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Lullaby (DE)

Lullaby (DE)

Titel: Lullaby (DE) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Kansas und Missouri fahren, sagt sie: »Diese andere Mutter in dem Wohnmobilpark – eines Tages hat sie bei sich einen Flohmarkt veranstaltet. Die ganzen Babysachen auf dem Rasen ausgebreitet und für einen Vierteldollar das Stück zum Verkauf angeboten. Das Buch war auch dabei, und ich habe es gekauft«, sagt Helen. »Ich habe den Mann gefragt, warum Cindy das alles verkauft, und er hat bloß mit den Schultern gezuckt.«
    Den gerichtsmedizinischen Akten zufolge trank Cynthia Moor Abflussreiniger und starb an Blutungen der Speiseröhre und Erstickung; das war drei Monate, nachdem ihr Kind ohne erkennbare äußere Ursache gestorben war.
    »John machte sich Sorgen wegen Krankheitserregern und hatte daher alle Sachen von Patrick verbrannt«, sagt sie. »Ich habe den Gedichtband für zehn Cent gekauft. Ich weiß noch, dass damals schönes Wetter war.«
    Die Polizeiakten verzeichnen drei weitere Einsätze wegen Ruhestörung am Platz 175 im Wohnmobilpark Buena Noche. Eine Woche nach Cynthia Moores Selbstmord wurde John Boyle tot aufgefunden, tot ohne erkennbare Ursache. Den Akten zufolge könnte der hohe Blutalkoholspiegel im Schlaf zu Atemstillstand geführt haben. Eine andere mögliche Ursache könnte Erstickung infolge ungünstiger Schlafposition gewesen sein. Möglicherweise war er so betrunken gewesen, dass er bewusstlos in eine Position geraten war, die ihn am Atmen behinderte. Auf jeden Fall wies sein Körper keinerlei Spuren auf. Auf dem Totenschein war keine erkennbare äußere Todesursache angegeben.
    Als wir durch Illinois, Indiana und Ohio fahren, sagt Helen: »Ich habe John nicht mit Absicht getötet.« Sie sagt: »Nur aus Neugier.«
    Genau wie bei mir und Duncan.
    »Ich habe nur eine Vermutung getestet«, sagt sie. »John hat dauernd behauptet, Patricks Geist sei noch bei uns. Und ich habe dauernd behauptet, Patrick sei im Krankenhaus noch am Leben.«
    Zwanzig Jahre später ist das Baby Patrick immer noch im Krankenhaus, sagt sie.
    So verrückt sich das alles auch anhört – ich sage nichts. Wie ein Baby nach zwanzig Jahren im Koma oder an einer Beatmungsmaschine und so weiter angeschlossen aussehen mag, kann ich mir nicht vorstellen.
    Man stelle sich Oyster vor, wie er fast sein ganzes Leben lang an Nahrungssonde und Katheter angeschlossen ist.
    Man kann den Menschen, die man liebt, Schlimmeres antun, als sie zu töten.
    Auf der Rückbank richtet Mona sich auf und reckt die Arme. Sie sagt: »Im alten Griechenland haben die Leute ihre stärksten Flüche mit den Nägeln von Schiffswracks geschrieben.« Sie sagt: »Matrosen, die auf See starben, wurden nicht ordentlich bestattet. Die Griechen wussten, dass Tote, die nicht beerdigt werden, die unruhigsten und zerstörerischsten Geister sind.«
    Und Helen sagt: »Mund halten.«
    Als wir durch West Virginia, Pennsylvania und New York fahren, sagt Helen: »Ich hasse Leute, die behaupten, sie können Geister sehen.« Sie sagt: »Es gibt keine Geister. Wenn man stirbt, ist man tot. Es gibt kein Leben danach. Wer behauptet, er kann Geister sehen, will bloß auf sich aufmerksam machen. Wer an Reinkarnation glaubt, schiebt bloß das eigene Leben auf.«
    Sie lächelt. »Zum Glück«, sagt sie, »habe ich eine Möglichkeit gefunden, diese Leute zu bestrafen und dabei noch eine Menge Geld zu verdienen.«
    Ihr Handy piept.
    Sie sagt: »Wenn du mir das mit Patrick nicht glaubst, kann ich dir die Klinikrechnung von diesem Monat zeigen.«
    Ihr Handy piept wieder.
    Wir fahren durch Vermont, als sie das erzählt. Einen Teil davon erzählt sie, als wir nachts durch Louisiana fahren, dann durch Arkansas und Mississippi. Von diesen kleinen Staaten im Osten haben wir in manchen Nächten zwei oder drei geschafft.
    Sie klappt ihr Handy auf und sagt: »Hier spricht Helen.« Sie verdreht die Augen und sagt: »Ein unsichtbares Baby ist in die Wand Ihres Schlafzimmers eingemauert? Und es schreit die ganze Nacht? Wirklich?«
    Andere Teile dieser Geschichte erfuhr ich erst, nachdem wir zu Hause angekommen waren und ich ein paar Nachforschungen angestellt hatte.
    Helen hält das Handy an die Brust und sagt zu mir: »Alles, was ich dir erzähle, ist streng vertraulich.« Sie sagt: »Bevor wir nicht das Buch der Schatten gefunden haben, können wir an dem Geschehenen nichts ändern. Aber mit einem Zauberspruch aus diesem Buch werde ich dafür sorgen, dass Patrick wieder ganz gesund wird.«

22
     
    Wir fahren durch den Mittleren Westen. Im Radio läuft irgendein Mittelwellensender, und der

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