguar völlig seine Bedeutung. Die Kosten für Reparatur und Ersatzwagen würde ohnehin die Vollkaskoversicherung übernehmen.
    Sie fühlte ihren Herzschlag

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