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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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einen Schlafanzug von Bruno, weil er offenbar keinen besaß, jedenfalls waren bei den Sachen, die Bruno für ihn eingepackt hatte, keine Schlafanzüge gewesen.
    «Gute Nacht», sagte Renate und hoffte, dass er oben blieb.
    Das tat er nicht. Bis Bruno um zwei in der Nacht heimkam, konnte er nicht hinaus. Die Haustür war verschlossen, der Schlüssel abgezogen, damit Dieter und Bruno von außen aufschließen konnten. Bruno kam als Letzter und ließ den Schlüssel stecken. Er warf noch einen kurzen Blick in Bens Zimmer, sah ihn auf dem Bett liegen. Dass er bis auf die Schuhe komplett bekleidet war, fiel Bruno in der Dunkelheit nicht auf, also ging er beruhigt zu Bett.
    Ben wartete noch ein paar Minuten. Als es im Haus wieder still wurde, tat er endlich, wonach es ihn schon die ganze Zeit drängte: Er unternahm den ersten Streifzug durch sein Revier.
    Er lief hinunter zur Landstraße, überquerte sie. Das hatte er bisher noch nie tun müssen, aber in der Nacht herrschte kaum Verkehr zwischen Lohberg und dem Dorf. Beim Bungalow machte er den ersten Halt, sah, dass die zerbrochene Glastür wieder heil war und niemand mehr auf dem Boden lag.
    Im Hintergrund regte sich etwas, erhob sich von der Couch, kam im Dunkeln auf die Tür zu. Es war halb drei Uhr nachts. Aus dem Schlaf gerissen, ohne das aufwendige Make-up, bekleidet nur mit einem kurzen Hemd, sah Miriam Wagner mit ihrer kindlich zierlichen Figur und dem kurzen dunklen Haar ein wenig aus wie seine kleine Schwester.
    Da sie zu schimpfen begann, noch ehe sie die Tür erreichte, sah er nicht viel mehr von ihr und sie von ihm nur den dunklen Umriss. Sie nahm an, es sei Achim Lässler. Seit sie ihn ein paar Wochen zuvor das erste Mal mit Ben verwechselt hatte, kümmerte sie sich nicht mehr darum, ob er nachts um ihr Haus schlich. Ben zog sich rasch zurück, beobachtete vom Weg aus ihr Hinken, hörte die wütende Stimme, die so gar nicht nach seiner kleinen Schwester klang: «Hau ab, du Idiot.»
    Das war die Aufforderung zu gehen. Er begriff auch nicht, wen er vor sich hatte. Von der
fremden Frau
hatte er keine Vorstellung. Minutenlang beobachtete er Miriam aus sicherer Entfernung. Sie stieß noch etliche Flüche und Drohungen aus, von denen er nur wenig verstand. Dann schloss sie die Tür wieder, und er ging weiter.
    Den zweiten Halt machte er am Wegrand ein Stückvom Bungalow entfernt. Am Rand des Maisfeldes hatte er im vergangenen Sommer seinen wertvollsten Besitz vergraben, ein altes Springmesser, das er natürlich nicht haben durfte und deshalb immer gut verstecken musste. Das wollte er sich als Erstes zurückholen.
    Er musste sehr lange suchen, mit bloßen Händen in der Erde graben, ehe seine Finger den Messergriff ertasteten. Er zog es aus dem Dreck, reinigte es notdürftig an der Hose. Die langen Monate im feuchten Boden waren dem Messer nicht gut bekommen. Die Klinge schnappte nicht heraus, wie er rasch feststellte. Er steckte es in eine Hosentasche und lief weiter. Am Lässler-Hof vorbei, alles war dunkel.
    Kurz darauf erreichte er den Bruch. Und nichts war mehr so, wie er es erwartet und zuletzt gesehen hatte. Der Einstieg zu dem alten Gewölbekeller, in dem er sich auch in absoluter Finsternis zurechtfand, war offen. Seine Schätze lagen nicht mehr an dem Platz, an dem sie immer gewesen waren. Den kleinen Topf, in dem er die Reste von Mäusen und Ratten gesammelt hatte, fand er nicht wieder. Über den großen Topf, mehr ein Suppenkessel, stolperte er, als er sich in der Dunkelheit vorwärts tastete.
    Bis an den Rand war dieser Kessel gefüllt gewesen mit bizarr geformten Holzstücken und Rinde, in deren Innenseiten feine Linien geritzt waren. Er hatte schon als Kind in Kartoffeln geritzt und geschnitten, was ihm bemerkenswert erschienen war. Es hatte sich nur nie jemand die Mühe gemacht, genauer hinzuschauen. Auf Kartoffeln hielten sich seine Werke auch nicht lange, mit Holz war das anders.
    Alles, was er im Laufe der Zeit im Bendchen aufgesammelt hatte, war in dem Suppenkessel aufbewahrt worden, nachdem er es bearbeitet hatte. Bei manchen Teilen hatte er nur wenig mit einem Messer oder einem krummen Nagelnachhelfen müssen, bei anderen Stücken musste er sich sehr viel mehr Mühe geben.
    Leider hatte jemand den Kessel ausgekippt. In der völligen Schwärze des Gewölbes fand er am Boden nahe dem Einstieg nur wenige Teile wieder. Die meisten waren zerbrochen unter derben Schuhen. Alles, was heil geblieben war, stopfte er sich in die Hosentaschen und nahm es

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